Ex-Finanzminister Rishi Sunak wird neuer Premierminister von Grossbritannien. Seine einzige Rivalin Penny Mordaunt zog ihre Kandidatur im parteiinternen Rennen um die Nachfolge der scheidenden Regierungschefin Liz Truss zurück, wie sie am Montag bekanntgab. Sunak habe ihre volle Unterstützung, schrieb die amtierende Ministerin für Parlamentsfragen bei Twitter.
— Penny Mordaunt (@PennyMordaunt) October 24, 2022
Damit ist der Weg für den 42-jährigen Sunak frei. Als Sohn indischer Einwanderer wird der in Southampton geborene Sunak der erste britische Regierungschef, der einer ethnischen Minderheit in Grossbritannien angehört. «Rishi Sunak ist zum Chef der Konservativen Partei gewählt worden», bestätigte der Chef des zuständigen Fraktionskomitees, Graham Brady, in London.
Die formelle Ernennung von Rushi Sunak zum neuen britischen Premierminister soll frühestens am Dienstag stattfinden. Die Amtsgeschäfte würden nicht mehr am Montag von der scheidenden Regierungschefin Liz Truss an Sunak übergeben, teilte ein Sprecher der Downing Street der britischen Nachrichtenagentur PA am Nachmittag mit.
Bei seinem ersten öffentlichen Auftritt als designierter Premier kündigte Sunak an, er wolle sowohl das Land als auch die zuletzt zerstrittene Tory-Partei einen. Zuvor hatte er bereits hinter verschlossenen Türen zu seiner Fraktion gesprochen, die ihn mit demonstrativ lautem Beifall empfing. Dabei habe Sunak gewarnt, die Partei stehe vor einer «existenziellen Bedrohung» und habe die Wahl, sich «zu vereinen oder zu sterben», berichteten Anwesende.
Sunak inszenierte sich als Kandidat, der die Partei einen kann. Zuletzt hatten sich mit Handelsministerin Kemi Badenoch und Ex-Innenministerin Suella Braverman zwei führende Politikerinnen vom rechten Rand der Partei hinter ihn gestellt. Zugute kommt dem 42-Jährigen, dass er im parteiinternen Wahlkampf um die Parteiführung gegen Truss im Sommer vor exakt jenem Finanzchaos gewarnt hatte, das die amtierende Premierministerin in ihrer kurzen Amtszeit mit ihrer Wirtschaftspolitik anrichtete.
Seine scheidende Vorgängerin Liz Truss gratulierte ihrem designierten Nachfolger Sunak derweil auf Twitter. «Du hast meine volle Unterstützung», liess Truss am Montag verlauten.
Congratulations @RishiSunak on being appointed as Leader of the Conservative Party and our next Prime Minister.
— Liz Truss (@trussliz) October 24, 2022
You have my full support.
Verschiedene Parteiströmungen riefen die Tories dazu auf, sich hinter dem neuen Premier zu vereinen. «Die Zeit der internen Debatten ist endgültig vorbei, und ich weiss, dass wir unter Führung von Rishi Sunak die Prioritäten des britischen Volkes erfüllen können und werden», sagte Generalsekretär Jake Berry.
Der Jubel über Sunaks bevorstehenden Einzug in die Downing Street dürfte allerdings nicht lange andauern. Trotz des deutlichen Votums in der Tory-Fraktion - weit mehr als die Hälfte der Abgeordneten sprachen sich für Sunak aus - sind Fraktion und Partei gespalten. Der rechte Flügel fordert weiterhin eine radikalere Steuersenkungspolitik und eine harte Linie gegen die EU im Streit um Brexit-Sonderregeln für Nordirland. Wirtschaftsvertreter erhoffen sich eine ruhige Hand. «Die politische und wirtschaftliche Unsicherheit der vergangenen Monate hat dem britischen Geschäftsklima enorm geschadet und muss nun beendet werden», hiess es vom Handelskammerverbund.
Sunak ist bereits der dritte Premier innerhalb von vier Monaten. Angesichts der fehlenden Abstimmung bezweifelt die Opposition sein demokratisches Mandat und fordert Neuwahlen. Der Chef der Liberaldemokraten, Ed Davey, sagte, mit Sunak hätten die Tories erneut einen «abgehobenen Premierminister installiert, ohne Plan, den Schaden zu beheben und ohne dem britischen Volk ein Mitspracherecht zu geben».
Labour-Vizechefin Angela Rayner kritisierte: «Die Tories haben Rishi Sunak zum Premierminister gekrönt, ohne dass er ein einziges Wort darüber gesagt hat, wie er das Land regieren würde, und ohne dass irgendjemand die Möglichkeit hatte, abzustimmen.» Der Fraktionschef der Schottischen Nationalpartei (SNP), Ian Blackford, rief Labour-Chef und Oppositionsführer Keir Starmer auf, ein Misstrauensvotum gegen Sunak im Unterhaus zu beantragen.
Die Tory-Partei sucht zum zweiten Mal innerhalb weniger Monate nach einer neuen Führung. Im Sommer war Sunak noch seiner Konkurrentin Liz Truss im Rennen um die Nachfolge von Premier Boris Johnson unterlegen. Doch Truss musste nach wenigen Wochen ihr Amt wieder abgeben - vor allem, weil sie mit ihrer Wirtschaftspolitik jene Finanzturbulenzen ausgelöst hatte, vor denen Sunak im Wahlkampf gewarnt hatte. Zuletzt hatte sich auch Ex-Premier Boris Johnson für ein Comeback ins Gespräch gebracht. Am Sonntag hatte er sich jedoch überraschend zurückgezogen.
Nun wird Sunak der jüngste Premierminister seit mehr als 200 Jahren. Er soll an diesem Dienstag offiziell von König Charles III. mit der Regierungsbildung beauftragt werden. Der König reiste von seinem ostenglischen Landsitz Sandringham zurück nach London.