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Staatsschutz ermittelt nach Angriff «heute-show»

Die Polizei nahm nach dem Angriff mehrere Verdächtige fest.
Die Polizei nahm nach dem Angriff mehrere Verdächtige fest. bild: zdf

«Mit Totschlägern attackiert»: Staatsschutz ermittelt nach Angriff auf «heute-show»-Team

02.05.2020, 20:2403.05.2020, 13:35
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Nach der Attacke auf ein Kamerateam der ZDF-Satiresendung «heute-show» am Maifeiertag in Berlin ermittelt der Staatsschutz. Das sagte Berlins Polizeipräsidentin Barbara Slowik am Samstag im RBB-Inforadio. Zu weiteren Erkenntnissen, etwa dem politischen Hintergrund der Täter, wollte sie sich wegen der laufenden Ermittlungen nicht äussern. «Das war ein durchaus wirklich feiger Angriff», sagte Slowik.

Zunächst waren sechs Tatverdächtige festgenommen worden, die nach dpa-Informationen dem linken Spektrum zuzurechnen sind. Am Samstag wurden sie jedoch wieder auf freien Fuss gesetzt. Es sei kein Haftbefehl erlassen worden, teilte die Generalstaatsanwaltschaft Berlin am Abend mit. Bei vier der Festgenommenen habe kein dringender Tatverdacht vorgelegen, bei zwei seien keine Haftgründe gegeben gewesen.

Das siebenköpfige ZDF-Team hatte am Freitagnachmittag bei einer Demonstration gegen die Corona-Regeln, an der auch Rechtspopulisten und Anhänger von Verschwörungstheorien teilgenommen hatten, gefilmt. Auf dem Rückweg zu ihren Fahrzeugen wurden sie laut Polizei von 20 bis 25 Vermummten angegriffen. Die Angreifer traten demnach nach ersten Erkenntnissen das Team und schlugen es mit einer Metallstange. In der Nähe des Tatorts in der Rochstrasse - nahe Hackeschen Höfen und Alexanderplatz gelegen - nahmen Polizisten die sechs Verdächtigen in Gewahrsam.

Opfer im Krankenhaus behandelt

Der Redakteur, der Kameramann und der Kameraassistent sowie drei Security-Mitarbeiter, die das Kamerateam begleitet hatten, mussten im Krankenhaus behandelt werden, wie das ZDF am Samstag mitteilte. Eine Polizeisprecherin hatte zunächst von vier Verletzten gesprochen. Alle sechs hätten das Krankenhaus bereits am Freitag wieder verlassen, hiess es weiter vom ZDF.

Reporter Abdelkarim, der bei dem Angriff unverletzt blieb, bedankte sich am Samstag auf Twitter bei den Sicherheitsleuten, Zeugen, Polizisten und Rettungssanitätern für ihre Hilfe. «Nach Einschätzung eines Sicherheitsmannes hatten wir Glück im Unglück. Das Ganze hätte auch viel tragischer enden können», schrieb er.

Die Angreifer seien mit Totschlägern auf das Team losgegangen, zitierte das ZDF Harald Ortmann, den Geschäftsführer der beteiligten Produktionsfirma. Für den Dreh seien vorab drei Sicherheitsleute engagiert worden, erklärte Ortmann demnach. Mittlerweile sei dies bei Filmdrehs bei Demonstrationen Standard. Sie seien schwer verletzt worden, als sie dem Tonassistenten und dem Kameramann helfen wollten, sagte Ortmann. «Unserem Tonassistenten wurde ins Gesicht getreten - mit einer Brutalität, mit der man in Kauf genommen hat, dass es ein Mensch nicht überlebt.»

Der Vorsitzende des Deutschen Journalistenverbands, Frank Überall, nannte den Überfall am Freitag einen Angriff auf die Pressefreiheit. Ähnlich hatte zuvor ZDF-Programmdirektor Norbert Himmler den Angriff verurteilt. «Die Pressefreiheit ist - gerade in diesen Tagen - ein hohes Gut. Unsere Sorge gilt nun jedoch zuallererst den Teammitgliedern und ihrer Gesundheit.»

Politiker entsetzt

Auch zahlreiche Politiker äusserten sich zu dem Vorfall. Aussenminister Heiko Maas (SPD) wünschte dem Team bei Twitter gute Besserung. «Wir stehen an Eurer Seite! Lasst Euch Euren Humor und Eure Leidenschaft nicht nehmen von feigen Gewalttätern», schrieb er weiter.

CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak äusserte: «Ich bin fassungslos über den feigen Angriff auf das Team der heute-show und damit auch auf die Pressefreiheit in unserem Land. Den Verletzten wünsche ich eine baldige Genesung!» Der rheinländische AfD-Fraktionsvorsitzende Uwe Junge teilte einen Bericht mit den Worten: «Geht gar nicht! Schonungslose Aufklärung und umfassende Berichterstattung, bitte!» Andere Menschen kommentierten Berichte zustimmend: «Ich gehe davon aus, dass sie es verdient hatten», hiess es etwa. (sda/dpa)

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64 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Unicron
02.05.2020 20:32registriert November 2016
Ich möchte gerne all den Verschwörungsheinis hier in den Kommentaren mitteilen: d Das sind eure Leute. Das ist eure Schuld. Ihr tretet für die Sache von diesen Menschen ein.
Hört auf zu versuchen die Gesellschaft zu Spalten nur weil ihr denkt eine Wahrheit zu kennen die sonst niemand weiss.

Auch wenn ihr nicht einverstanden seid mit dem Kurs, ihr werdet es nicht ändern können, haltet einfach die Füsse still und wartet bis alles vorbei ist, dann könnt ihr von mir aus die nächsten 20 Jahre sagen "ich habe es doch gesagt".
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Victor Paulsen
03.05.2020 00:36registriert April 2019
Ein Angriff auf ein solches kritisches Satire Team, dazu noch vom ZDF, ist ein neues kapitel von Gewalt durch politextremisten in deutschland, bei dem alle gehofft hätten, dass es nicht so weit kommen würde. Das ist eine Schande.
Gute Besserung an alle.
Ich hoffe, dass die Sendung nicht zu sehr darunter leidet, denn das war wohl die Absicht der Angreifer
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Don Alejandro
02.05.2020 21:48registriert August 2015
Wie begegnet man solchen Hornochsen? Die Corona Krise ist ein Katalysator für solche Wahrheitsverdreher. Es gibt keine Deutungshoheit von Fakten. Fakten sind Fakten. Man kann diese sehr wohl nivelliert interpretieren. Wer aber sagt, dass Corona nur eine normale Grippe sei oder gar erfunden, so dass im Westen ein Polizeistast aufgebaut würde, der hat definitiv eine an der Waffel. Das ist borniert, dumm und lässt auf eine sehr einfach gestrickte Intelligenz schliessen. Wer würde ernsthaft seine Zeit mit Holocaust Lügner verschwenden? Zumindest in eine Vorstufe muss man diese Idioten einordnen.
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