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Pflanzlicher Corona-Impfstoff könnte Entwicklungsländern zugutekommen

Neuer pflanzenbasierter Impfstoff zugelassen – er könnte Entwicklungsländern zugutekommen

Kanada ist das erste Land, in dem man sich mit einem Impfstoff auf Pflanzenbasis gegen Corona immunisieren lassen kann. Woraus der Impfstoff besteht – und was für Vorteile er mit sich bringt.
16.03.2022, 19:1017.03.2022, 09:00
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Das Rennen des ersten Corona-Impfstoffs machte die mRNA-Technologie. Doch die Forschung an Impfstoffen war damit nicht abgeschlossen. Weiterhin wird an alternativen Corona-Impfstoffen geforscht.

Dies hat verschiedene Gründe. Das Coronavirus zirkuliert weiterhin. Die mRNA-Impfstoffe schützen zwar gut vor schweren Verläufen, können aber eine Corona-Infektion nicht ganz verhindern. Und mit jeder Infektion hat das Virus eine neue Gelegenheit, sich genetisch zu verändern. Hinzu kommt, dass das Coronavirus zu jener Sorte der Viren gehört, die anfälliger für Mutationen ist.

Ein weiterer Grund für neue Impfstoffe ist die Lagerung. mRNA-Impfstoffe müssen bei bis zu minus 70 Grad transportiert und gelagert werden. Besonders Entwicklungsländer mit beschränkter Infrastruktur haben Mühe, diese Logistik zu bewältigen.

Pflanzliche Waffe gegen Corona

Nun ist in Kanada ein neuer Impfstoff zugelassen worden, der einfacher zu transportieren und zu lagern ist als die herkömmlichen Impfstoffe von Pfizer und Moderna. Der Impfstoff Covifenz muss nicht bei niedrigen Temperaturen aufbewahrt werden. Er kann laut den Herstellern bei 2 bis 8 Grad gelagert werden. Dies macht ihn besonders in Entwicklungsländern attraktiv.

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Zwei Personen hantieren Corona-Impfstoffe vor einem Kühlraum.Bild: keystone

Und das ist nicht der einzige Unterschied des neuen Impfstoffes. Covifenz besteht aus pflanzlich gezüchteten Proteinen der Tabakpflanze Nicotiana benthamiana. Die schnell wachsende, gezüchtete Pflanze kann in kurzer Zeit grosse Mengen des SARS-CoV-2-Spike-Proteins imitieren. Im Falle von Mutationen lasse sich der Impfstoff laut Angaben der Hersteller relativ einfach anpassen.

Herkömmliche mRNA-Impfstoffe hingegen bestehen aus Chemikalien und Bakterienenzymen. Eine neue Rezeptur im Falle von Mutationen ist komplexer und zeitintensiver.

Weniger wirksam als herkömmliche Impfstoffe

Die klinischen Studien des Impfstoffs mit 24'000 Probanden (56,7 Prozent Frauen und 43,3 Prozent Männer) in sechs Ländern haben eine Wirksamkeit von 71 Prozent aufgezeigt. Zum Vergleich: Der mRNA-Impfstoff von Moderna wies in klinischen Studien eine Wirksamkeit von 94 Prozent auf, jener von Biontech 95 Prozent. Die Studie stamme aus der Zeit, als Omikron zur dominierenden Variante wurde.

Das Vorgehen ist dasselbe. Das Impfschema sieht zwei Dosen im Abstand von drei Wochen vor. Selten sind bei den Studienteilnehmerinnen und Teilnehmern Nebenwirkungen aufgetreten. In wenigen Fällen trat Fieber oder Abgeschlagenheit auf. Die Häufigkeit und der Schweregrad der Nebenwirkungen nahmen nach der zweiten Dosis zu. Die Ergebnisse der Phase-I-Studie sind nun im «Nature Medicine» veröffentlicht worden.

Weltweit erster zugelassener Impfstoff auf Pflanzenbasis

Nachdem die klinischen Studien eine hohe Wirksamkeit nachgewiesen hatten, reichte die kanadische Regierung einen Zulassungsantrag für den neuartigen Wirkstoff ein. Nun hat die Aufsichtsbehörde die Zulassung für den Impfstoff für Personen im Alter von 18 bis 64 Jahren genehmigt. Damit ist dies der erste zugelassene pflanzenbasierte Impfstoff der Welt und der sechste in Kanada zugelassene Impfstoff gegen das Coronavirus.

Das Pharmaunternehmen Medicago hat mit der kanadischen Regierung einen Vertrag über die Produktion von bis zu 76 Millionen Impfdosen abgeschlossen. Laut CEO Takashi Nagao sei man derzeit in Gesprächen über weitere Verträge mit anderen Ländern.

Neuheit unter den Impfstoffen

Die Technologie ist nichts Neues. 1989 tüftelte eine Gruppe von Forschern erstmals an verschiedenen Impfstoffen auf pflanzlicher Basis. Rund zehn Jahre später bescheinigte das National Institute of Allergic and Infectious Diseases (NIAID), dass aus Pflanzen gewonnene Impfstoffe eine ausreichende Immunantwort hervorrufen können.

2005 äusserte sich auch die Weltgesundheitsorganisation (WHO) positiv zu den pflanzenbasierten Impfstoffen, da sie kostengünstig und in grossen Mengen hergestellt werden können. Ausserdem können die Impfungen auch oral oder über die Schleimhäute verabreicht werden, sodass keine Nadeln benötigt werden.

Ein Jahr darauf wurde dann der erste pflanzliche Impfstoff gegen den Virus der Newcastle-Krankheit in den Vereinigten Staaten zugelassen. Es blieb bei der einzigen Zulassung eines pflanzlichen Impfstoffes, kein weiterer schaffte den Durchbruch. Bis auf den neuen Corona-Impfstoff Covifenz in Kanada.

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