«Europäische Nationen verfallen»: Trump holt zum Rundumschlag aus
Der amerikanische Präsident wütet weiter gegen Europa. «Die meisten europäischen Nationen verfallen», giftet Donald Trump. Für diese Entwicklung verantwortlich macht er Europas Spitzenpolitiker. «Sie sind schwach», sagte Trump in einem am Dienstag veröffentlichten Interview mit der Publikation «Politico», die zum deutschen Axel-Springer-Konzern gehört.
Und weiter sagte Trump: Die führenden Politiker Europas stoppten die Desintegration des alten Kontinents nicht, weil sie «unbedingt politisch korrekt» sein wollten. «Sie wissen nicht, was sie tun sollen. Europa weiss nicht, was es tun soll» – wobei der 1946 geborene US-Präsident mit dem Begriff Europa wohl Westeuropa meint, den Kern der Europäischen Union.
Diese Kritik Trumps bezieht sich vor allem auf die europäische Einwanderungspolitik, die «ein Desaster» sei. Das Weisse Haus ist der Meinung, dass die Europäische Union zu grosszügig mit Migranten umgehe – so ist das auch in der am vorigen Donnerstag publizierten neuen Sicherheitsstrategie der USA nachzulesen.
Trump sagte dazu: Europa sei «einer der grossartigsten Orte der Welt, und sie erlauben es einfach, dass Menschen unkontrolliert hereinkommen, ohne jede Kontrolle, ohne jede Überprüfung.» Er finde deshalb, dass Europa sämtliche Menschen ausschaffen solle, die ohne gültige Papiere eingereist seien.
Diese Thesen illustrierte Trump am Beispiel zweier europäischen Nationen. So sagte er über Schweden: «Ich liebe Schweden. Ich liebe die Menschen in Schweden. Aber sie sind von einem praktisch kriminalitätsfreien Land zu einem Land geworden, das jetzt sehr viel Kriminalität hat.» (Zum Vergleich: In Schweden wurden 2024 insgesamt 92 Menschen ermordet; allein in der amerikanischen Hauptstadt Washington starben im vorigen Jahr 187 Menschen eines gewaltsamen Todes.)
Und über Deutschland, dem Heimatland seiner Vorfahren, sagte der amerikanische Präsident: «Schauen Sie nach Deutschland. Deutschland war faktisch kriminalitätsfrei, und Angela hat zwei grosse Fehler gemacht: Migration und Energie. Und das waren zwei echte Augenweiden.»
Kritik an Zuständen in London und Paris
Das sind offensichtlich keine Aussagen von Trump, die auf neuen Daten berufen, verliess Angela Merkel doch vor mehr als vier Jahren das Bundeskanzleramt in Berlin. Sie zeigen aber, wie der amerikanische Präsident tickt. Wenn er einmal zu einem Thema eine Meinung gefasst hat – was häufig geschieht, wenn er Fernsehen schaut oder mit einem engen Berater spricht – dann lässt er sich auch nicht von der Realität beeindrucken.
So reiste Trump vor drei Monaten nach Grossbritannien, wo er während eines Staatsbesuchs auch von König Charles III. empfangen wurde. Der amerikanische Präsident, ein Mitglied der Republikanischen Partei, war sichtlich begeistert über den Pomp und den Prunk in der Hauptstadt des britischen Königsreichs.
Und doch sagte er nun im Interview mit «Politico»: «Ich hasse, was aus London geworden ist.» Daran schuld habe Sadiq Khan, der Stadtpräsident der Millionen-Metropole, der in den Augen des Amerikaners «eine völlig andere Ideologie» hat, «als er eigentlich haben sollte. Khan sei ein Desaster, sagte Trump. Und der Sohn von Migranten aus Pakistan werde nur deshalb gewählt, «weil so viele Menschen zugezogen sind.»
Auch Paris gefällt Trump nicht mehr. Im vorigen Dezember, als er auf Einladung von Präsident Emmanuel Macron an der feierlichen Wiederöffnung der Kathedrale Notre-Dame teilgenommen hatte, zeigte er sich noch begeistert über die Atmosphäre in der französischen Hauptstadt. Nun sagte er: «Ich hasse, was aus Paris geworden ist. Ich hasse es, das zu sehen.»
«Die Europäer sollten etwas dagegen unternehmen»
Auf die Frage, was Europa denn tun müsse, um diese Entwicklung zu stoppen, sagte Trump: «Alles, was ich sehen möchte, ist ein starkes Europa.» Er gelte nicht nur «als sehr kluger Mensch» und habe «ein gewaltiges Wissen»; als amerikanischer Präsident bekomme er auch Berichte zu Augen, die niemals publik würden.
Und deshalb wisse er, dass Europa, «so wie wir es kennen», in Gefahr sei. «Europa könnte ein völlig anderer Ort werden», sagte Trump. «Und ich denke, die Europäer sollten etwas dagegen unternehmen.» In der neuen Sicherheitsstrategie ist die Rede von «patriotischen Parteien» und deren positiven Einfluss auf die Stimmungslage in Europa.
Dazu passt, dass Trump nur einen amtierenden Staats- und Regierungschef der Europäischen Union namentlich erwähnte: Den ungarische Ministerpräsident Viktor Orban, dessen Wiederwahl er unterstützt. (aargauerzeitung.ch/ val)
