Die landesweiten Krawalle in Deutschland an Silvester sind auch eine Woche nach der Jahreswende weiter ein heiss diskutiertes Thema. Nicht nur in Berlin, sondern auch in Hamburg und vielen anderen Städten gab es Angriffe auf Polizei- und Rettungskräfte. Mit einem vier Punkte umfassenden Positionspapier hat die Gewerkschaft der Polizei (GdP) nun zu einer «ehrlichen Debatte» aufgerufen.
Es sei zur gesellschaftlichen Realität geworden, «dass mit unverhohlenem Hass gegen Menschen in Uniform und in Einsatzfahrzeugen vorgegangen wird», heisst es in dem Papier. Diese Gewalt betreffe inzwischen jedoch nicht mehr nur Polizeibeschäftigte, sondern auch Angehörige der Feuerwehr und der Hilfsorganisationen.
Nach Ansicht der GdP hat diese Feindseligkeit vielfältige Ursachen. Gleich in Punkt 1 werden die immer wieder von «bestimmten politischen Kreisen und Politikern» angeschobenen Rassismus-Vorwürfe gegen die Polizei vermerkt. Diese würden nicht nur dem Ansehen schaden, sondern auch dazu führen, dass sich bei Menschen mit Migrationshintergrund das Feindbild Polizei bilde und verfestige.
Zudem schüre Gangsta-Rap Hass gegen die Polizei, wie es unter Punkt 2 heisst. Wer in seinen Texten Gewalt gegenüber der Polizei als heldenhaft darstelle, «ist mitverantwortlich für Gewaltexzesse, wie sie am Silvesterabend 2022 geschehen sind», schreibt die GdP.
Daneben müsse die Clan-Kriminalität stärker bekämpft und verhindert werden, dass falsche Vorbilder entstünden. «So erwecken sogenannte Clan-Grössen durch offen zur Schau gestellten Reichtum, Macht und Einfluss den Eindruck, als könnten sie unbehelligt in einer Parallelgesellschaft tun und lassen, was sie wollten», heisst es unter Punkt 3 in dem Papier.
Und weiter: «Diese höchst zweifelhaften Vorbilder vermitteln innerhalb ihrer Community auch den Eindruck, dass man nur mit Straftaten schnell zu Ansehen und Reichtum gelangen könne.» Abschliessend müsse der Staat konsequente Strafverfolgung betreiben. «Die wahrgenommene Schwäche des Rechtsstaates geht klar zulasten der verletzten Polizeibeschäftigten und der Rettungskräfte», so die GdP.
Auf Basis dieser vier Ursachen beschreibt die Gewerkschaft der Polizei in dem Papier sieben ihrer Ansicht nach brauchbare Lösungswege. Dazu gehöre zunächst eine «offene Debatte über Ursachen und Täterpersönlichkeiten im Zusammenhang mit Gewalt gegen Polizei und Rettungskräfte.» Diese müsse «ohne Scheuklappen und ohne Rassismus-Vorhaltungen» geführt werden. Ausserdem sei es wichtig, dass «alle Akteure» zu Wort kommen.
Zudem brauche es eine «ehrliche» Analyse zum Zustand der Integration in Deutschland. Die GdP appelliert an Familien und Schulen, ihrem Erziehungsauftrag nachzukommen. «Wo dieser nicht mehr umgesetzt werden kann, egal aus welchem Grund, muss dies offen benannt werden.» Ausserdem müssten Lehrkräfte angehört werden, die Integrations- und Akzeptanzprobleme beschreiben.
Darüber hinaus ist die GdP Hamburg der Ansicht, «dass das Leben von Kindern in von Clan-Kriminalität beherrschten Familienstrukturen kindeswohlgefährdend im Sinne des Kinder- und Jugendhilfegesetzes» ist, und fordert die Behörden zu entsprechenden Massnahmen auf.
Ferner sei es notwendig, die Präventionsarbeit in den Quartieren – bei Menschen mit und ohne Migrationshintergrund – zu verstärken, für eine konsequente Strafverfolgung zum Nachteil von Polizeibeschäftigten und Rettungskräften zu sorgen und der Polizei mehr Rückhalt und Unterstützung zu geben, statt eine Rassismus-Debatte zu führen.
Im Zuge dessen thematisiert die GdP Hamburg auch die «Empfehlungen für einen diskriminierungssensiblen Sprachgebrauch» – einen nicht verpflichtenden Sprachleitfaden, den das Berliner Landeskriminalamt (LKA) für Polizisten in der Hauptstadt herausgegeben hat. «Die Polizeibeschäftigten benötigen keine Sprachanleitung unter dem Deckmantel der Diskriminierungsfreiheit», heisst es in dem Papier. Ein Mensch aus dem arabischen Raum sei höchstens geografisch aus Westasien stammend.
(t-online, mkr)