Drohnen-Alarm in Kopenhagen und Oslo – Ministerpräsidentin spricht von «Anschlag»
Darum geht es
Sowohl der Flughafen der dänischen Hauptstadt Kopenhagen als auch jener des norwegischen Pendants Oslo wurde in der Nacht auf Dienstag zeitweise gesperrt, weil Drohnen über den Flugplätzen flogen. Zwischenzeitlich wurden die Sperrungen aufgehoben, es kommt aber weiter zu gewissen Einschränkungen. Wer die Drohnen steuerte, ist unklar.
«Das sagt etwas darüber aus, in was für einer Zeit wir leben und worauf wir als Gesellschaft vorbereitet sein müssen», hiess es von der Regierungschefin. «Wir schliessen natürlich keine Option aus, wer dahintersteckt», schränkte sie ein. Es sei aber klar, dass dies mit den Entwicklungen übereinstimme, die man in jüngster Zeit bei anderen Drohnenangriffen, Luftraumverletzungen und Hackerangriffen auf europäische Flughäfen habe beobachten können. (sda/dpa)
Der Fall Kopenhagen
Dänemarks Hauptstadtflughafen Kopenhagen-Kastrup zählt neben Stockholm-Arlanda und Oslo-Gardermoen zu den grössten Airports Skandinaviens. Täglich fliegen von dort aus auch Passagiermaschinen in zahlreiche europäische Städte.
Am Abend musste der Flugverkehr aber komplett eingestellt werden, weil nach Angaben der Kopenhagener Polizei in der Gegend zwei bis drei grosse Drohnen aufgefallen waren. Ankommende Flüge wurden umgeleitet, einige Abflüge gestrichen.
Rund 100 Flüge mussten nach Flughafenangaben in Verbindung mit der Drohnensichtung gestrichen werden. Rund 20'000 Passagiere waren insgesamt betroffen, wie Vertreter des Flughafens und der dänischen Flugsicherheit auf der Pressekonferenz sagten.
Nach knapp vier Stunden wurde der Flugverkehr wieder freigegeben. Es werde weiter Verspätungen und Ausfälle geben, teilte der Flughafen Kopenhagen in der Nacht auf seiner Internetseite mit.
Eine konkrete Gefahrensituation für Menschen gab es nicht.
Hier fliegen die Drohnen über Kopenhagens Flughafen:
Der Fall Oslo
Später in der Nacht wurden auch am Flughafen in Oslo Drohnen gesichtet, wie der norwegische Sender NRK berichtete. Unter Berufung auf den Betreiber Avinor hiess es zunächst, sowohl der Flughafen als auch der Luftraum über Oslo seien gesperrt. Ankommende Flüge wurden laut einer Flughafensprecherin umgeleitet.
Der Osloer Flughafen war rund dreieinhalb Stunden später wieder freigegeben worden. Die norwegischen Ermittler prüfen, inwieweit es einen Bezug zu den Drohnen in Kopenhagen gibt.
Wer steckt hinter den Drohnenflügen?
Das ist weiterhin unklar. Die dänische Polizei konnte weder den Typ noch die genau Anzahl an Drohnen feststellen. Gegenüber Reportern gab ein Sprecher am frühen Dienstagmorgen aber an, dass die Drohnen wahrscheinlich von «erfahrenen» Piloten, die mutmasslich «angeben» und ihre Fähigkeiten demonstrieren wollten, gesteuert wurden.
Man gehe unter anderem mit Blick auf Anzahl und Grösse der Drohnen sowie Zeitpunkt des Vorfalls davon aus, dass es sich vermutlich um einen «fähigen Akteur» handeln müsse, sagte der leitende Ermittler der Kopenhagener Polizei, Jens Jespersen, am Morgen auf einer Pressekonferenz.
Damit sei ein Akteur gemeint, der die Fähigkeiten, den Willen und die Werkzeuge dazu habe, so etwas zu bewerkstelligen – vielleicht auch lediglich zu Übungszwecken, sagte Jespersen. Wer genau dieser Akteur sein könnte, wisse er nicht. Auf die Frage, inwieweit Russland seine Hände im Spiel haben könnte, antwortete er: «Dazu kann ich nichts sagen. Ich weiss es einfach nicht.» Eine konkrete Gefahrensituation für Menschen habe es nicht gegeben.
Die dänische Polizei gab an, Massnahmen getroffen zu haben, um einen erneuten Vorfall zu verhindern. Um was für Massnahmen es sich handelt, liess sie offen. Ermittlungen zur Identifzierung von Piloten und dem Drohnentyp liefen.
Der Elefant im Raum
Europa reagiert derzeit sensibel auf solche Meldungen, was auf jüngste russische Luftraumverletzungen in Osteuropa zurückzuführen ist. Doch dass auch im aktuellen Fall in Skandinavien die russische Regierung ihre Finger im Spiel hat, dafür gibt es keine Belege. Auf eine entsprechende Reporterfrage in Kopenhagen, antwortete der zuständige Polizeiinspektor Jakob Hansen, er könne dies weder bestätigen noch dementieren.
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat auf Social Media eine «Verletzung des Nato-Luftraums» durch Russland erwähnt. Er nannte jedoch keine Quellen für diese Information.
«Besondere Aufmerksamkeit haben wir den Verletzungen des Luftraums von Nato-Mitgliedstaaten durch Russland gewidmet, insbesondere am 22. September in Kopenhagen», berichtete er über ein Gespräch mit der Chefin des Internationalen Währungsfonds (IWF), Kristalina Georgieva, in New York. «Wenn es keine entschlossene Reaktion der verbündeten Staaten und Institutionen auf aggressive Provokationen gibt, wird Russland diese fortsetzen», schrieb Selenskyj auf Telegram.
Auch für einen Zusammenhang zwischen den beiden Fällen in Kopenhagen und Oslo gibt es nach aktuellem Stand keine Belege.
Cyberangriff am Wochenende
Für Verunsicherung sorgte am Wochenende auch ein Cyberangriff auf einen IT-Dienstleister, der zu Beeinträchtigungen an mehreren europäischen Flughäfen geführt hat. Darunter waren die Flughäfen Berlin, Brüssel, London Heathrow und Dublin. Die Probleme hielten am Montag teilweise noch an. Auch bei diesem Vorfall ist nicht klar, wer genau dahintersteckte.
(sda/dpa/con/rbu)