International
Deutschland

Atze Schröder entschuldigt sich bei Holocaust-Überlebender – und weint

Atze Schröder emotional wie nie.
Atze Schröder emotional wie nie.screenshot zdf

Deutscher Komiker Atze Schröder entschuldigt sich bei Holocaust-Überlebender – und weint

07.02.2020, 13:4008.02.2020, 11:50
Mehr «International»

Zu einer emotionalen Situation kam es bei der Sendung von Markus Lanz am Donnerstagabend. Anlässlich des 75. Holocaust-Gedenktages waren die Auschwitz-Überlebende Eva Szepesi und ihre Tochter eingeladen. Mit in der Runde war auch Komiker Atze Schröder, der zunächst auffallend ruhig blieb. Doch dann fing er an, über die Geschichte seiner Familie zu sprechen. Und die hat einen besonderen Bezug zur Holocaust-Überlebenden Eva Szepesi. Am Ende der Sendung entschuldigte er sich bei ihr – und musste weinen.

Die Ungarin Szepesi wurde mit zwölf Jahren aus dem Vernichtungslager befreit. Ihr Bruder und ihre Mutter waren in Auschwitz gestorben.

Atze Schröder beginnt gegen Ende der Sendung damit, von seiner Kindheit zu erzählen. Schon als das Gespräch auf seinen Vater kommt, wird er emotional. Der sei wie «sein bester Kumpel» für ihn gewesen, habe alle Witze gekannt und ihn bei seiner Karriere stets begleitet. Mit 87 sei sein Vater vom Sessel aufgesprungen, habe ihm in die Augen geschaut und die Hand gegeben – anschliessend sei er gestorben. Die Trauer darüber habe er erst drei Jahre später nachgeholt.

Schröder zitiert seinen Vater:

«Alles Unterdrückte steht eines Tages vor deiner Tür und haut dir zur Begrüssung in die Fresse.»

Dann wird er richtig ernst

Neben den positiven Erinnerungen geht Atze Schröder aber auch dahin, wo es wehtut. In der Trauerzeit habe er sich intensiv mit der Familiengeschichte beschäftigt. Jetzt kommen dem Komiker die Tränen hinter seiner blau-getönten Sonnenbrille.

In Richtung der Holocaust-Überlebenden sagt er:

«Ich hätte jetzt fast gesagt, mein Vater stand auf der anderen Seite.»

Der Hintergrund: Sein Vater ist 1924 geboren worden. Mit diesem Geburtsjahr wurde der Vater genau in «der Zeit» gross, erzählt der Komiker. Damit meint er die Nazizeit. Als Jugendlicher sei sein Vater zum Arbeitsdienst und dann als Soldat eingezogen worden. «Ist mit 17 aus dem Haus gegangen und kam mit 30 wieder.»

Nach seiner Rückkehr habe sich sein Vater dazu entschieden, «diese Tür erstmal zu schliessen», ein gutes Leben zu führen.

Aber Atze Schröder erzählt:

«Er hat die schlimmsten Sachen gemacht als Soldat.»

Seine Grossmutter und zwei seiner Onkel hatten deswegen Selbstmord begangen. «Wenn er hier sitzen würde, würde er sich entschuldigen», sagt Atze im Namen seines Vaters. Dann steht Atze weinend auf und reicht Eva Szepesi die Hand. «Es tut mir leid», sagt er zweimal, sichtlich ergriffen.

Eva Szepesi lächelt verständnisvoll und nimmt die Entschuldigung an. Der Komiker betont ernst: «Wir dürfen das nie vergessen.» Dann ist die Sendung zu Ende.

(joey)

DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
twint icon
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Treffen der Schreibtischmörder: Die Teilnehmer an der Wannsee-Konferenz 1942
1 / 18
Treffen der Schreibtischmörder: Die Teilnehmer an der Wannsee-Konferenz 1942
Die Villa in Berlin, in der die Wannsee-Konferenz stattfand. Am 20. Januar 1942 trafen sich hier 15 NS-Vertreter, um die «Endlösung der Judenfrage» zu planen. Kaum einer von ihnen wurde deswegen zur Rechenschaft gezogen. Heute ist das Haus eine Gedenk- und Bildungsstätte.
quelle: dpa dpa-zentralbild / z5466/_britta pedersen
Auf Facebook teilenAuf X teilen
Das Imageproblem des Deutschen Schäferhunds
Video: srf
Das könnte dich auch noch interessieren:
99 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
Die beliebtesten Kommentare
avatar
giandalf the grey
07.02.2020 15:32registriert August 2015
Ich verstehe Atze in diesem Video so gut. Ich bin die 3. Generation in der Schweiz, jegliche Schuld liegt aus meiner Sicht unendlich weit zurück. Aber mein Urgrossvater war Wehrachtsoffizier. Die Verbrechen die er begangen hat mögen zwar mit mir rein gar nichts zu tun haben und niemand würde mir irgendeine Verantwortung zu schreiben, aber ich kann die Verantwortung auch nicht von mir weisen. Nicht Verantwortung im Sinn von "Schuld", aber im Sinn von "Pflicht zu verhindern, dass so etwas jemals wieder geschieht". Wir dürfen diese Erinnerungskultur nie verlieren! Wir dürfen das nicht vergessen!
60236
Melden
Zum Kommentar
avatar
Chrisbe
07.02.2020 14:37registriert Oktober 2019
Mein Dad war Jahrgang 1925, wurde auch als Jugentlicher zum Militär berufen und in den Krieg geschickt. Er war der llebevollste und fürsorglichste Vater den man sich wünschen kann.
Er hat es 1 mal geschafft gegenüber uns Kindern vom Krieg zu erzählen und dabei bitterlich geweint. Er hat es nie verarbeiten können..
Auf meine Frage warum er da 'mitgemacht' hat kam die kurze Antwort: Weil ich sonst sofort erschossen worden wäre, ohne Prozess, ohne Gnade!
45623
Melden
Zum Kommentar
avatar
Amateurschreiber
07.02.2020 14:28registriert August 2018
"Der Zeitzeuge ist der größte Feind des Historikers"

In den letzten Jahren habe ich viel mehr über die Zeit "damals" gelernt, indem ich Interviews mit Zeitzeugen angeschaut habe, als je im Geschichtsunterricht. Ich kann es jedem nur empfehlen: Hört diesen Menschen zu, egal auf welcher Seite sie standen! Und lernt daraus!
32716
Melden
Zum Kommentar
99
Düsteres «Spiel»: In New York werden Frauen auf offener Strasse willkürlich geschlagen
Sie werden am helllichten Tag ins Gesicht geschlagen und erleiden dabei Hirnerschütterungen, Beulen und blaue Augen. Mindestens einen mutmasslichen Frauenschläger hat die Polizei bereits verhaftet.

Es hört sich an, wie eine Szene aus einem schlechten Film. Eine Frau läuft durch die Stadt und wird von einem fremden Mann ins Gesicht geschlagen. Seit ein paar Tagen ist das für junge Frauen in New York die Realität. Auf TikTok zeigen sie ihre Beulen oder ihr blaues Auge. Einige trugen Hirnerschütterungen davon. Wer sie geschlagen hat und warum, wissen sie nicht. Die Angriffsserie sorgt landesweit für Aufsehen. Bei vielen Amerikanerinnen und Amerikanern wecken die Vorfälle böse Erinnerungen an ein «Spiel».

Zur Story