Bis zum Montagmorgen war Esa Khan ein einfacher afghanischer Soldat. Er stand Wache vor verschiedenen staatlichen Einrichtungen in Kabul, dafür bekam er umgerechnet etwa 200 US-Dollar Sold im Monat.
Seit Montagmittag ist Khan ein Nationalheld in Afghanistan. Denn dem Mut und der Reaktionsschnelligkeit des Soldaten ist es offenbar zu verdanken, dass die Taliban im Parlament von Kabul kein Massaker verübten. Mehrere Kämpfer der islamistischen Miliz versuchten am Montagvormittag das Abgeordnetenhaus zu stürmen, nachdem sich zuvor ein Selbstmordattentäter vor dem Gebäude in die Luft gesprengt hatte. Eine Frau und ein Kleinkind wurden dabei getötet, doch der Soldat verhinderte noch Schlimmeres.
Khan stoppte die Angreifer fast im Alleingang: «Ich habe nacheinander auf sie geschossen. Ich habe sechs Leichen gezählt. Der siebte wurde von jemand anderem getötet», berichtete der Soldat. Die Kunde vom Heldenmut des Mannes verbreitete sich über die sozialen Netzwerke in Afghanistan. Inzwischen hängen in der Hauptstadt Plakate, auf denen Khan gefeiert wird.
Am Dienstag empfing Präsident Ashraf Ghani den Soldaten in seinem Amtssitz. Er beförderte Khan und versprach ihm ein neues Haus. Vizepräsident Raschid Dostum überreichte ihm die Schlüssel für ein neues Auto, mehrere Parlamentsabgeordnete kündigten an, sie wollten Khan ihr Monatsgehalt spenden.
I've invited our hero, Mr. Esa Khan to my office. I'm so proud of his resolve and heroism. Awarded him a new home. pic.twitter.com/V07ZWkVmxR
— Ashraf Ghani (@ashrafghani) 23. Juni 2015
Die Verhinderung eines Massakers im Parlament ist für die afghanische Armee ein seltener Erfolg. Die Nato hat die 350'000 Mann starke Truppe zwar in mehr als einem Jahrzehnt für viel Geld ausgebildet und aufgerüstet, militärische Erfolge im Kampf gegen die Taliban sind jedoch selten.
Da kommt Khan gerade recht, schliesslich lenkt der Jubel über den Soldaten auch vom Versagen der Sicherheitskräfte ab, die zugelassen hatten, dass eine Autobombe und mehrere bewaffnete Kämpfer überhaupt bis vor das Parlamentsgebäude gelangen konnten.
Der Soldat kommt der Regierung als Idol auch gerade deshalb gelegen, weil er wie die meisten Taliban den Paschtunen angehört, der grössten Volksgruppe des Landes. Khan selbst sagte pathetisch: «Ein männliches Schaf ist dazu da, geopfert zu werden. Ich habe Gott geschworen, dass ich kämpfen werde. Ich werde mein Leben für dieses Land opfern.» (syd/Reuters)