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Istanbul: Linksextremisten nehmen Staatsanwalt als Geisel – Behörden verbieten Medien die Berichterstattung

Istanbul: Linksextremisten nehmen Staatsanwalt als Geisel – Behörden verbieten Medien die Berichterstattung

31.03.2015, 13:4431.03.2015, 16:45
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Çağlayan-Gerichtsgebäude: Hier findet die Geiselnahme statt.
Çağlayan-Gerichtsgebäude: Hier findet die Geiselnahme statt.bild: twitter

Zwei Bewaffnete haben heute Mittag im Istanbuler Gerichtsgebäude einen Staatsanwalt als Geisel genommen. Die Bewaffneten sollen der Revolutionären Volksbefreiungspartei-Front (DHKP-C) angehören, einer marxistisch-leninistischen Organisation, die sich den gewaltsamen Umsturz im Land auf die Fahnen geschrieben hat.

Bei dem Staatsanwalt handelt es sich laut Hurriyet Daily News um Mehmet Selim Kiraz. Kiraz wurde mit den Untersuchungen im Fall des getöteten Jugendlichen Berkin Elvan während den Gezi-Protesten in Istanbul im Jahr 2013 betraut. Der 15-Jährige wurde von einem Tränengas-Geschoss getroffen und lag anschliessend neun Monate im Koma. Im März 2014 verstarb der Jugendliche.

Auf Twitter kursieren Fotos der Geiselnehmer, wie sie dem Staatsanwalt eine Waffe an den Kopf halten. Im Hintergrund sind die angeblichen Fahnen der Organisation zu sehen. 

Offenbar wurden im Gebäude Schüsse abgefeuert. Das berichtet Hürriyet Daily News.

video: youtube/Ağrı Haber - Diyadinnet.com

Die Geiselnehmer fordern unter anderem ein Live-Geständnis der Polizisten, die verdächtigt werden, den 15-Jährigen Elvin getötet zu haben, die Einsetzung eines «Volksgerichts», sowie das Ende der Verfolgung von Gezi-Demonstranten.

Die Polizei ist mit Spezialeinheiten vor Ort. Verhandlungen zwischen Polizei und Geiselnehmern sind im Gang. Das Gerichtsgebäude wurde evakuiert. Bilder deuten darauf hin, dass eine Erstürmung unmittelbar bevorsteht. 

Verschiedene Quellen im Internet berichten, dass die türkischen Behörden den Medien ein Informations-Embargo auferlegt haben. Die Berichterstattung der Geiselnahme soll so verhindert werden, so die Einschätzung von Beobachtern. Ein ähnliches Vorgehen wurde bereits bei den Gezi-Protesten 2013 beobachtet.

An einer kurzfristig einberufenen Pressekonferenz sagte der Istanbuler Polizeichef, dass die Verhandlungen andauern und dass man zuversichtlich sei, eine gewaltfreie Lösung zu erreichen.

Kurz zuvor hat ein Stromausfall grosse Teile des Landes lahmgelegt. Der türkische Ministerpräsident Ahmed Davutoglu hat einen Terroranschlag als Hintergrund nicht ausgeschlossen. 

Die DHKP-C wurde in den 70er Jahren in der Türkei gegründet. Gegenwärtig ist die Organisation, die in der Vergangenheit mehrere terroristische Anschläge ausführte, auf den Terrorlisten der EU und der USA aufgeführt. Wer der Organisation vorsteht, ist nicht bekannt. 

Update folgt

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