Mehr als 1500 Klimaaktivisten sind am Samstagmorgen in Ostdeutschland in mehrere Braunkohle-Tagebaue eingedrungen. Wie die Organisation «Ende Gelände» mitteilte, gelangten gegen 9 Uhr gut tausend Demonstranten in die Tagebaue Welzow-Süd in Brandenburg sowie Vereinigtes Schleenhain im Grenzgebiet zwischen Sachsen und Sachsen-Anhalt bei Leipzig.
Weitere knapp tausend Aktivisten beteiligten sich demnach seit 8 Uhr an Aktionen in und um den brandenburgischen Tagebau Jänschwalde.
Insgesamt waren den Angaben von Ende Gelände zufolge rund 4000 Aktivisten unterwegs, um die Infrastruktur in den Braunkohlerevieren Lausitz und im Raum Leipzig zu blockieren. Sie wollen damit gegen die aus ihrer Sicht unzureichende Klimapolitik der Bundesregierung protestieren. In Jänschwalde drangen demnach rund 500 Demonstranten in den Tagebau ein, weitere 450 blockierten eine Kohlebahn, die mit dem Braunkohlekraftwerk Jänschwalde verbunden ist.
Wir blockieren an weit voneinander entfernten Orten in zwei Revieren. Der Finger Lila/Orange sendet deshalb in Gebärdensprache Soligrüße von der Schienenblockade bei Teichland an Bunt und @AntiKohleKidz. #BurnBarriersNotCoal #EndeGelaende #AlleGegenKohle https://t.co/Q1VpQBBJWL
— Ende Gelände (@Ende__Gelaende) November 30, 2019
«Wir befinden uns an einem kritischen Punkt – das Zeitfenster, um die Klimakrise zu stoppen, schliesst sich rapide», erklärte Sprecher Johnny Parks. Nach den bundesweiten Klimaprotesten am Freitag gehe die Bewegung nun einen Schritt weiter und leiste zivilen Ungehorsam, fügte Sprecherin Sina Reisch hinzu. «Während wir handeln, diskutiert die Bundesregierung ein vollkommen unzureichendes Kohleausstiegsgesetz. Leider hat dieses politische Versagen System.»
+++ Grün und @AntiKohleKidz blockieren Kohlebahn +++ Der bunte Finger ist am Blockadepunkt bei Grün und AKK +++ #EndeGelaende #AlleGegenKohle pic.twitter.com/iLzKSTxn3t
— Ende Gelände (@Ende__Gelaende) November 30, 2019
Reisch forderte aber nicht nur einen schnellen, sondern auch einen «sozial gerechten Strukturwandel» in der Lausitz. «Der dringend notwendige Kohleausstieg darf nicht auf dem Rücken der Beschäftigten umgesetzt werden», sagte die Sprecherin. Das zur Abfederung des Strukturwandels vorgesehene Geld in Milliardenhöhe müsse «wirklich der Region und den dort lebenden Menschen zugute kommen» und dürfe nicht «den Kohlekonzernen den Kohleausstieg vergolden».
Der Braunkohletagebau Jänschwalde befindet sich wegen fehlender Umweltverträglichkeitsprüfungen derzeit auf gerichtliche Anordnung hin in einem sogenannten Sicherheitsbetrieb. «Mit unserer heutigen Aktion zeigen wir, dass der Tagebau dauerhaft stillgelegt werden muss», sagte Ende-Gelände-Sprecher Parks. Das Kraftwerk Jänschwalde gilt als eines der klimaschädlichsten in Europa.
Bei Klimaprotesten in ganz Deutschland waren am Freitag nach Veranstalterangaben mehr als 600'000 Menschen auf die Strasse gegangen. Die hauptsächlich von Schülern und Studierenden getragene Bewegung Fridays for Future fordert eine grundlegende Überarbeitung des Klimapakets der Bundesregierung und einen schnelleren Kohleausstieg.
Vor dem Protest-Wochenende des Bündnisses «Ende Gelände» in der Lausitz hatte ein Foto von Polizisten die ohnehin angespannte Stimmung zusätzlich angeheizt, wie tagesspiegel.de berichtete. Das Foto zeigte Beamte, die in der Nähe von Cottbus vor einer Wand posierten, auf der in grossen Buchstaben gepinselt stand: «Stoppt Ende Gelände». Dazu ein Krebs. Das Foto sei in einer rechtsextremen Telegram-Chatgruppe verbreitet worden, in der seit Tagen zu gewaltsamen Aktionen gegen Klimaaktivisten aufgerufen wurde.
(dsc/sda/afp)
Der ganze Energiesektor muss so schnell wie möglich auf erneuerbare Energie umgerüstet werden. Es wird viel kosten, aber es kostet mehr, wenn wir nicht handeln.