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Wegen Sklavenarbeit: Millionenstrafe für VW in Brasilien

Wegen Sklavenarbeit: Millionenstrafe für VW in Brasilien

Ein Gericht in Brasilien hat Volkswagen do Brasil zur Zahlung einer Rekordstrafe wegen Ausbeutung von Arbeitern verurteilt. Der Konzern weist die Verantwortung zurück.
31.08.2025, 06:4631.08.2025, 06:46
Jakob Hartung / t-online
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t-online

Ein brasilianisches Gericht hat Volkswagen do Brasil zu einer Entschädigung in Höhe von umgerechnet 26 Millionen Euro verurteilt. Das Arbeitsgericht im Bundesstaat Pará sprach das Urteil am Freitag. Es geht um die Arbeitsbedingungen auf der Rinderfarm Fazenda Vale do Rio Cristalino, die der brasilianischen Tochter des deutschen Autokonzerns in den 1970er- und 80er-Jahren gehörte.

epa12252854 The Volkswagen logo is seen in front of the VW Berlin car dealership during a warning strike in Berlin, Germany, 22 July 2025. EPA/FILIP SINGER
Volkswagen do Brasil wurde wegen moderner Sklaverei auf einer Amazonas-Farm in den 1970er und 80er Jahren verurteilt.Bild: keystone

Laut Gericht wurden dort hunderte Leiharbeiter unter Bedingungen gehalten, die als moderne Sklaverei einzuordnen sind. VW habe direkt von der Ausbeutung profitiert. Volkswagen wies die Vorwürfe zurück und kündigte Berufung an. Das Unternehmen teilte mit, es halte sich an «alle geltenden Arbeitsgesetze und -vorschriften» und habe mit seiner 72-jährigen Geschichte in Brasilien stets auf «Menschenwürde» geachtet.

Die brasilianische Tochtergesellschaft von Volkswagen hatte Mitte der 1970er Jahre Land gekauft, um dort eine Rinderfarm zu gründen. Hintergrund war eine staatlich geförderte Entwicklungsstrategie zur Besiedlung des Amazonasgebiets. Die damals herrschende Militärdiktatur unterstützte solche Agrarprojekte mit Steuererleichterungen. Der Betrieb der Rinderfarm wurde 1986 eingestellt.

Bewaffnete Aufpasser und Schuldknechtschaft

Laut den Vorwürfen wurden Hunderte Leiharbeiter auf der auch als «Fazenda Volkswagen» bekannten Farm langen Arbeitstagen und erniedrigenden Arbeitsbedingungen ausgesetzt. Nach Angaben der Ermittler hinderten bewaffnete Wachleute und ein System der Schuldknechtschaft die Arbeiter am Verlassen der Farm. Zeugen berichteten von Gewalt und Misshandlungen.

Ein betroffener Arbeiter schilderte der ARD 2022, Aufpasser hätten fliehende Kollegen angeschossen oder in ihren Hütten verprügelt. Die Aussagen wurden von Ermittlungsbehörden dokumentiert. Der Priester Ricardo Rezende, damaliger Koordinator der Kommission der Landpastoral, hatte die Zustände bereits 2019 öffentlich gemacht. 2023 scheiterte eine aussergerichtliche Einigung. Daraufhin wurde das Unternehmen im Dezember 2024 schliesslich verklagt.

Das Arbeitsgericht in Redenção ordnete neben dem Schadenersatz auch an, dass Volkswagen sich offiziell bei den Betroffenen entschuldigen muss. Nach Angaben der brasilianischen Staatsanwaltschaft handelt es sich um die höchste jemals in dem Land verhängte Strafe wegen moderner Sklaverei.

Verwendete Quellen:

  • Mit Material der Nachrichtenagenturen dpa und afp
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6 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Squawk 7700
31.08.2025 07:23registriert Mai 2025
In Berufung zu gehen wird dem Ruf von Volkswagen do Brasil wohl eher noch mehr schaden. Ich glaube kaum, dass ihnen das etwas bringen würde. Die Vorwürfe sind Dokumentiert, es gibt viele Zeugenaussagen. Klar kann man sagen, dass das damals andere Zeiten waren und auf anderen Farmen auch so umgegangen wurde. Aber als Europäischer Konzern hätte man es besser wissen müssen.
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