Peter Thiel ist ein Exot in der Tech-Szene. Er ist libertär, streng gläubig und schwul. Er ist auch einer der wenigen Trump-Fans dieser Szene. 2016 hielt er am Parteitag der Grand Old Party (GOP) eine flammende Rede für Trump. Als dieser Präsident wurde, gefiel sich Thiel in der Rolle eines Tech-Beraters. Die meisten Silicon-Valley-Grössen haben es sonst mit den Demokraten.
2016 hat Thiel auch grosszügig für die Trump-Kampagne gespendet. Geschmerzt hat ihn das nicht wirklich. Als Mit-Gründer von PayPal und als einer der ersten Financiers von Facebook ist Thiel milliardenschwer. In Trump sah er vor vier Jahren den Garanten eines möglichst ungehinderten Kapitalismus. Trumps nationalistisch-protektionistische Seite übersah er geflissentlich.
Nun aber meldet das «Wall Street Journal», dass Thiel im Begriff sei, sich von Trump abzuwenden. Er scheine nicht mehr an dessen Wiederwahl zu glauben, berichtet das Wirtschaftsblatt. Im privaten Kreis soll er Trump gar mit der «S.S. Minnow» verglichen haben, einem Schiff, das in einer bekannten TV-Serie untergegangen ist.
Das Onlineportal «Daily Beast» berichtet derweil, dass Thiel bisher noch nicht für Trumps Wiederwahl-Kampagne gespendet habe. Er soll enttäuscht über dessen zögerliche Reaktion auf die Coronakrise sein. Palantir, Thiels jüngstes Unternehmen, hat seine Mitarbeiter schon zu Beginn des Februars aus dem Ausland zurückgerufen, zu einem Zeitpunkt also, zu dem der Präsident noch behauptete, das Virus werde «auf mirakulöse Weise» verschwinden.
Auch an der Wall Street beginnt man, sich auf eine Biden-Präsidentschaft einzurichten. Die «Financial Times» berichtet von einer Umfrage der Citigroup unter 140 Fonds-Managern, bei der 62 Prozent auf einen Sieg des demokratischen Herausforderers setzen. Im Dezember hatte Trump noch mit 70 Prozent die Nase vorn.
Die Bank-Analysten beschäftigen sich bereits intensiv mit den Folgen eines Biden-Sieges. Sie gehen davon aus, dass der Demokrat die Trump'schen Steuergeschenke zumindest teilweise widerrufen wird. Ebenso rechnen sie mit der Erhöhung des Mindestlohnes auf 15 Dollar pro Stunde – mehr als eine Verdoppelung des aktuellen Satzes.
Den Investoren raten sie, die Aktien von Gesundheitsunternehmen und Ökofirmen genauer unter die Lupe zu nehmen. Im Gegensatz zu Trump hat Biden nämlich einen klaren Plan: Er will Obamacare so ausbauen, dass jedermann daran teilnehmen kann. Und er hat versprochen, dass die Amerikaner spätestens 2050 kein CO2 mehr in die Atmosphäre pusten werden.
Trump hingegen wirkt ratlos. Er hat den wohl schlechtesten Monat seiner Amtszeit hinter sich. Mit seinem unsäglichen Bibel-Auftritt im Lafayette-Park vor dem Weissen Haus hat er Christen und Militärs gleichzeitig verärgert. Seine Wahlkampf-Rally in Tulsa war als glorioser Auftakt seiner Wiederwahl gedacht und endete als desaströser Flop. Und nun hat der Präsident auch noch die Kopfgeld-Affäre am Hals.
Vor allem aber hat Trump noch keine Antwort auf die Coronakrise gefunden. Nach wie vor steckt er den Kopf in den Sand. Obwohl derzeit die Anzahl der Infizierten täglich neue Rekordstände erreicht und obwohl Corona-Papst Anthony Fauci warnt, sie könnten bald auf 100’000 pro Tag steigen, behauptet der Präsident, es handle sich bloss um ein paar Hotspots, die man rasch in den Griff bekommen werde.
Das Versagen der Regierung schlägt sich nun auch in den Umfragewerten nieder. National liegt er rund 10 Prozentpunkte hinter Biden zurück, auch in den wichtigen «Battleground»-Staaten liegt sein Rivale in Führung. Selbst die relativ guten Zahlen vom Arbeitsmarkt im Juni ändern daran wenig. Angesichts der katastrophalen Nachrichten von der Coronafront ist der Glaube an eine rasche Erholung der Wirtschaft geschwunden.
Zynisch umschreibt Paul Krugman die Lage in der «New York Times» wie folgt:
Trump setzt auf eine Wiederholung seiner Strategie von 2016. Täglich werden seine Tweets rassistischer, «white power» und «law and order» stehen im Mittelpunkt seiner chaotischen Kampagne. Er übersieht dabei, dass die Stimmung im Land gekippt ist. Amerika sehnt sich derzeit nach Versöhnung, nicht nach Hass und Streit.
Engste Freunde versuchen daher, Trump umzustimmen. Gemäss «New York Times» hat Chris Christie, der ehemalige Gouverneur von New Jersey, dem Präsidenten ein Memo geschickt, worin er ihm klar gemacht hat, dass er mit dieser Strategie ins Verderben rassle. Senator Lindsey Graham soll ihn aufgefordert haben, doch bitte für ein Konjunktur-Programm und Hilfe für die Corona-Opfer einzustehen.
Die Republikaner fürchten inzwischen, nicht nur das Weisse Haus zu verlieren, sondern auch die Mehrheit im Senat. Das führt zu heftigen Ausschlägen an der Gerüchte-Börse. Neunmalkluge wollen gar wissen, dass Trump den Bettel hinwerfen werde und die GOP mit einem anderen Kandidaten antreten werde. Na ja.
John Galt
1. Er verliert sehr ungern, wenn er nicht Antritt, kann er nicht verlieren.
3. Seine Umfragewerte sind so schlecht, dass sogar Trump einsehen muss, dass es schwierig wird
2. Er hat keinen Spass mehr daran Präsident zu sein.
Wenn er die Argumentation so drehen kann, dass er sein Gesicht einigermassen wahren kann, dann ist der Rücktritt eine Möglichkeit.
c_meier
bis dahin fliesst noch viel Wasser den Hudson oder Potomac River dürab...
s'Paddiesli