Der erste Impeachment-Prozess gegen den damals noch amtierenden Präsidenten Donald Trump war eine eher dröge Angelegenheit. Nicht nur war der Ausgang vorgezeichnet, auch die Argumente beider Seiten waren so abgedroschen, dass niemand sie mehr hören mochte.
Der zweite Impeachment-Prozess soll ganz anders sein. Zwar wird der Auftakt heute ebenfalls eher langweilig werden. Es geht um die prozessuale Frage, darum, ob ein Präsident, der nicht mehr im Amt ist, überhaupt angeklagt werden kann. Doch danach ist Action angesagt.
Die demokratischen Ankläger – sie werden Manager genannt – haben ihre Lehren aus dem Prozess vor einem Jahr gezogen. Ihr Anführer, der Abgeordnete Jamie Raskin, erklärte im Vorfeld, es werde diesmal wenig theoretische Gelaber von Experten geben. Stattdessen verspricht er Action mit vielen Video-Clips. Raskin begründet dies wie folgt:
Trotzdem ist es unwahrscheinlich, dass der zweite Versuch zu einer Verurteilung von Trump führen wird. Damit die dafür erforderliche Zweidrittels-Mehrheit erreicht wird, müssten mindestens 17 Senatoren der Grand Old Party gegen Trump stimmen. Das wird nicht geschehen. Zu gross ist die Angst vor dem Ex-Präsidenten in den Reihen der GOP.
Aus diesem Grund gibt es selbst unter den Demokraten viele Stimmen, die dafür plädieren, den Prozess so rasch wie möglich über die Bühne zu bringen und dann zum Wesentlichen überzugehen: den noch ausstehenden Absegnungen der Kandidatinnen für das Biden-Kabinett, dem Durchpeitschen des Covid-Hilfspakets und eines ökologischen Infrastruktur-Programms.
So verständlich diese Argumente sind, sie übersehen das Wesentliche: Es geht nicht primär darum, Trump politisch abzustrafen. Es geht vor allem darum, die Big Lie – die Lüge von angeblich gezinkten Wahlen – aus dem Weg zu schaffen. Solange diese Lüge im Raum stehen bleibt, wird das politische Klima der USA vergiftet bleiben.
Das ist auch der Grund, weshalb Liz Cheney, die grundsätzlich konservative Abgeordnete der GOP, im Repräsentantenhaus für ein Impeachment von Trump gestimmt hat. Sie argumentierte dabei wie folgt:
Trumps Verteidiger haben logischerweise kein Interesse an solchen Fragen. Sie konzentrieren sich auf die prozessualen Fragen, obwohl sich die Mehrheit der Verfassungsjuristen einig ist, dass auch ein nicht mehr amtierender Präsident angeklagt werden kann – ja werden muss –, wenn seine Taten es rechtfertigen.
Immer mehr Dinge werden enthüllt, die zeigen, dass dies der Fall war. Trump hat nicht nur kurz vor dem Sturm auf das Kapitol eine mehr als problematische Rede gehalten. Er hat seine Fans monatelang angestachelt und sie im Glauben an die Big Lie bestätigt.
Zudem hat er nach der Niederlage versucht, das Resultat nachträglich zu seinen Gunsten zu verändern. So hat er den Staatssekretär von Georgia in einem Telefongespräch unter Druck gesetzt und ihn aufgefordert, rund 11’000 Stimmen für ihn zu «finden». Deswegen ist in Georgia soeben ein Strafverfahren gegen den Ex-Präsidenten eröffnet worden.
Trumps Kontakte zu den rechtsextremen Milizen sind zudem weit enger gewesen als bisher bekannt. Die «New York Times» hat diese Verbindungen in einer intensiven Recherche am Beispiel des Bundesstaates Michigan aufgedeckt.
Auch das Kapitol in Lansing, der Hauptstadt von Michigan, ist im Frühsommer von zum Teil bewaffneten Milizen gestürmt worden. Sechs von ihnen werden angeklagt, auch am 6. Januar in Washington mit dabei gewesen zu sein. Mit Tweets wie «LIBERATE MICHIGAN» hat Trump diese Männer angefeuert und sie später als «sehr gute Menschen» gelobt.
Konservative Medien wie Fox News wollen den Impeachment-Prozess als unnötiges Polit-Theater abtun. Ein bisschen weniger konservative Medien wie das «Wall Street Journal» gestehen zwar ein, dass Trump sich tatsächlich ungebührlich benommen habe.
Von einem Aufstand, wie es in der Anklageschrift steht, wollen die Wall-Street-Journal-Kommentatoren hingegen nichts wissen. «Der Sturm auf das Kapitol war Randale, eine gewalttätige gar, aber es war kein Aufstand», so das Blatt. «Es war auch kein Staatsstreich.»
Adam Kinzinger ist republikanischer Abgeordneter und gehört zum Fähnlein der zehn Aufrechten in der GOP, die für ein Impeachment gestimmt haben. In einem Kommentar in der «Washington Post» begründet er dies wie folgt:
Dazu ist ein gründlicher Impeachment-Prozess nötig. Und sollte es dazu mehr brauchen als Video-Clips, sollten auch Zeugen aufgeboten werden müssen, dann sollte dies auch geschehen.