Für die deutschlandweiten Evakuierungen von Schulen und Einsätze von Polizei mit Spürhunden ist mutmasslich eine kleine Gruppe deutscher Internet-Trolle verantwortlich. In den vergangenen Tagen hatten deutschlandweit Schulen, aber auch andere öffentliche Einrichtungen wie Flughäfen oder Rathäuser geräumt werden müssen, nachdem zuvor Anschlagsankündigungen eingegangen waren. In E-Mails war vielfach eine Verbindung zum Gaza-Krieg hergestellt worden. Doch zumindest beim Grossteil der Drohungen gibt es die nicht.
Das deutsche Bundesinnenministerium hatte das bereits zuvor explizit angedeutet: Es sei noch nicht abschliessend zu bewerten, «ob es sich möglicherweise um Trittbrettfahrer handelt, die sich zur Verstärkung der Wirksamkeit ihrer Drohungen als Hamas bezeichnen». Dafür spricht nun auch, dass es Bombendrohungen vermeintlicher israelischer Extremisten auf Hebräisch gegeben hat.
Wie das Fernsehmagazin «Kontraste» und «Der Spiegel» aus Ermittlerkreisen berichten, hält die Berliner Polizei die Schreiben in Fällen, in denen sie ermittelt, für eine Aktion von Trittbrettfahrern. In den einzelnen Bundesländern ermitteln Polizeien wegen der Serie von Anschlagsdrohungen unabhängig, eine zentrale Ermittlung gibt es bisher offenbar nicht.
Die heisseste Spur zu den mutmasslichen Tätern hat offenbar eine mit dem Pseudonym «N3ll4» auftretende Hacktivistin geliefert. Nach ihren Angaben hat sie der Polizei Kommunikation aus dem inneren Kreis der Gruppe zur Verfügung gestellt und war zu einer mehrstündigen Vernehmung mit Spezialisten von zwei Landeskriminalämtern. Eine Bestätigung der Polizei bekam t-online dafür am Freitagabend zunächst nicht. Die Gruppe ist «N3ll4» offenbar bei früheren Recherchen schon aufgefallen.
In der Kommunikation, die t-online vorliegt, berichtet ein mutmassliches Mitglied der Gruppe, dass die Mails weniger öffentliche Aufmerksamkeit erregt hätten, als man sie als vermeintliche Drohungen von israelischen Extremisten ausgegeben habe. Dabei habe man für den Text extra einen Muttersprachler gesucht. Am 21. Oktober um kurz nach 18 Uhr waren diverse palästinensische und pro-palästinensische Einrichtungen mit Anschlagsdrohungen angeschrieben worden. Erst mit dem Versand als Drohmails der Hamas habe man so richtig Aufmerksamkeit bekommen.
Besprochen wurde offenbar auch, ob Schulen allein genug Aufmerksamkeit erregen und man noch andere «Targets» reinmischen müsse. Aus der Kommunikation geht hervor, dass es der Gruppe vordringlich darum geht, mit der Aktion aufzufallen. Besondere politische Motive verfolgen die mutmasslich Beteiligten offenbar nicht. Der Vorschlag, Krankenhäuser anzugreifen, wurde verworfen, das könne Menschenleben kosten.
Wenn sich die Vorwürfe bestätigen, drohen den Beteiligten bis zu drei Jahre Haft, sofern ihre Mails mit falschen Bombendrohungen als «Störung des öffentlichen Friedens durch Androhung von Straftaten» gewertet werden.
Verwendete Quellen:
Täter aufgreifen, Vorgehen den Tätern nachweisen, Täter verurteilen. Und das halt so schnell wie möglich.