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Linksfraktion im deutschen Bundestag beschliesst ihr eigenes Ende

epa10934029 German left-wing politician Sahra Wagenknecht talks to the media after presenting plans for a new political project called 'Alliance Sahra Wagenknecht' in Berlin, Germany, 23 Oct ...
Bild: keystone

Linksfraktion im deutschen Bundestag beschliesst ihr eigenes Ende

14.11.2023, 15:0014.11.2023, 15:11
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Die Linksfraktion im Deutschen Bundestag hat ihre Auflösung zum 6. Dezember beschlossen. Dies teilten Fraktionsmitglieder am Dienstag in Berlin mit. Hintergrund ist der Austritt der früheren Fraktionschefin Sahra Wagenknecht und neun weiterer Abgeordneter aus der Partei die Linke.

Ohne sie verliert die Linksfraktion ihre Mindestgrösse von 37 Abgeordneten und muss liquidiert werden. Für die Linke ist es ein tiefer Einschnitt und für das Parlament sehr ungewöhnlich.

Es wird erwartet, dass nun zwei neue parlamentarische Gruppen entstehen: die verbliebenen 28 Linken-Abgeordneten einerseits und Wagenknecht mit ihren Unterstützern andererseits. Man werde darauf hinarbeiten, dies so schnell wie möglich umzusetzen, sagte Linksfraktionschef Dietmar Bartsch vor der Fraktionssitzung.

Eine Gruppe hat im Vergleich zu einer Fraktion etwas weniger parlamentarische Rechte und bekommt auch weniger finanzielle Unterstützung aus der Staatskasse. Zur Zulassung einer Gruppe und zur Bestimmung von deren Rechten braucht es einen Bundestagsbeschluss.

Politisch ist es für die Linke ein tiefer Einschnitt. Die Linksfraktion hatte sich 2005 gegründet, ein Zusammenschluss der Abgeordneten der ehemaligen ostdeutschen PDS (Ex-SED) und der damals neuen westdeutschen WASG. Beide Parteien fusionierten dann 2007 zur Linken. Nun spaltet sie sich wieder. Wagenknecht möchte Anfang 2024 eine Konkurrenzpartei gründen. Ihr Verein «Bündnis Sahra Wagenknecht» bereitet dies vor und sammelt schon Spenden.

Mehr als 100 Mitarbeitern wird gekündigt

Dass sich eine Bundestagsfraktion während der laufenden Legislatur auflöst, ist in Deutschland neu. Solche «Liquidationen» gab es bisher nur nach Wahlniederlagen. 2013 wurde die FDP-Fraktion im Bundestag liquidiert, als sie bei der Bundestagswhal an der Fünf-Prozent-Hürde scheiterte. 2002 durchlief die Linken-Vorgängerin PDS bereits einmal ein solches Verfahren. Damals schafften nur zwei Direktkandidatinnen den Sprung in den Bundestag.

Weil Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie Räume und Verträge gekündigt werden müssen, kann eine Liquidation Jahre dauern. Die Gründung der neuen parlamentarischen Gruppen kann aber schon vorher beginnen. Sie brauchen Unterstützung der übrigen Fraktionen im Ältestenrat und im Plenum. Übergangsweise werden die bisherigen Mitglieder der Linksfraktion wohl als Einzelabgeordnete im Bundestag sitzen.

Die Linksfraktion erhielt nach Angaben des Bundestags 2022 rund 11,5 Millionen Euro staatlicher Zuwendungen und hatte Personalausgaben von rund 9,3 Millionen Euro. Die Fraktion muss nun allen 108 Mitarbeitern kündigen. Einige von ihnen könnten bei den beiden neuen Gruppen einen Job finden.

(yam/sda/dpa)

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23 Kommentare
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hans gwüsst
14.11.2023 15:44registriert Januar 2016
"Die Linksfraktion erhielt nach Angaben des Bundestags 2022 rund 11,5 Millionen Euro staatlicher Zuwendungen und hatte Personalausgaben von rund 9,3 Millionen Euro. Die Fraktion muss nun allen 108 Mitarbeitern kündigen."

Schon ziemlich eindrückliche Zahlen für eine solch kleine Fraktion.
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Schlosswiler
14.11.2023 18:24registriert Dezember 2019
Heute hat die Fraktion 37 Mitglieder. Und beschäftigt über 100 Mitarbeitende. Also pro Bundestagsabgeordnete:n drei Personen. Das wird bei den anderen Fraktionen nicht anders sein. Was für ein Ballon!
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