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Sri Lanka: Politische Führung tritt nach Protesten zurück

Politische Führung in Sri Lanka nach Massenprotesten zurückgetreten

10.07.2022, 20:3910.07.2022, 20:39
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Nach Massenprotesten der Bevölkerung wegen der schwersten Wirtschaftskrise seit Jahrzehnten beugt sich die Führung Sri Lankas dem Druck der Strasse: Präsident Gotabaya Rajapaksa und Premier Ranil Wickremesinghe kündigten am Wochenende ihren Rücktritt an.

Ein Überblick:

Eine gewaltige Wirtschaftskrise

Der Inselstaat südlich von Indien mit seinen etwa 22 Millionen Einwohnern erlebt die schlimmste Wirtschaftskrise seit der Unabhängigkeit von Grossbritannien 1948.

Darum gehen die Menschen in Sri Lanka auf die Strasse und protestieren gegen die Regierung. Die Demonstranten werfen der Politiker-Dynastie der Rajapaksas vor, Milliarden Dollar für überdimensionierte und unprofitable Prestigebauten verschwendet zu haben (etwa einen Seehafen oder den 350 Meter hohen Lotus-Tower-Aussichtsturm in Colombo) während die Bevölkerung täglich mehr unter Mangel leidet.

A man throws back a tear gas canister after it was fired by police to disperse protesters in Colombo, Sri Lanka, Saturday, July 9, 2022. Sri Lankan protesters demanding that President Gotabaya Rajapak ...
Ein Mann wirft eine Tränengas-Kartusche zurück zur Polizei, 9. Juli 2022.Bild: keystone
Protesters, some holding Sri Lankan flags, gather in a street leading to the presidents official residence in Colombo, Sri Lanka, Saturday, July 9, 2022. Sri Lankan protesters demanding that President ...
Die Menschen in Sri Lanka gehen auf die Strasse und protestieren gegen die Regierung, 9. Juli 2022.Bild: keystone

Die Menschen in Sri Lanka darben aufgrund eines Mangels an Treibstoff, Gas zum Kochen, Medikamenten und Lebensmitteln. Zudem ist die Inflation aktuell sehr hoch und täglich drohen stundenlange Stromausfälle.

Ein Grund dafür ist, dass die Einnahmen aus dem Tourismus aufgrund der Pandemie eingebrochen sind. Darum fehlt dem stark verschuldeten Land Geld, um wichtige Güter zu importieren.

Jüngst wurde sogar der Verkauf von Treibstoff an Privatpersonen für zwei Wochen verboten, was zusätzlichen Unmut in der Bevölkerung auslöste. Am Freitag hatte die Regierung noch versprochen, die Versorgung mit Sprit zu verbessern, doch dies besänftigte die Demonstranten nicht.

Der gestürmte Pool

Auch am Samstag hatten zehntausende Menschen in der Hauptstadt Colombo den Rücktritt des Präsidenten und des Premiers gefordert. Medien schätzten die Zahl der Teilnehmer auf mehr als 100 000.

Die Polizei setzte Tränengas ein, Soldaten gaben Warnschüsse in die Luft ab, wie auf Fernsehbildern zu sehen war. Dennoch gelang es zahlreichen Menschen am frühen Samstagnachmittag, die Absperrungen zum Amtssitz des Präsidenten und dem Präsidialamt zu durchbrechen.

Demonstranten stürmen Amtssitz des Präsidenten von Sri Lanka

Video: twitter/disclosetv

Videos im Fernsehen und in sozialen Medien zeigten Demonstranten im Pool des Präsidentenpalastes und in luxuriös dekorierten Fluren. Am späten Samstagabend setzten Demonstranten dann die Residenz des Premiers in Brand, wie die Polizei berichtete. Dieser habe sich aber nicht in dem Gebäude aufgehalten. Die Gebäude waren auch am Sonntag noch besetzt.

So reagiert die Regierung

Der Staatschef werde sein Amt aber erst am 13. Juli räumen, teilte der Parlamentspräsident des südasiatischen Landes mit.

Angesichts der Krise hat die Regierung unter anderem den Internationalen Währungsfonds sowie mehrere Länder, etwa Indien, China und Russland, um Hilfe gebeten. Das UN-Nothilfebüro (OCHA) warnte im Juni, die schwere Wirtschaftskrise könne eine sich anbahnende Hungerkrise in Sri Lanka verschärfen. Das Land war zuvor zehn Jahre lang auf gutem Entwicklungsweg und benötigte keine humanitäre UN-Hilfe.

FILE- Sri Lankan president Gotabaya Rajapaksa sings the national anthem of Sri Lanka during the country's Independence Day celebration in Colombo, Sri Lanka, Feb. 4, 2022. Sri Lanka
Der Präsident Sri Lankas, Gotabaya Rajapaksa.Bild: keystone

Das sagen die USA

US-Aussenminister Antony Blinken unterstrich das Recht auf friedliche Proteste. Bei einem Besuch in Bangkok sagte er am Sonntag:

«Wir verurteilen jegliche Gewalt gegen friedliche Demonstranten und Journalisten. Das srilankische Volk hat ein Recht darauf, seine Stimme friedlich zu erheben.»

Er forderte zugleich eine strafrechtliche Verfolgung aller Personen, die an Gewalt im Zusammenhang mit den Protesten beteiligt seien.

(yam/sda/dpa)

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