Frankreichs Rechtspopulisten halten die deutsche AfD inzwischen für zu radikal und kündigen deshalb die Zusammenarbeit im Europaparlament auf. Der Chef der Partei Rassemblement National und Spitzenkandidat für die Europawahl, Jordan Bardella, habe «die Entscheidung getroffen», nicht mehr mit der AfD im Parlament «zu sitzen».
Anlass seien Äusserungen zur SS aus den Reihen der AfD, sagte Wahlkampfleiter Alexandre Loubet am Dienstag der Nachrichtenagentur AFP. Der AfD-Spitzenkandidat für die Europawahl, Maximilian Krah, hatte am Wochenende der italienischen Zeitung «La Repubblica» gesagt, nicht jeder SS-Mann sei ein Verbrecher gewesen. In Frankreich wurden die Aussagen als Verharmlosung der Nazizeit verstanden.
Bisher gehören die Alternative für Deutschland (AfD), der Rassemblement National und die österreichische FPÖ im Europaparlament der Rechtsaussen-Fraktion Identität und Demokratie (ID) an.
Spätestens seit November wurden allerdings massive Brüche deutlich: Die französische Rechtspopulistin Marine Le Pen distanzierte sich nach dem Potsdamer Geheimtreffen zur «Remigration» im Namen ihres RN deutlich von der AfD und drohte mit einem Ende der Zusammenarbeit.
Auch ein Besuch von AfD-Chefin Alice Weidel in Paris Ende Februar besänftigte die französischen Rechtspopulisten nicht. Wahlkampfleiter Loubet sagte nun mit Blick auf die AfD: «Wir hatten offene Gespräche, aber es wurde nichts daraus gelernt. Jetzt ziehen wir die Konsequenzen.»
Le Pen wirbt seit Jahren um konservative Wählerschichten und hat ihrer Partei, der früheren Front National, einen Kurs der «Entteufelung» verschrieben. Die heute 55-Jährige überwarf sich dafür mit ihrem Vater und Parteigründer Jean-Marie Le Pen, den sie wegen hartnäckiger Holocaust-Leugnung aus der Partei ausschloss. Der erst 28-jährige Bardella gilt als «Kronprinz» von Marine Le Pen und steht seit Ende 2022 an der RN-Spitze.
Der Bruch mit der AfD kommt gut zwei Wochen vor den Europawahlen, in Deutschland findet die Abstimmung am 9. Juni statt. Meinungsforscher rechnen mit einem Rechtsruck, da in Frankreich, Italien und Österreich ultrarechte Parteien vorn liegen.
Auch der AfD wurden zunächst deutliche Gewinne bei der Europawahl prognostiziert. Zuletzt gingen die Zustimmungswerte aber wieder zurück. Als Gründe werden die Massendemonstrationen gegen Rechts nach dem Potsdamer Geheimtreffen genannt. Gegen AfD-Spitzenmann Krah und den Listenzweiten Petr Bystron gibt es zudem Ermittlungen wegen mutmasslicher Geldannahme aus Russland. Beide bestreiten die Vorwürfe. (sda/afp/lyn)
Dass das niemanden überrascht, sagt alles über diese Szene.