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USA und China: Die Zeichen stehen auf Sturm

USA und China: Die Zeichen stehen auf Sturm

Der Ton ist rau, der Streit wird grundsätzlicher und schärfer: Beim ersten Treffen der neuen US-Regierung mit Chinas Herrschern wollen beide Seiten aggressiv auftreten – doch bei einem Thema brauchen sie aneinander.
18.03.2021, 09:4718.03.2021, 11:01
Fabian Reinbold, Washington / t-online
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Ein Artikel von
t-online

Sie treffen sich auf halbem Wege zwischen Peking und Washington : in Anchorage, der grössten Stadt des US-Bundesstaats Alaska . Doch abgesehen vor der Symbolik des Tagungsortes sind keine Kompromisse zu erwarten, wenn nun erstmals Spitzenvertreter der neuen US-Regierung und Chinas aufeinandertreffen.

Im Gegenteil: Die Konfrontation zwischen den beiden Grossmächten spitzt sich an mehreren Fronten zeitgleich zu. Beide sehen sich dabei momentan in einer Position der Stärke – die Zeichen stehen auf Sturm.

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Joe Biden und Xi Jinping 2013 in Peking.Bild: keystone

Donald Trump ist nicht mehr Amt, deshalb wird sich der Ton der Auseinandersetzung wohl etwas abmildern. Nachfolger Joe Biden wird anders als Trump nicht mehr vom «China -Virus» reden, wenn er Corona meint, und die chinesischen Staatsmedien können den smarten US-Aussenminister Antony Blinken nicht so leicht als «Feind der Menschheit» verunglimpfen, wie sie es mit Trumps aggressivem Hardliner Mike Pompeo taten. Doch der Streit zwischen den beiden Grossmächten wird sich auch unter Biden weiter zuspitzen.

Zwei Supermächte streiten um die Vorherrschaft in Wirtschaft und Technologie, bei Ideologie und weltweitem Einfluss.

Zwei Supermächte streiten um alles

Beide sehen das Verhältnis als grundlegende Auseinandersetzung zweier politischer Systeme: Hier Chinas Staatskapitalismus und Einparteienherrschaft, dort die liberale, aber innerlich zerstrittene US-Demokratie. Zwei Supermächte streiten um die Vorherrschaft in Wirtschaft und Technologie, bei Ideologie und weltweitem Einfluss.

Am Donnerstag und Freitag sitzen in Alaska nun ihre aussenpolitischen Vertreter zusammen: für Washington Aussenminister Blinken und Bidens Nationaler Sicherheitsberater Jake Sullivan, für Peking kommen der höchste Aussenpolitiker der Kommunistischen Partei, Yang Jiechi, und der im Machtapparat untergeordnete Aussenminister Wang Yi.

Die Widersprüche der Trump-Jahre

Schon bei der Frage, was dieses Treffen in Alaska überhaupt ist, ist man geteilter Meinung. Die US-Regierung betont, dass es sich um ein einmaliges Treffen handele, bei dem man Tacheles reden wolle. China hingegen spricht von einem «strategischen Dialog».

Die Worte sind hierbei wichtig. Denn einen langfristigen «strategischen Dialog» gab es zwischen den Grossmächten unter den US-Präsidenten George W. Bush und Barack Obama – bis Trump das Format aufkündigte, weil er keine Resultate sah.

Bidens Regierung will Peking nicht den Gefallen tun, diesen langfristigen Dialog wieder formell aufzunehmen.

China ist eines der wenigen Themen, das die zerstrittenen Demokraten und Republikaner eint.

Trumps Kurs gegenüber Peking war voller Widersprüche. Er verhängte schwindelerregend viele Strafzölle, um die Chinesen an den Verhandlungstisch zu bekommen. Doch seinen erhofften grossen Handelsdeal bekam er nicht.

Chinas Präsidenten Xi Jinping trat er lange voller Ehrerbietung gegenüber und gab, wenn der sich beklagte, auch durchaus ganz schnell einmal nach. Zugleich verhängte seine Regierung viele Strafmassnahmen gegen Parteikader, wegen der Verfolgung der Uiguren in Xinjiang oder den Repressionen in Hongkong.

Biden führt harten Kurs fort

Pekings Gesandte wollen in Alaska darauf drängen, dass diese Trump-Massnahmen zurückgenommen werden. Doch Biden denkt überhaupt nicht daran. Die Entrüstung über Chinas Vorgehen und die Sorge vor Pekings Einfluss wird in Washington längst von beiden Parteien geteilt: China ist eines der wenigen Themen, das die zerstrittenen Demokraten und Republikaner eint.

