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Spaniens Regierungschef Mariano Rajoy droht am Freitag im Parlament die Abwahl.

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Für ihn wird es im Parlament immer ungemütlicher: Spaniens Minsterpräsident Mariano Rajoy.Bild: EPA/EFE

Am Freitag droht Spaniens Regierungschef Rajoy wegen einer Korruptionsaffäre die Abwahl

31.05.2018, 22:13
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Spaniens Regierungschef Mariano Rajoy droht am Freitag im Parlament die Abwahl. Mit den Stimmen der baskischen Nationalisten dürfte die erforderliche Mehrheit erreicht werden.

Die fünf Abgeordneten der baskischen Nationalisten (PNV) erklärten am Donnerstag, sie würden dem von den oppositionellen Sozialisten (PSOE) eingebrachten Misstrauensantrag zustimmen. Damit dürfte die erforderliche absolute Mehrheit von 176 der insgesamt 350 Abgeordneten erreicht werden.

Bei einer Abwahl des rechtskonservativen Rajoy würde ihm PSOE-Chef Pedro Sánchez umgehend im Amt folgen. Der PNV-Fraktionsvorsitzende Aitor Esteban sagte während der Parlamentsdebatte, ein Ja zu dem Antrag entspreche dem, was die baskischen Bürger mehrheitlich wollten.

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Will Rajoy ablösen: Pedro Sánchez von den Sozialisten.Bild: EPA/EFE

Sánchez, dessen Partei über 84 Abgeordnete verfügt, hat ausser der Linkspartei Podemos mit ihren 67 Abgeordneten auch kleinere Parteien wie die katalanischen Regionalisten hinter sich versammelt und kann mit 180 Stimmen für seinen Misstrauensantrag rechnen.

Ciudadanos wollen Neuwahlen

Das Baskenland wird aus einer Koalition von PNV und PSOE regiert. Die Baskenpartei hatte auf der gesamtstaatlichen Ebene Rajoy aber dabei geholfen, das Budget 2018 im Parlament durchzubringen.

Die liberale Oppositionspartei Ciudadanos, welche die Regierung Rajoy bisher unterstützte, will nicht für den Misstrauensantrag stimmen. Sie drängt den Ministerpräsidenten aber zum Rücktritt und fordert Neuwahlen.

Sánchez sagte während der Parlamentsdebatte, Rajoy, der jeglichen Gedanken an einen Rücktritt ablehnt, habe nach den Urteilen in dem Korruptionsskandal um dessen konservative Partei PP vergangen Woche jede Glaubwürdigkeit verloren.

Kein vorzeitiger Rücktritt

Weiter im Amt zu bleiben wäre «schädlich und eine Last nicht nur für Spanien», sondern auch für die Volkspartei. In dem Korruptionsprozess waren vergangene Woche 29 Angeklagte, darunter ehemalige PP-Führungskader, wegen Korruption, Unterschlagung, Geldwäsche und illegaler Bereicherung zu insgesamt 351 Jahren Gefängnis verurteilt worden.

Rajoy will nach Angaben aus seiner Partei nicht vor dem für Freitag erwarteten Misstrauensvotum sein Amt aufgeben. «Mariano Rajoy wird nicht zurücktreten», sagte die Generalsekretärin seiner konservativen Volkspartei, Maria Dolores de Cospedal, am Donnerstagabend auf einer Medienkonferenz am Rande der Parlamentsdebatte.

Nach der schweren Regierungskrise in Italien drohen mit Spanien einem weiteren südeuropäischen Land unsichere politische Zeiten. Und die gab es in den vergangenen Jahren in Spanien bereits reichlich: Rajoy führt seit Herbst 2016 eine Minderheitsregierung, nachdem eine Parlamentswahl 2015 und eine Neuwahl 2016 keine klaren Mehrheitsverhältnisse gebracht und Spanien in eine politische Pattsituation gezwungen hatten.

Korruptionsaffäre «Operación Gürtel»

Der Sozialist Sánchez hatte das konstruktive Misstrauensvotum, bei dem er als Kandidat für eine Nachfolge Rajoys antritt, als Reaktion auf die Gerichtsurteile in der Korruptionsaffäre um Rajoys konservative Volkspartei (PP) gestellt.

Diese war in der vergangenen Woche wegen Verwicklung in den Fall zu einer Geldstrafe von 245'000 Euro verurteilt worden. Mehrere Ex-Parteimitglieder erhielten langjährige Haftstrafen.

Der Skandal ist unter dem Namen «Operación Gürtel» bekannt geworden. Tatsächlich gerät Rajoy nun immer mehr unter Druck: Schon vor Beginn der Debatte waren Forderungen nach einem freiwilligen Rücktritt aufgekommen. Auch Sánchez drängte den 63-Jährigen, diesen Weg zu gehen: «Treten Sie zurück, Herr Rajoy, und all das hier wird enden. Treten Sie zurück, Ihre Zeit ist vorbei», sagte der 46-Jährige unter dem Applaus der Opposition.

Rajoy wehrte sich aber vehement. «Mit welcher moralischen Autorität sprechen Sie denn hier? Sind Sie etwa Mutter Teresa von Kalkutta?», warf er während der Debatte der PSOE etwa mit Blick auf einen Korruptionsskandal entgegen, in den führende Sozialisten in Andalusien verwickelt sind.

Gleichzeitig räumte er ein, dass es in den Reihen der PP Korruption gegeben hatte. Der Misstrauensantrag gegen Rajoy ist erst der vierte in Spanien seit dem Ende der Franco-Diktatur im Jahr 1975. Die drei vorangegangen waren gescheitert. (sda/afp/dpa/reu)

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