Zu Beginn des Jahres kam es zu blutigen Unruhen. Arbeiter der grössten Goldmine Liberias protestierten gegen ihren Arbeitgeber. Sie beklagten miese Arbeitsverträge, Umweltverschmutzung und mangelnde Sicherheit in den Stollen. Wiederholt waren Kumpel unter Tage ums Leben gekommen. Am 28. Februar beschoss die Polizei die Protestierenden mit Tränengas. Die Situation eskalierte, Schüsse fielen. Vier Menschen starben, 19 wurden verletzt.
Das gesamte Gold aus der Mine kauft die Schweizer Firma MKS Pamp. Das Unternehmen hat seinen Sitz in Genf und verarbeitet das Edelmetall in seiner Raffinerie im Tessin. Schon 2023 machte die New-Liberty-Mine in der Schweiz Schlagzeilen: Über Jahre vergiftete sie immer wieder den nahen Marvoe-Fluss mit Cyanid und Arsen. Damals schrieb MKS Pamp: Man nehme «derartige Vorwürfe und die Verantwortung für die Umwelt sehr ernst».
Davon scheinen die Grubenarbeiter nichts gemerkt zu haben. Als vier Monate später bei den genannten Aufständen Menschen starben, sandte das liberianische Parlament ein Komitee zur Mine. Dessen offizieller Bericht liegt CH Media vor. Darin sind insgesamt 38 Forderungen der Mineure an die Bea Mountain Mining Company aufgeführt, ihren Arbeitgeber. Es ist nach wie vor die Rede von Umwelt- und Gesundheitsrisiken durch Chemikalien. Die zentralen Punkte lauten:
Forderung 7: Angemessene Schutzausrüstung, um tödliche Unfälle zu verhindern.
Die Bergbaufirma gibt zu Protokoll, sämtlichen Arbeitern Schutzausrüstung zu liefern. Das Komitee zieht einen anderen Schluss: Als es die Mine besichtigte, arbeiteten viele Bergmänner ohne Helme oder Sicherheitsstiefel. Von verschiedenen Arbeitern hörte das Komitee zudem von einem Fotoshooting. Für die Bilder sollen die Kumpel gezwungen worden sein, Schutzausrüstung anzulegen. Die Fotos sollten der Minenbetreiberin als Beweis für sichere Arbeitsplätze dienen.
Forderung 22: Die Bergbaufirma soll das Restmaterial der Mine sicher aufbewahren, da es mit Chemikalien behandelt wurde.
Trotz der Beteuerungen der Minenbetreiberin verlangt auch hier das Komitee, die Lager für das Restmaterial vom Umweltministerium prüfen zu lassen.
Forderung 23: Funktionierende Lüftungssysteme, Notausgänge und Rettungsteams unter Tage.
Das Komitee hält fest, dass Todesfälle und Umweltrisiken verhindert worden wären, hätte das Bergbauunternehmen freiwillig auf die Bitten seiner Angestellten gehört.
Sämtliches Gold aus der Problem-Mine geht an MKS Pamp. Auf Anfrage schreibt das Unternehmen, die Proteste Anfang des Jahres seien von Anwohnern der Dörfer rund um die Mine gestartet worden. Zu den Forderungen der Grubenarbeiter sagt der Schweizer Goldimporteur nichts. Man habe mit «grosser Trauer» von den Todesopfern vernommen. Aber da die Menschen ihr Leben durch den Einsatz der liberianischen Polizei verloren, falle das nicht in die Verantwortung der Minenbetreiber. Und dadurch auch nicht in die von MKS Pamp.
Der Goldhändler betont seine Bemühungen rund um die New-Liberty-Mine: Er setze sich für den Schutz des Flusses und eine bessere Beziehung zwischen Bergbaufirma und Bevölkerung ein. Die Frage, ob sie schon mal eine Goldmine wegen ethischer Bedenken aufgegeben hat, beantwortet die Firma nicht.
«Eine ‹Hände-weg-Strategie› ist nicht unbedingt die beste», sagt Christoph Wild, Präsident des Verbands der Schweizer Edelmetallbranche. Wohl kaum ein anderer Interessenverband der Welt hat so viel Einfluss auf die Goldverarbeitung: Ein Drittel des globalen Goldes wird in der Schweiz raffiniert.
Als Mitglied dieses Verbands ist MKS Pamp eigentlich verpflichtet, Gold aus ökologisch und sozial tragbaren Quellen zu beziehen. Minen, die diese Standards nicht erfüllen, sollten laut Wild aber nicht sofort fallen gelassen werden.
«Ein guter Wille muss jedoch ersichtlich sein», sagt er. Es sei schon viel wert, wenn Goldlieferanten versuchen, Schweizer Standards bei Umweltschutz und Arbeitssicherheit einzuhalten. Abgestossene Minen würden schlicht Abnehmer in anderen Ländern suchen – denen Standards oft egal seien.
Fehlt jeder «gute Wille», muss die Mine laut Wild aber aufgegeben werden. Sonst droht der Ausschluss aus seinem Verband. Erst letztes Jahr trennte man sich von Valcambi, einer bedeutenden Tessiner Raffinerie. Diese beziehe weiterhin Edelmetall vom Markt in Dubai. Obwohl der Verband warnt, dass dort auch Gold verkauft wird, das aus illegalen Minen in Afrika stammt.
Guter Wille allein reicht dem Untersuchungskomitee des liberianischen Parlaments nicht. Am Ende seines Berichts fordert es von der Minenbetreiberin Krankenwagen für die Arbeiter, Investitionen in das nahe Spital und Medikamente für Anwohner.