Fox News ist – oder war zumindest während seiner Amtszeit – ein Synonym für «Propaganda-Sender für Donald Trump». Die Interviews, die Sean Hannity & Co. mit dem Ex-Präsidenten führten, waren so unterwürfig, dass sie heftige Cringe-Schübe bei all den Zuschauern auslösten, die nicht eingeschworene Trump-Fans sind. In der Morgensendung Fox & Friends durfte sich der Ex-Präsident halbstundenlang über banalste Dinge auslassen und übelste Lügen in den Raum setzen, ohne dass einer der drei wie Ölgötzen dasitzenden Moderatoren es wagte, ihm zu widersprechen.
Es ist daher nicht weiter erstaunlich, dass Fox News auch an vorderster Front mitmischte, wenn es darum ging, die Big Lie von Donald Trump unter die Menschen zu bringen. Ob Sean Hannity, Tucker Carlson oder Laura Ingraham – alle drei Star-Moderatoren des Abendprogramms wiederholten die These von den manipulierten Wahlmaschinen immer wieder. Beim Business-Moderator Lou Dobbs gehörte die durchgeknallte Anwältin Sidney Powell gewissermassen zum Inventar. Rudy Giuliani durfte sich derweil bei Laura Ingraham ausweinen.
Die Begründung für die Big Lie hätte dabei abenteuerlicher nicht sein können. Die Wahlmaschinen seien so manipuliert gewesen, dass sie Stimmen für Trump in Stimmen für Biden umwandelten, ohne dass dies bemerkt worden sei. Diesen Trick hätten die Verantwortlichen Hugo Chavez, dem 2013 verstorbenen Diktator von Venezuela, abgeguckt.
Das war für die Technologiegruppe Dominion, welche für viele Wahlmaschinen verantwortlich zeichnet, zu viel des Schlechten. Sie reichte gegen Fox News eine Klage wegen Verleumdung ein und fordert Schadenersatz in der Höhe von 1,6 Milliarden Dollar.
Das Gericht hat in der Folge eine ganze Reihe von Zeugenaussagen bei Fox News eingeholt, darunter auch diejenige von Murdoch und den erwähnten Stars. Im Vorfeld des voraussichtlich im April stattfindenden Prozesses ist nun die Klageschrift von Dominion veröffentlicht worden. Darin finden sich auch Teile der Zeugenaussagen. Sie machen überdeutlich, dass die Verantwortlichen bei Fox News zynisch und wider besseres Wissen gehandelt haben. Hier ein paar Beispiele:
Unter Eid hat Rupert Murdoch ausgesagt, die These der gestohlenen Wahlen sei «zerstörerisch» und «verrückt». Nach einer der inzwischen legendären Pressekonferenzen von Rudy Giuliani und Sidney Powell textete er an Suzanne Scott, CEO von Fox News: «Schrecklich, ich fürchte, das wird allen Schaden zufügen.» Scott stimmte ihrem Verleger zu und ergänzte, «Ja, selbst Sean (Hannity) und (Jeanine) Pirro sind gleicher Meinung».
Am 6. November 2020, als Bidens Wahlsieg noch nicht feststand, aber sich abzeichnete, schrieb Murdoch an Scott: «Sollte Trump ein schlechter Verlierer werden, dann müssen wir Sean (Hannity) im Auge behalten.»
Doch selbst besagter Hannity, wohl Trumps bester Kumpel bei Fox News, glaubte nicht an die Big Lie, obwohl er sie in seiner Sendung immer und immer wieder bekräftigte. Die Auftritte von Giuliani kommentierte er in einem Mail an Laura Ingraham wie folgt: «Er benimmt sich wie eine verrückte Person. So ein verdammter Idiot.» Als er unter Eid zur Big Lie befragt wurde, gab Hannity zu: «Niemand hat mich je davon überzeugt, dass etwas davon der Wahrheit entspricht.»
Tucker Carlson machte sich derweil Sorgen um das Image von Fox News bei seinen Zuschauern. Als die Reporterin Jacqui Heinrich einen kritischen Faktencheck anstellte und diesen per Twitter teilte, forderte Carlson deren fristlose Entlassung. «Das muss aufhören, und zwar sofort. Unser Aktienkurs sinkt, das ist kein Witz.» Heinrich löschte ihren Tweet tags darauf.
Sinkender Aktienkurs und wütende Zuschauer sind denn auch der Grund, weshalb Fox News Trump und seine Verschwörer gewähren liess. Ausgelöst hat diese Angst die Tatsache, dass Fox News als erste TV-Station verbreitet hat, Joe Biden habe im Bundesstaat Arizona und damit de facto die Wahlen gewonnen. Trump explodierte vor Wut und forderte Fox News auf, diese Meldung umgehend zurückzuziehen. Seine enttäuschten Anhänger wechselten den Kanal und sprangen zu noch weiter rechts stehenden, jedoch winzigen TV-Stationen wie Newsmax ab. Fox News sollte später den für die zutreffende Meldung aus Arizona verantwortlichen Redaktor feuern und wieder auf Trump-Linie einschwenken.
Die These der Big Lie hat indes wohl den Todesstoss erhalten, und zwar von einer speziellen Grand Jury – einem Gremium, das abklären muss, ob eine Anklage erhoben werden darf – im Bundesstaat Georgia. Diese aus 25 Mitgliedern bestehende Grand Jury hat während rund zwei Jahren getagt und dabei 70 Zeugen einvernommen. Ihre Ergebnisse hat sie in einem Bericht festgehalten. Der zuständige Richter hat nun entschieden, dass zumindest Teile dieses Berichtes veröffentlicht werden dürfen.
Weil Kernstücke des Berichts noch fehlen und weil selbst in den veröffentlichten Teilen einzelne Passagen eingeschwärzt sind, ist nicht klar, zu welchem Befund die Grand Jury gekommen ist. Glasklar ist jedoch eines: Das Gremium ist einstimmig zum Schluss gekommen, dass es keinen nennenswerten Wahlbetrug in Georgia gegeben hat. Hingegen wird angedeutet, dass eine oder mehrere der einvernommenen Zeugen Meineid begangen haben.
Die zuständige Untersuchungsrichterin Fani Willis hat sich gegen die Veröffentlichung dieses Berichts aus juristischen Gründen gewehrt. Sie hat jedoch angekündigt, dass ein Entscheid, ob jemand – und wer – mit einer Anklage rechnen muss, «unmittelbar» bevorstehe.
Ob auch Trump mit einer Anklage rechnen muss, kann derzeit nicht abgeschätzt werden. Der Befund wird ihm auf jeden Fall schaden. So erklärt der Rechtsprofessor Clark Cunningham von der Georgia State University gegenüber der «Washington Post»: «Die Tatsache, dass es keinen Beweis für einen Wahlbetrug gibt, fügt Trumps Verteidigung eine tödliche Wunde zu.»
Aber Hauptsache kein böser "Kommunismus".