Das bedeutet: Biden will einen harten Kurs fortführen, nur mit anderen Tönen, einer klareren Strategie und mit einer neuen Variablen. Anders als Trump, dem der Kampf gegen die Klimakrise egal war, braucht Biden Peking, um das Pariser Abkommen auszubauen. Doch allzu grosse Zugeständnisse wird er dafür nicht machen.

Schliesslich ist den Amerikanern Chinas aggressiver Kurs unter Staatschef Xi Jinping in der Region ein Dorn im Auge. Kaum war Biden im Amt, liess China die Muskeln gegenüber Taiwan spielen, schickte die Kampfflieger über den Inselstaat.

Die Grenzen werden ausgetestet

Die Amerikaner schickten wiederum prompt einen Zerstörer in die umstrittenen Gewässer. Denn sie sehen mehr als nur eine Provokation, sondern ein Austesten der Grenzen seitens Peking: Zuletzt erstickte China die Demokratiebewegung in Hongkong, liess den US-Verbündeten Australien mit heftigen Strafzöllen und Handelsembargo bestrafen, schickt immer mehr militärisches Gerät in das von vielen Seiten beanspruchten Südchinesische Meer. Peking könne binnen sechs Jahren Taiwan einnehmen wollen, warnte der Befehlshaber der US-Pazifikflotte vergangene Woche den Kongress.

Die Amerikaner verhängten am Mittwoch Sanktionen gegen 24 Chinesen wegen der Hongkong-Politik und sie wollen weitere Strafmassnahmen wegen der Internierung der Uiguren in Xinjiang beschliessen, die Blinken als «Genozid» bezeichnet.

Zudem wollen sie China in der Region isolieren. Das machte die Inszenierung der Woche vor den Alaska-Gesprächen überdeutlich: Erst traf sich Biden per Videoschalte mit den Staatschefs Australiens, Indiens und Japans, die im Indo-Pazifikraum gemeinsam den Chinesen gegenübertreten wollen: «Quad» nennt sich das Format, das wichtiger werden soll.

Feind Nr. 1

Dann reisten Blinken und Pentagon-Chef Lloyd Austin nach Südkorea und Japan – wo sie jeweils mit scharfen Worten Pekings Machtstreben kritisierten. China kritisierte die Äusserungen prompt, unter anderem als Einmischung in innere Angelegenheiten.

In Alaska werden beide Seiten zunächst einmal klare Kante zeigen wollen – auch um daheim gut dazustehen. In China grassiert zunehmend ein nationalistischer Ton, in der Politik wie in den streng überwachten Internet-Foren. In den USA ist die Stimmung gegenüber China ins Negative gekippt.

Als die Meinungsforscher vom Gallup-Institut im Februar 2020 nach Amerikas grösstem Feind fragen, lagen Russland und China gleichauf (23 Prozent bzw. 22 Prozent). Ein Jahr später antworteten 26 Prozent auf dieselbe Frage mit Russland. Der Wert für China schoss auf 45 Prozent in die Höhe – die Volksrepublik gilt in Amerika nun als klarer Feind Nummer eins.

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77 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Max Dick
18.03.2021 10:28registriert Januar 2017
Hoffe Biden gelingt es, Europa klar zu machen, dass der momentane Wischiwaschi-Kurs gegenüber China ein Ende haben muss. Dieses sich über Chinas Menschenrechtsverletzungen empören, aber bei Chinas Expansionsplänen stets Spalier stehen, muss ein Ende haben.
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Pinkerton
18.03.2021 10:37registriert Februar 2019
Die Amerikaner haben wenigstens einen realistischen Blick auf China und seine Machtambitionen.
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Prinzsecond
18.03.2021 10:24registriert Januar 2021
Vergleicht man die entwicklung der Lebenserwartung seit 1960 und die des technologischen Fortschrittes, sowie des weltweiten Einflusses von China mit der der USA, dazu noch die mehr als 4-Fache Bevölkerung und einer Regierung die effizient und vor allem rasch ihren Willen durchsetzen kann, wird sich in den nächsten 30-50 Jahren meiner Meinung nach das Machtverhältnis weiterhin stark zugunsten von China verschieben. Man kann nur hoffen, dass es nicht mit allzu argen militärischen Folgen einher geht....
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