Verschickt ein Schweizer Onlinehändler wie Galaxus, Brack oder Microspot ein weniger als zwei Kilo schweres, schmales Tablet innerhalb der Schweiz, muss er der Post je nach Grösse etwa 5 Franken zahlen. Privatpersonen legen für das gleiche Päckchen 7 Franken hin. Den chinesischen Online-Handelsgiganten AliExpress hingegen kostet der Versand nur etwas über 2 Franken. Das dürfe nicht sein, findet Franz Grüter. Der Luzerner SVP-Nationalrat verlangt in einer Motion «gleich lange Spiesse für Schweizer Konsumenten und Versandhäuser».
Denn anders als die chinesische Konkurrenz können diese nicht von den internationalen Verträgen profitieren, welche der Weltpostverein (Universal Post Union, UPU) ausgehandelt hat. Sendungen aus dem Ausland bis zu einem Gewicht von 2 Kilo und einem Umfang von 90 Zentimetern gelten danach als Briefe, und der asiatische Raum einschliesslich China profitiert als «wirtschaftlich weniger entwickelt» von einem Vorzugstarif. Auch Turnschuhe oder Bücher können als günstiger Brief von Schanghai oder Beijing nach Bern oder Luzern verschickt werden.
Für Sendungen von Genf nach Romanshorn oder von Wohlen nach Emmen hingegen gelten deutlich strengere Kriterien: Was schwerer ist als 1 Kilo und dicker als 2 Zentimeter, muss als – teureres – Päckchen frankiert werden. Das verursacht Kosten, welche die Versandhändler an die Kunden weitergeben. Hohe Kosten: Etwa 20 der 130 Millionen Päckchen, die letztes Jahr innerhalb der Schweiz verschickt wurden, würden in das internationale Format passen und könnten günstiger befördert werden, schätzt Patrick Kessler, Präsident des Verbands des Schweizerischen Versandhandels (VSV).
Den Wettbewerbsnachteil für Schweizer Händler gegenüber der Konkurrenz aus dem asiatischen Raum, von wo 2018 etwa 23 Millionen Kleinwarensendungen kamen, beziffert er mit rund 50 Millionen Franken. Beim Kunden spiele aber auch die Psychologie mit: «Es hat einen Effekt, ob etwas fast gratis ist oder fast zehn Franken kostet», sagt Kessler und folgert daraus: «Wir werden benachteiligt.» Das widerspiegelt sich auch in den Wachstumszahlen der Branche. Während der grenzüberschreitende Online-Versandhandel im letzten Jahr um fast 20 Prozent zulegte, betrug die Steigerung innerhalb der Schweiz nur etwa zehn Prozent.
Das Thema beschäftigt nicht nur hierzulande. US-Präsident Donald Trump hat wegen der Pakettarife den Vertrag mit dem Weltpostverein gekündigt. SVP-Nationalrat Grüter schlägt in seiner Motion einen anderen Weg ein: Er fordert vom Bundesrat als Eigner der Post, das Postgesetz samt Verordnung den internationalen Vorgaben anzupassen, damit auch im innerschweizerischen Postverkehr grössere und schwerere Päckchen als Briefe befördert werden können: «Heute ist die Schweiz beim Postversand von Waren eine Format- und Preisinsel.» Diese abzuschaffen, liege auch im Interesse der Konsumenten, argumentiert Grüter. Allerdings nicht in jenem der Post. Die im Inland geltende Formatdefinition ermögliche es ihr, «Paket- und Briefsendungen effizient, automatisiert und kostenoptimiert zu verarbeiten», sagt Mediensprecher François Furer.
Bei einer Ausdehnung wäre «mit grösseren finanziellen Folgen zu rechnen», hatte der Bundesrat vor ein paar Wochen auf eine erste Interpellation von Grüter geantwortet. Da deutlich mehr Sendungen über den Briefkanal laufen würden, wären Anpassungen bei den logistischen Prozessen und der Infrastruktur nötig. Zudem sei das Leistungsspektrum für inländische Paketsendungen viel breiter. Dank den vielfältigen Empfängerleistungen wie zum Beispiel der aktiven Paketsteuerung könnten Schweizer Versandhändler ihren Kunden mehr bieten. «Internationale Briefsendungen sind nicht mit inländischen Paketsendungen vergleichbar», so Post-Sprecher Furer.
Am Ende müsse der Kunde entscheiden, ob er die zusätzlichen Leistungen auch wolle, widerspricht VSV-Präsident Kessler. Abgesehen davon könnten auch AliExpress-Sendungen verfolgt werden. Die Branche fordere von der Post schon seit Jahren ein sogenanntes Kleinpaket. Jetzt werde es akut, da das Volumen explodiere: «Wir sind die Leidtragenden, welche den Import aus Asien indirekt subventionieren.» Immerhin sei jetzt die Politik sensibilisiert.
Das ist sie in der Tat, und zwar bis ganz oben. China und andere asiatische Länder seien im Weltpostvertrag als Entwicklungsländer eingestuft und kämen dadurch in den Genuss tiefer Zustellkosten, was zu einer «Marktverzerrung für Schweizer Onlinehändler» führe: So stand es vor gut einem Jahr in der ersten Interpellation zu diesem Thema. Urheberin des Vorstosses war die damalige Walliser CVP-Nationalrätin und heutige Bundesrätin Viola Amherd. Die Schweizer Versandhäuser dürfen also hoffen.