Im Prozess um die islamistischen Terroranschläge 2015 in Paris soll an diesem Mittwoch erstmals der Hauptangeklagte befragt werden. Der 32-jährige Salah Abdeslam ist einziger Überlebender des Terrorkommandos. Er gilt als einer der Haupttäter. In Belgien wurde er bereits verurteilt. Bei der Anschlagsserie vom 13. November 2015 starben mehr als 130 Menschen. Die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) reklamierte die Taten für sich.
Bislang kamen in dem seit fünf Monaten dauernden Prozess vor allem Ermittler sowie Überlebende zu Wort. Eine Corona-Infektion Abdeslams und weiterer Angeklagter verzögerte das Verfahren.
Bei der Anschlagserie hatten Extremisten im Pariser Konzertsaal «Bataclan» sowie in Bars und Restaurants 130 Menschen erschossen. Es gab 350 Verletzte. Am Stade de France sprengten sich zudem während eines Fussball-Länderspiels zwischen Deutschland und Frankreich drei Selbstmordattentäter in die Luft.
Abdeslam soll in Paris einen Sprengstoffgürtel gehabt, ihn aber nicht gezündet, sondern in einem Vorort weggeworfen haben, wo dieser später gefunden wurde. Ob er einen Rückzieher von den Anschlagsplänen machte oder es womöglich ein technisches Problem gab, ist nicht bekannt. Auf jeden Fall floh Abdeslam nach Belgien und tauchte unter, bis er bei einer Razzia in Brüssel aufgespürt und am 18. März 2016 festgenommen wurde. Wie andere berüchtigte Islamisten auch war Abdeslam im Brüsseler Stadtteil Molenbeek aufgewachsen.
Angeklagt sind nun insgesamt 20 mutmassliche Islamisten. In einer ersten Einlassung im September vergangenen Jahres hatte Abdeslam das Blutbad bereits verteidigt. «Wir haben Frankreich angegriffen, wir haben die Bevölkerung ins Visier genommen, Zivilisten, aber persönlich haben wir nichts gegen sie», sagte er. Als der damalige Präsident François Hollande entschieden habe, den IS anzugreifen, habe er gewusst, dass dies Risiken mit sich bringe. Hollande wehrte sich als Zeuge in dem Prozess bereits gegen eine solche Darstellung.
Der Mehrheit der Angeklagten drohen 20 oder mehr Jahre Haft. Gegen sechs von ihnen wird der Prozess in Abwesenheit geführt. Fünf von ihnen kamen vermutlich in der Zwischenzeit in Syrien ums Leben, einer ist wegen Terrorvorwürfen in der Türkei inhaftiert. Abdeslam wurde wegen Schüssen auf die Polizei kurz vor seiner Festnahme bereits in Belgien zu 20 Jahren Gefängnis verurteilt. Der Prozess ist bis zum Mai terminiert. (saw/sda/dpa)