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Musk’s 120-Stunden-Woche: Wie Arbeitswut den Techno-Faschismus antreibt

Elon Musk attends a Cabinet meeting with President Donald Trump in Washington, Tuesday, Feb. 26, 2025. (Pool via AP)
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Bild: keystone
Analyse

Warum Elon Musk am Boden schläft

Wie die Arbeitswut des reichsten Mannes einen neuen Techno-Faschismus einläuten kann.
28.02.2025, 12:1928.02.2025, 14:08
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Zwei Dinge sind typisch für Elon Musk: seine autistischen Züge und seine Arbeitswut. Beides zieht sich wie ein Faden durch die von Walter Isaacson verfasste Biografie (übrigens ein Lese-Must). Mit 120-Stunden-Wochen hat Musk gleichzeitig zwei Unternehmen – SpaceX und Tesla – allen Widrigkeiten zum Trotz zum Erfolg geführt.

Dabei nahm er weder auf die Gefühle seiner Mitarbeiter noch auf die biologischen Bedürfnisse seines Körpers Rücksicht. Musk schlief nicht nur im Büro unter seinem Pult, er arbeitete buchstäblich bis zum Kotzen. «Unsere Art zu arbeiten, war ein manischer Drang nach Dringlichkeit», beschreibt der Chefingenieur von SpaceX das Klima bei SpaceX im Jahr 2008.

FILE- Tesla CEO Elon Musk speaks before unveiling the Model Y at Tesla's design studio March 14, 2019, in Hawthorne, Calif. A Florida judge ruled Friday, Nov. 17, 2023, that a jury should decide  ...
Elon Musk hat Tesla zum Erfolg geführt.Bild: keystone

Bei SpaceX und Tesla ging diese Rechnung auf, bei Twitter bisher eher nicht. Trotzdem will Musk nun Arbeitswut als Mittel einsetzen, die amerikanische Gesellschaft zu revolutionieren. Er treibt seine aus jungen Männern bestehende DOGE-Truppe ebenfalls an, ein übermenschliches Arbeitspensum zu absolvieren.

Auf diese Weise sollen die Bürokraten der Verwaltung, die sich an reguläre Bürozeiten halten, schachmatt gesetzt werden. «Es ist so, wie wenn das gegnerische Team zwei Tage lang nicht auf dem Spielfeld erscheint», prahlt Musk. «Wochenend-Arbeit ist eine Supermacht.»

100 Stunden und mehr die Woche zu arbeiten, ist keine Erfindung von Musk. In den letzten Jahrzehnten war dies ein typisches Merkmal der Investmentbanken an der Wall Street. Goldman Sachs & Co. brüsteten sich damit, ihren Nachwuchs zu trimmen wie Elitesoldaten und sie morgens um drei Uhr und über das Wochenende ins Büro zu beordern, nicht weil dies erforderlich gewesen wäre. Vieles, was diese Jungbanker erledigen mussten, waren sogenannte Bull-Shit-Jobs. Sie wurden aus Erziehungsgründen so getrimmt.

An der Wall Street ist man mittlerweile von dieser Arbeitswut und dem damit verbundenen Machismus weggekommen. Nicht so im Silicon Valley. Der auf die Arbeitswelt spezialisierte Harvard-Historiker Erik Baker stellt daher in einem Gastkommentar in der «New York Times» fest: «Für Mr. Musk und seine Mitarbeiter ist ein herkulischer Enthusiasmus für Arbeit nicht nur ein Mittel, um Dinge zu erreichen. Es ist auch ein Merkmal für eine angeborene Überlegenheit, eine ‹Superpower›, die das Recht erteilt, der Welt seine Vision aufzudrücken.»

Mit anderen Worten: Wer 120 Stunden in der Woche arbeitet, hat Anrecht auf den Status eines Übermenschen im Sinne von Friedrich Nietzsche.

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Er hat den Übermenschen erfunden: Friedrich Nietzsche.

Realistisch gesehen ist dies Unsinn. Es mag sein, dass ein solcher Aufwand in einer ausserordentlichen Situation für kurze Zeit gerechtfertigt ist. Wer ihn jedoch langfristig betreibt, bezahlt in der Regel einen hohen Preis dafür: mit Drogensucht und einer zerrütteten Ehe.

Die Wirtschaft braucht diese Arbeitswut auch gar nicht. Zahlreiche Studien belegen seit Jahrzehnten, dass die modernen Gesellschaften ihren Wohlstand bei einer sinnvollen Verteilung der Arbeit mit einer 25-Stunden-Woche aufrechterhalten könnten. Digitalisierung und künstliche Intelligenz werden zudem dazu führen, dass immer mehr Menschen von Arbeit entlastet werden. Gerade dies will Musk ja auch erreichen. Er will die Effizienz der Verwaltung um ein Vielfaches steigern, um so die Staatsausgaben ins Lot zu bringen. «Alles, was man automatisieren kann, soll automatisiert werden», so das Motto der Technokraten.

