Wegen eines mysteriösen Putschversuchs im Jahr 2016 hat ein Gericht in Montenegro am Donnerstag 14 Angeklagte zu Haftstrafen zwischen einem und 15 Jahren verurteilt.
Zu den Verurteilten gehörten zwei führende Vertreter der pro-russischen Opposition sowie zwei mutmassliche russische Geheimdienstvertreter, denen in Abwesenheit der Prozess gemacht wurde. Richterin Suzana Mugosa warf ihnen vor, einen Staatsstreich geplant zu haben, um einen Nato-Beitritt Montenegros zu verhindern.
Zu jeweils fünf Jahren Haft verurteilte die Richterin die beiden Politiker der oppositionellen Demokratischen Front (DF), Andrija Mandic und Milan Knezevic. Die höchsten Strafen von 12 und 15 Jahren erhielten die beiden Russen. Zu den weiteren Verurteilten zählten neun Serben, darunter ein ehemaliger Polizei-General sowie ein Anti-Nato-Aktivist. Opposition wie auch Russland weisen seit Beginn des Prozesses vor anderthalb Jahren alle Vorwürfe zurück.
Richterin Mugosa warf den Angeklagten vor, als Teil einer «kriminellen Organisation» zur Parlamentswahl am 16. Oktober 2016 einen Staatsstreich gegen die pro-westliche Regierung des damaligen Regierungschefs Milo Djukanovic geplant zu haben. Mandic und Knezevic weisen dies zurück. Sie sprechen von einem «inszenierten Prozess» mit dem Ziel, die Opposition zu zerstören.
Ohne die Vorwürfe und die anschliessende «anti-russische Hysterie» wären Djukanovic und seine Partei «heute sicher in der Opposition», sagte Mandic zum Abschluss des Marathonprozesses im März. Allgemein wird damit gerechnet, dass er und Knezevic in Berufung gehen werden.
Nach Angaben politischer Beobachter liess der Prozess zahlreiche Fragen unbeantwortet. Unter anderem wurden die «Kisten von Waffen» niemals vor Gericht gezeigt, die die «Verschwörer» laut Anklage für ihren bewaffneten Putsch einsetzen wollten.
Zudem änderte ein serbischer Kronzeuge vor Kurzem seine Aussage: Im März erklärte er dem serbischen Sender «Happy», es sei gar kein Putsch geplant gewesen, sondern nur eine Kundgebung gegen die Nato. Das Gericht verweigerte aber eine erneute Anhörung des Zeugen mit dem Argument, er habe sich ausserhalb des «gerichtlichen Rahmens» geäussert.
Die Demokratische Front war 2016 die wichtigste Oppositionskraft gegen Djukanovic und seiner sozialdemokratischen Partei DPS. Heute ist sie stark geschwächt.
Djukanovic bestimmt sei den 90er-Jahren Montenegros Geschicke. Er betrieb 2006 die Abspaltung seines Lands aus dem Bund mit Serbien. Seit 2018 steht er als Präsident an der Spitze des Balkanstaats. Er verfolgt einen pro-westlichen Kurs: Sein Land ist seit 2017 in der Nato, zudem führt es mit Brüssel Verhandlungen über einen EU-Beitritt. Djukanovics Gegner werfen dem 57-Jährigen allerdings autoritäres Gebaren, Korruption und Vetternwirtschaft vor. (aeg/sda/afp)