Im nordostafrikanischen Krisenstaat Sudan ist Ministerpräsident Abdullah Hamdok überraschend zurückgetreten. «Ich habe beschlossen, meinen Rücktritt bekanntzugeben und Platz für andere zu machen», sagte Hamdok am späten Sonntagabend im Staatsfernsehen. Er habe sein Versprechen, eine politische Katastrophe in dem Land am Horn von Afrika zu verhindern, nicht einhalten können, sagte er zur Erklärung. In dem Land gibt es seit Monaten immer wieder Demonstrationen gegen die Beteiligung des Militärs an der Übergangsregierung.
Das Militär hatte Ende Oktober bei einem Putsch die Macht an sich gerissen und Hamdok gestürzt. Erst nach Druck aus dem In- und Ausland war er dann wieder als Regierungschef eingesetzt worden, nachdem er mit dem Militärmachthaber General Abdel Fattah al-Burhan eine Vereinbarung für eine neue Übergangsregierung unterzeichnet hatte.
Nach Angaben des Zentralkomitees der sudanesischen Ärzte wurden seit dem Putsch 56 Zivilisten bei Protesten getötet - zwei davon seien am Sonntag von Sicherheitskräften getötet worden. US-Aussenminister Antony Blinken hatte das Vorgehen der Sicherheitskräfte vergangene Woche verurteilt. Die USA seien bereit, «denen zu antworten, die die Bestrebungen des sudanesischen Volkes nach einer zivil geführten, demokratischen Regierung blockieren», erklärte Blinken am Samstag. Die Demonstranten fordern eine Machtübergabe des Militärs an eine zivile Regierung und warfen Hamdok Verrat vor.
Schon dem Putsch am 25. Oktober waren monatelange Proteste vorausgegangen, in denen Menschen politische und wirtschaftliche Reformen und den Rückzug des Militärs aus der Übergangsregierung forderten. Am 21. November wurde Hamdok dann in dem Land mit 44 Millionen Einwohnern wieder als Regierungschef eingesetzt. Laut seiner Vereinbarung mit dem General Al-Burhan durfte Hamdok ein Kabinett mit zivilen Vertretern bilden. Als Anführer des Souveränen Rats stand Al-Burhan jedoch gemeinsam mit Hamdok an der Spitze der neuen Übergangsregierung. Dem Souveränen Rat gehören auch Vertreter des Militärs an, denen schwere Menschenrechtsverstösse und Korruption vorgeworfen werden.
Der Rücktritt Hamdoks versetzt den Sudan in ein politisches Vakuum. Es blieb am Sonntagabend unklar, ob ein ziviler Politiker oder ein Militärvertreter Hamdoks Posten übernehmen wird.
Der Sudan wurde fast 30 Jahre lang von Omar al-Baschir mit harter Hand regiert. Der Langzeit-Machthaber wurde im April 2019 durch monatelange Massenproteste und einen Militärputsch aus dem Amt getrieben. Daraufhin einigten sich das Militär und die zivile Opposition auf eine Übergangsregierung, die den Weg zu demokratischen Wahlen 2022 ebnen sollte. Zudem waren umfangreiche Wirtschaftsreformen geplant, durch die das Militär erhebliche ökonomische Verluste hätte hinnehmen müssen. Das Militär war auch gegen die von Hamdok vorangetriebene Aufarbeitung von Menschenrechtsverstössen. (saw/sda/dpa)