Nach deutlicher Kritik auch aus den eigenen Reihen an seinen AfD-Äusserungen hat der Chef der deutschen Christdemokraten, Friedrich Merz, eine Kooperation mit den Rechtspopulisten in den Kommunen klar abgelehnt.
Er schrieb am Montag auf Twitter: «Um es noch einmal klarzustellen, und ich habe es nie anders gesagt: Die Beschlusslage der CDU gilt. Es wird auch auf kommunaler Ebene keine Zusammenarbeit der CDU mit der AfD geben.» Äusserungen von Merz am Tag zuvor im ZDF-Sommerinterview waren anders interpretiert worden.
Der Oppositionsführer im Bundestag teilte am Montag der Deutschen Presse-Agentur in Berlin zudem mit, die Union sage den Wählerinnen und Wählern ganz klar, dass jede Stimme für die AfD eine verlorene Stimme sei, weil sie am Ende Rot-Rot-Grün oder Ampel-Regierungen möglich mache. «Richtig ist aber auch: In den Kommunen fällt die Umsetzung nicht überall so leicht wie in den Landtagen, im Bundestag oder im Europaparlament.» Allein darauf habe er im Sommerinterview hingewiesen.
Dort sagte Merz am Sonntag, Kommunalpolitik sei etwas anderes als Landes- und Bundespolitik. Wenn jetzt in Thüringen ein Landrat und in Sachsen-Anhalt ein Bürgermeister von der AfD gewählt worden sei, dann seien das demokratische Wahlen. «Das haben wir doch zu akzeptieren. Und natürlich muss in den Kommunalparlamenten dann auch nach Wegen gesucht werden, wie man gemeinsam die Stadt, das Land, den Landkreis gestaltet.»
Die AfD (Alternative für Deutschland) wird vom Bundesamt für Verfassungsschutz (deutscher Inlandsgeheimdienst) als rechtsextremistischer Verdachtsfall eingestuft. In Umfragen kommt sie derzeit deutschlandweit auf bis zu 22 Prozent. Das ist gut doppelt so viel wie ihr Ergebnis bei der Bundestagswahl 2021.
Für sein Sommerinterview zog sich Merz Kritik auch in den eigenen Reihen zu - etwa bei den Wahlkämpfern in Hessen und Bayern, wo im Oktober neue Landtage gewählt werden. «Für die CDU Hessen kann ich sehr klar sagen, dass die Brandmauer ganz klar steht. Das sind keine Partner von uns, mit denen arbeiten wir nicht zusammen», sagte Hessens Ministerpräsident Boris Rhein (CDU) im ZDF-«Morgenmagazin».
Eine ähnliche Ansage kam von der Schwesterpartei CSU aus München: «Wir sind ganz klar gegen jede Form der Kooperation mit der AfD, egal ob auf europäischer, auf Bundes-, auf Landes- oder gar auf kommunaler Ebene», sagte Parteichef Markus Söder nach einer Vorstandssitzung. Er betonte: «Ein Nein heisst ein Nein.» Da gebe es keine Relativierung.
In einem Beschluss des CDU-Parteivorstands von 2019 heisst es: «Jeder, der in der CDU für eine Annäherung oder gar Zusammenarbeit mit der AfD plädiert, muss wissen, dass er sich einer Partei annähert, die rechtsextremes Gedankengut, Antisemitismus und Rassismus in ihren Reihen bewusst duldet. (...). Die CDU lehnt jegliche Koalitionen oder ähnliche Formen der Zusammenarbeit mit der AfD ab.»
Der AfD-Vorsitzende Tino Chrupalla schrieb zu der Debatte auf Twitter: «Nun fallen erste Steine aus der schwarz-grünen Brandmauer. In Ländern und Bund werden wir die Mauer gemeinsam niederreissen. Gewinner werden die Bürger sein, die Wohlstand, Freiheit und Sicherheit durch interessengeleitete Politik wiedergewinnen.»
SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert wertete die Äusserungen des CDU-Chefs am Montag als «Tabubruch». Er sprach im ZDF-«Morgenmagazin» von einem Kurswechsel, den Merz offensichtlich für die CDU anstrebe. Es sei jetzt Zeit für einen «Richtungsstreit in der CDU».
Die Grünen-Vorsitzende Ricarda Lang sagte in der ARD: «Erst reduziert er diese Partei auf eine bessere Alternative für Deutschland und jetzt baut er die Brandmauer - die ja selbst von der Union immer wieder beschworen wurde - ein kleines Stück ab.» Linken-Chef Martin Schirdewan warf Merz einen «offenen Flirt mit der extremen Rechten» vor.
Der neue CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann verteidigte Merz dagegen: Für die CDU sei klar, dass es «keine Zusammenarbeit mit der AfD» gebe, «egal auf welcher Ebene», sagte er der «Bild». «Das sieht auch Friedrich Merz so, wenngleich er zu Recht auf die schwierige Umsetzung vor Ort hinweist. Denn wenn es im Kommunalparlament etwa um eine neue Kita geht, können wir nicht nur deshalb dagegen stimmen, weil die AfD mitstimmt. Wir machen uns von Rechtsradikalen nicht abhängig.»
(yam/sda/dpa)