Das Resultat ist paradox: Wir steuern auf eine Welt zu, in der einige Auserwählte ein herkulisches Arbeitspensum absolvieren, während die gewöhnlichen Menschen vermehrt aus der Arbeitswelt gedrängt und mit irgendeiner Form eines Grundeinkommens abgespeist werden.

«Work-Life-Balance» wird in dieser Gesellschaft nicht gefragt sein. Darum geht es Musk & Co. auch nicht. Er bekommt Schreikämpfe, wenn er diesen Begriff auch nur hört. Musk treibt etwas anders an: Er ist in Südafrika aufgewachsen und hat miterlebt, wie die Weissen ihre Macht eingebüsst haben. Deshalb setzt er alles daran, dass sich dies in den USA nicht wiederholt.

Warum die südafrikanische Vergangenheit von Musk wichtig ist

William Shoki, ein südafrikanischer Journalist, stellt daher in der «New York Times» fest: «Mr. Musk ist mehr als ein exzentrischer Milliardär. Er steht auch für eine ungelöste Frage: Was geschieht, wenn die Mächtigen ihre Macht verlieren, aber nicht verschwinden. Das erleben wir heute in Amerika.»

Die Antwort auf diese Frage lautet: Techno-Faschismus. Musk, aber auch andere Silicon-Valley-Oligarchen wie Peter Thiel, David Sachs – beide übrigens auch in Südafrika aufgewachsen – und Marc Andreessen wollen die liberale Demokratie abschaffen und durch eine Autokratie ersetzen. Im «New Yorker» stellt Kyle Chayka deshalb fest: «Im Silicon Valley ist der amerikanische Techno-Faschismus keine philosophische Gedankenübung mehr, mit der zwischen Intervall-Fasten und therapeutischen Ketamin-Dosen gespielt wird. Es ist ein politisches Programm geworden, dessen Grenzen derzeit von DOGE getestet werden.»

Dieser neue Techno-Faschismus ist inzwischen auch ideologisch abgesichert. Vordenker wie Curtis Yarvin fordern die Amerikaner offen dazu auf, ihre Liebe zur Demokratie endlich zu überwinden und die USA in eine Gesellschaft zu verwandeln, die wie ein Start-up von einem diktatorischen CEO regiert wird. Eine Vorstellung, die sowohl von den Tech-Oligarchen als auch von Donald Trump geteilt wird.

Allerdings gibt es da noch ein Problem: Ein Teil der MAGA-Meute macht nicht mit. Steve Bannon hat den Oligarchen den Kampf erklärt und spricht von einem «Technofeudalismus», der die USA in eine unmenschliche Gesellschaft verwandle. In einem Interview mit der «New York Times» hat Bannon kürzlich drastische Worte gewählt: «Sie (die Tech-Oligarchen) müssen gestoppt werden. Wenn wir sie nicht stoppen, und wenn wir sie jetzt nicht stoppen, werden sie nicht nur unser Land, sondern die ganze Welt zerstören.»

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182 Kommentare
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Der Micha
28.02.2025 12:31registriert Februar 2021
"Allerdings gibt es da noch ein Problem: Ein Teil der MAGA-Meute macht nicht mit. "

Auch viele Mitarbeiter bei Dodge machen nicht mit. Ein Drittel haben schon bereits gekündigt und das dies Musk Ego angekratzt hat, kann man auf Twitter nachverfolgen.

Wer sich damit rühmt, seine Mitarbeiter 120 Stunden Wochen aufzubrummen, ist in meinen Augen ein ganz schlechter Mensch. Denn dies ist nichts womit man angeben sollte und es ist auch nichts was man einführen sollte.
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Pointless Piraña
28.02.2025 12:38registriert Dezember 2019
Wenn man 24/7 tweeten als Arbeit betrachtet, mag es ja sein, dass Musk arbeitet. Normale Menschen tun das in der Freizeit
Und selbst wenn es arbeitet wäre: Wozu das ganze? Weltherrschaft?! Musks Wirken ist hohl, ohne Nutzen für niemanden. Es ist reine Beschäftigungstherapie für einen Menschen, der seinem Dasein keinen Sinn abgewinnen kann, dessen Existenz niemanden bereichert und der Kräfte zum Schaden seiner Mitwelt einsetzt. Musk ist pure Leere, da hilft auch kein 24 h Tag
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Eckhardt
28.02.2025 13:00registriert Juni 2024
Hätte nicht gedacht, dass ich Bannon mal zustimme in einer Sache.
Das wichtigste Kriterium solcher Menschen wie Musk und Trump ist in meinen Augen, dass sich alles nur um sie und ihre Ansichten dreht. Sie sind nicht in der Lage, Empathie zu empfinden oder sich in andere hineinzuversetzen.
Sie leben in einem Rausch, benebelt von Ich-Ich-Ich…..
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