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DeepSeek-Gründer Liang Wenfeng: Er steckt hinter Chinas Wunder-KI

liang wenfeng, deepseek founder
Liang Wenfeng bei einem Treffen mit Chinas Premierminister Li Qiang.Bild: screenshot reuters

Dieser Nerd versetzt Google, Microsoft, Meta und Co. in Angst und Schrecken

Die chinesische KI-App DeepSeek versetzt die Welt in Aufregung. Selbst die US-Grosskonzerne zittern wegen der Qualität und Effizienz von DeepSeek. Hinter dem chinesischen Start-up steckt ein unscheinbarer Mann.
29.01.2025, 08:1130.01.2025, 00:39
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Liang Wenfeng heisst der Kopf hinter DeepSeek, also jener KI-Applikation, deren Veröffentlichung die US-Wirtschaft zum Wochenstart eine brachiale Bruchlandung hinlegen liess. Alleine Chiphersteller Nvidia, zuvor das wertvollste Unternehmen der Welt, verlor 600 (!) Milliarden Dollar an Wert und musste den im Herbst 2024 eroberten Titel wieder an Apple abtreten.

Grund genug, sich mit dem Mann zu befassen, der derart massiv auf die Börse der weltgrössten Wirtschaftsmacht einwirken konnte.

Kindheit und Jugend

Liang Wenfeng wurde 1985 in der chinesischen Hafenstadt Zhanjiang geboren. Seine Eltern waren Primarlehrer. Schon als Kind zeigte er ein hohes Mass an Intelligenz und Arbeitswillen. Er war ein Sechserschüler und fing bereits in der Mittelstufe an, sich selbst das Programmieren beizubringen, wie das Wall Street Journal schreibt.

Sein Weg an die renommierte Zheijang-Universität in der Millionenstadt Hangzhou schien vorgezeichnet – die Hochschule gilt als führende Technologie-Uni Chinas, sozusagen das Pendant zum Massachusetts Institute of Technology (MIT) in den USA. Viele grosse Internetfirmen Chinas haben ihren Hauptsitz in der Stadt, allen voran Jack Mas Alibaba-Gruppe.

Auch zu seinen Studienzeiten bildete sich Liang selbstständig weiter: Er begann KI-Algorithmen zu schreiben, die bei der Auswahl von vielversprechenden Aktien helfen.

Wie er reich wurde

Er tat dies – trotz Rückschlägen und teils Spott von Kommilitonen – erfolgreich. Statt wie die meisten seiner Mitstudierenden bei einem Grosskonzern anzufangen, gründete er eine eigene Investmentfirma namens Jacobi. Der Unternehmensname ist eine Hommage an den preussischen Mathematiker Carl Jacobi.

2015 schloss er sich mit zwei College-Freunden zusammen und gründete das Unternehmen High-Flyer. Und gemeinsam startete das Trio durch. Liangs Konzept der Marktanalyse mit KI-Algorithmen ging mit zunehmender Dauer voll auf. Über mehrere Jahre hinweg erwirtschaftete High-Flyer mit dem eigenen Fonds massive Überrenditen von mehr als 20 Prozent pro Jahr.

Mit dem erwirtschafteten Geld legte Liang den Grundstein für die Forschung an DeepSeek. Heute verwaltet High-Flyer als einer der bedeutendsten Hedgefonds Chinas über 13 Milliarden Dollar.

Sein Charakter

Kollegen beschreiben Liang als «typischen chinesischen Ingenieur». Sein Äusseres sei ihm nicht wichtig, Kleidung und Frisur seien bei Liang zweitrangige Dinge. Er liebe Fussball und treffe Entscheidungen am liebsten datenbasiert und mithilfe von Formeln und Berechnungen. Ein Geschäftspartner sagte gegenüber der Financial Times:

«Als wir ihn zum ersten Mal trafen, war er einfach ein sehr nerdiger Typ mit einem fürchterlichen Haarschnitt, der darüber sprach, ein 10'000-Chip-Cluster zu bauen, um seine eigenen Modelle zu trainieren. Wir haben ihn nicht ernst genommen.»

Trotz seiner Erfolge am Börsenmarkt will der 40-jährige Chinese, der mittlerweile auch «Chinas Sam Altman» genannt wird, nicht als Händler wahrgenommen werden. Viel lieber sei ihm, wenn die Leute ihn als Ingenieur sähen.

Ehemalige Mitarbeitende von High-Flyer beschreiben ihn als teamorientiert. Er wisse zwar, was er wolle und fordere das auch ein, doch gleichzeitig scheut er sich nicht, selbst die Ärmel hochzukrempeln. So habe er manchmal aus Solidarität mit Mitarbeitenden ebenfalls im Büro übernachtet, wenn diese wegen einer Projekt-Deadline unter Zeitdruck kamen.

Sein Antrieb

Mehrfach betonte Liang, dass ihm materieller Reichtum und Ruhm nicht wichtig seien, zuletzt in einem Interview im Jahr 2023. So habe ihn der Erfolg um DeepSeek nach der Veröffentlichung völlig überrascht, gaben Mitarbeitende gegenüber dem «Wall Street Journal» an.

Auf den Hype um DeepSeek sei man nicht vorbereitet gewesen. DeepSeek stürzte nach der Publikation mehrfach ab, weil zu viele Nutzer die Server überlasteten. Liang habe sich mit seinem Team deshalb zurückgezogen, um die enorme Nachfrage zu bewältigen. Danach wolle er eine Pause über die chinesischen Neujahrstage einlegen.

Wenn es Liang nicht um Geld und Ruhm geht, worum denn sonst? Laut Kollegen um die Freude an der Sache – und um Respekt. Er habe einmal gesagt, er wolle sich den Respekt der von den USA angeführten Technologiewelt erarbeiten.

Diesen hat er mit dem Erfolg von DeepSeek nun regelrecht erzwungen.

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58 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Chalbsbratwurst
29.01.2025 09:16registriert Juli 2020
"selbst die Ärmel in die Hand zu nehmen."

Hat da jemand ein neues Sprichwort erfunden? 😉

(Eine Mischung aus "Die Armel hoch krempeln" und "Die Sache in die eigene Hand nehmen")
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Maurmer
29.01.2025 09:29registriert Juni 2021
"Nvidia verlor 600 (!) Milliarden Dollar an Wert"

Aus meiner Sicht sollte man sich mal ernsthaft Gedanken über den Begriff "Wert" machen.
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Kommissar Rizzo
29.01.2025 08:58registriert Mai 2021
*verlor 600 (!) Milliarden Dollar an Wert*

Na gut, "Wert" ist ohnehin relativ. All diese völlig überbewerteten Unternehmen (z.B. auch Tesla, Apple etc.) sind eine Folge der irrsinnigen Geldschwemme im Nachgang der letzten Finanzkrise.
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