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Belarus: Spekulationen um Lukaschenkos Gesundheit nehmen zu

In this handout photo released by Belarus' Presidential Press Office, Belarusian President Alexander Lukashenko, center, speaks to officers as he visits the Central Command Post of the Air Force  ...
Belarus' Machhaber Alexander Lukaschenko trägt eine Bandage an seiner linken Hand. Zuvor hatte er eine an der rechten getragen.Bild: keystone

Spekulationen um Lukaschenkos Gesundheit nehmen zu – samt kruden Theorien

16.05.2023, 13:47
Joana Rettig / watson.de
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Alexander Lukaschenko hat Jahrzehnte lang daran gearbeitet, stark, angsteinflössend und unzerbrechlich zu wirken. Doch dieses Bild kann der belarussische Machthaber mittlerweile nicht mehr aufrechterhalten. Der Präsident des post-sowjetischen Staates schwächelt. In den vergangenen Tagen war er sogar ganz von der Bildfläche verschwunden – doch jetzt ist er wieder aufgetaucht.

Und genau das sorgt für krude Diskussionen und Theorien, die in sozialen Medien wie Twitter breitgetreten werden.

Aber von vorn: Alexander Lukaschenko war am 9. Mai in Moskau zu den Feierlichkeiten des «Tages des Sieges» zu Gast bei Russlands Präsident Wladimir Putin gewesen. Auf dem Bildmaterial zu diesen Feierlichkeiten ist bereits eine Bandage an seiner rechten Hand sichtbar.

Für Aufregung sorgte dann, dass Lukaschenko die Veranstaltung frühzeitig verliess und zu einem Frühstück, zu dem Putin geladen hatte, nicht erschien. Zuvor hatte der belarussische Präsident wohl Tee mit Putin getrunken.

Theorien, ob Putin Lukaschenko aus dem Weg räumen will und ihm eventuell ja Gift in den Tee mischte, machten die Runde.

Auch gab es Gerüchte, Lukaschenko habe sich nach dem Aufenthalt in Moskau in einem Krankenhaus nahe der belarussischen Hauptstadt Minsk aufgehalten – bestätigt wurden diese Gerüchte nie von der belarussischen Regierung.

Regierung von Belarus hält sich bedeckt zu Lukaschenkos Zustand

Überhaupt hatten die staatlichen Behörden keinen Kommentar zum aktuellen Gesundheitszustand des Präsidenten abgegeben. Fest stand nur: Lukaschenko tauchte erst einmal nirgends mehr auf.

Er fehlte sogar bei einer jährlichen Zeremonie in Minsk, bei der die Treue zur Flagge des ehemaligen Sowjetstaates gefeiert wird. Das erste Mal seit 29 Jahren nahm Lukaschenko daran nicht teil. Sein Premier Roman Golowtschenko las dafür aber eine Botschaft in Lukaschenkos Namen vor. Der russische Politiker Konstantin Zatulin versuchte zudem, Gerüchten um den Gesundheitszustand des Präsidenten Einhalt zu gebieten.

Auf dem Telegram-Kanal Podyom schrieb Zatulin:

«Da ist nichts Übernatürliches, es ist nicht Covid. Der Mann ist einfach krank geworden. Aber obwohl der Mann krank wurde, hielt er es für seine Pflicht, nach Moskau zu kommen und später am selben Tag Veranstaltungen in Minsk abzuhalten. Wahrscheinlich braucht er nur etwas Ruhe – das ist alles.»

Am Montag ist dann ein Video aufgetaucht, in dem Lukaschenko über den Krieg in der Ukraine spricht und über Angriffe auf russischem Gebiet. Auffällig hier: Der Präsident wirkt extrem geschwächt. Seine Stimme ist heiser und bricht, sein Gesicht wirkt dürr und blass. Die Bandage, die er vor einer Woche noch rechts trug, sitzt jetzt an der linken Hand.

Kaum zu vergleichen mit dem Lukaschenko, der eine Woche zuvor noch auf der russischen Militärparade zu Gast war.

Eine Woche lang war Lukaschenko aus der Öffentlichkeit verschwunden. Die Menschen fragten sich sogar, ob er möglicherweise gestorben sei. Doch auch nach Veröffentlichung des Videos, sind offenbar nicht alle Zweifel beseitig. «Das Video zeigt also, dass er noch nicht ganz tot ist», schreibt etwa eine Twitter-Userin.

Lukaschenkos Abwesenheit: Sorge vor Desaster oder lang erwartete Chance

Ein anderer Nutzer postete ein GIF unter den Beitrag, der den toten Bernie Lomax aus dem 80er-Jahre-Film «Immer Ärger mit Bernie» zeigt. Dieser wurde (zwar eher schlecht als recht) so hergerichtet, dass er lebendig wirkt.

Auch, wenn sich manche Lukaschenko-Gegner:innen über sein Auftreten lustig machen, der Gesundheitszustand des Präsidenten kann entweder zu einer grossen Chance oder zu einem grossen Desaster führen.

Darauf machte die im Exil lebende Oppositionsführerin Sviatlana Tsikhanouskaya aufmerksam. Auf Twitter schreibt sie:

«Es gibt viele Gerüchte über den Gesundheitszustand des Diktators Lukaschenko. Für uns bedeutet das nur Eines: Wir sollten auf jedes Szenario gut vorbereitet sein. Um Belarus auf den Weg zur Demokratie zu bringen und eine Einmischung Russlands zu verhindern.»

Dazu, schreibt Tsikhanouskaya weiter, brauche man zudem die Unterstützung der internationalen Gemeinschaft.

epa10416002 Leader of the Democratic Forces of Belarus Sviatlana Tsikhanouskaya attends the 53rd annual meeting of the World Economic Forum (WEF) in Davos, Switzerland, 19 January 2023. The meeting br ...
Sviatlana Tsikhanouskaya kandidierte 2020 bei den Präsidentschaftswahlen in Belarus.Bild: keystone

Lukaschenko regiert Belarus seit 1994 mit eiserner Faust. Er gewann die erste Präsidentschaftswahl nach dem Zerfall der Sowjetunion und hat das Land trotz der Massenproteste gegen die Regierung, die auf eine umstrittene Präsidentschaftswahl im Jahr 2020 folgten, weiterhin fest im Griff.

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27 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Überdimensionierte Riesenshrimps aka Reaper
16.05.2023 13:53registriert Juni 2016
Neulich in Moskau:
Lukaschenka: "Du Vladimir, der Tee schmeckt Scheisse!"
Putin: "Ja Alex, dass ist ein Gesundheitstee damit es Dir wieder besser geht"
L: "Ich bin nicht Krank!"
P:
Einfach die besten ChatGPT-Memes, die selbst KI-Muffel zum Schmunzeln bringen\nIn Warhammer 40.000 haben die Diener des Blutgottes Khorn den Spruch: "Blut für den Blutgott".

Ich sage: Meme ...
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wasps
16.05.2023 14:55registriert Januar 2022
Adipös, hoher Blutdruck, Zucker, Gicht und andere rheumatische Wehwechen. Medikamentenabhängig und ein Süffel dazu. Klassischer Fall von Hochrisikopatient (und westlicher Dekadenz bzw. Lebensstil).
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maylander
16.05.2023 14:15registriert September 2018
Der erste Gifttee soll ja angeblich als Warnung dienen. Putin ist offensichtlich unzufrieden, dass sich Lukaschenko aus dem Ukraine-Krieg raushalten will. Das passieren von Weissrussland reicht nicht mehr, sondern die Weissrussen sollen direkt auf Seite Russlands in die Kampfhandlungen eingreifen.
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