Es hätte eigentlich eine Veranstaltung zur Beruhigung der Gemüter werden sollen. Eigentlich.
Belarus' Staatschef Alexander Lukaschenko besuchte am Montagmorgen eine Fabrik des staatlichen Fahrzeugherstellers MZKT, um vor der Belegschaft eine Rede zu halten.
Hintergrund: Die Opposition in Belarus rief nach den gigantischen Protesten vom Sonntag alle Staatsbetriebe auf, am Montag zu streiken. Die Fabriken gelten in der Ex-Sowjetrepublik als elementar für das Funktionieren des Staates. Experten gehen davon aus, dass Lukaschenko über die Arbeitsniederlegungen nach 26 Jahren an der Macht am schnellsten zum Aufgeben gedrängt werden kann.
Also besuchte Lukaschenko das Minsker Werk. In seiner Ansprache signalisierte er zwar Reformbereitschaft, er sei bereit, seine Befugnisse zu teilen, – «aber nicht unter Druck und nicht über die Strasse».
Und weiter: «Diejenigen, die arbeiten wollen, sollen arbeiten. Wenn nicht, dann werden wir sie auch nicht dazu zwingen.» Wenn 150 oder sogar 200 Menschen streikten, dann habe das keinen Einfluss auf den Betrieb.
Lukashenko gathered the most loyal workers at MZKT factory this morning. Didn't help - the crowd is chanting "Go away!". Lukashenko: "You can shout as much as you want!" pic.twitter.com/fFLAy7VobZ
— Tadeusz Giczan (@TadeuszGiczan) August 17, 2020
Da waren wohl nicht alle der gleichen Meinung: Während der Rede riefen ihm die Beschäftigten «Hau ab» entgegen, wie in Videos zu sehen war.
Just look at him while workers are chanting: "Go Away! Go Away" pic.twitter.com/zEiXTjlITZ
— Franak Viačorka (@franakviacorka) August 17, 2020
Im Nachrichtenkanal Telegram gab es Aufnahmen von Versammlungen in Betrieben und Mitarbeiter zu sehen, die ihre Fabriken verlassen hatten und auf der Strasse demonstrierten.
Auch das Staatsfernsehen hatte am Montag Sendeprobleme, weil Mitarbeiter entweder streikten oder prominente Moderatoren gekündigt haben. Für den Abend war in der Hauptstadt Minsk eine neue Grosskundgebung geplant. Bereits am Sonntag demonstrierten im Stadtzentrum Hunderttausende gegen Gewalt und Willkür unter Lukaschenko. Viele forderten auch seinen Rücktritt und Neuwahlen. (jaw/sda/dpa)