Der Brexit-Hardliner Boris Johnson ist neuer Regierungschef Grossbritanniens. Er wurde am Mittwoch von Königin Elizabeth II. zum Premierminister ernannt. Der 55-jährige Johnson tritt damit die Nachfolge seiner Parteikollegin Theresa May an.
In seiner ersten Rede als britischer Regierungschef vor seinem neuen Amtssitz in der Londoner Downing Street wiederholte er sein Versprechen, Grossbritannien auch im Falle eines No-Deals bis zum 31. Oktober aus der EU zu führen.
Die Briten wollten keinen Brexit ohne Abkommen, trotzdem werde er sein Land auch auf diese «entfernte Möglichkeit» vorbereiten, sagte er. Seine neue Regierung werde «einen neuen Deal, einen besseren Deal» erlangen. An die EU gerichtet sagte er: «Ich bin überzeugt davon, dass wir einen Deal hinbekommen können.»
Nach der Ernennung von Boris Johnson zum neuen britischen Premierminister hat auch der bisherige Aussenminister Jeremy Hunt sein Ausscheiden aus der Regierung erklärt.
Er hätte sich geehrt gefühlt, wenn er seine Arbeit im Aussenministerium hätte weiterführen dürfen, schrieb Hunt am Mittwochabend auf Twitter. Er könne aber verstehen, dass ein neuer Premier sein Team auswählen müsse.
1/4 I would have been honoured to carry on my work at the FCO but understand the need for a new PM to choose his team. BJ kindly offered me another role but after 9 yrs in Cabinet & over 300 cab mtgs now is the time to return 2 backbenches from where PM will have my full support
— Jeremy Hunt (@Jeremy_Hunt) July 24, 2019
Johnson habe ihm eine andere Rolle angeboten, aber nach neun Jahren im Kabinett sei es nun an der Zeit, auf die Hinterbänke des britischen Unterhauses zurückzukehren. Er werde Johnson von dort aus unterstützen.
Hunt hatte das Rennen in der Konservativen Partei um die Nachfolge von Parteichefin und Premierministerin Theresa May klar gegen Johnson verloren.
Der EU-Ratsvorsitzende Donald Tusk gratulierte dem «lieben Boris» zu seiner Ernennung. Er erwarte ein Treffen mit ihm, um «im Detail» über «unsere Zusammenarbeit» zu sprechen, erklärte Tusk.
Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel schrieb dem neuen britischen Regierungschef, das Verhältnis zwischen Deutschland und Grossbritannien sei von «tiefer Freundschaft und enger Partnerschaft» geprägt. Sie freue sich «auf eine gute Zusammenarbeit und die weitere Vertiefung unserer bilateralen Beziehungen», fügte Merkel hinzu.
Russlands Präsident Wladimir Putin hat dem neuen britischen Premierminister Boris Johnson «viel Erfolg bei seiner verantwortungsvollen Arbeit» gewünscht. In einem am Mittwoch vom Kreml in Moskau verbreiteten Glückwunschschreiben warb Putin für einen Ausbau der Beziehungen zwischen Moskau und London. Das würde den Interessen beider Länder und Völker entsprechen.
Kurz vor Johnsons Ernennung war Vorgängerin May von ihrem Amt als Premierministerin zurückgetreten. Königin Elizabeth II. nahm das Gesuch Mays am Nachmittag im Buckingham-Palast in London entgegen.
May hatte sich vor ihrem Treffen mit der Queen nach dreijähriger Amtszeit in einer kurzen Rede in der Downing Street von den Briten verabschiedet. Dabei dankte die 62-Jährige, die ein blaues Kostüm trug, besonders Ehemann Philip, der ihr stets beigestanden habe.
Im Parlament sagte May beim letzten Auftritt als Regierungschefin: «Ich bin sicher, dass unter den Frauen in diesem Haus heute eine künftige Premierministerin ist, vielleicht mehr als eine.» Bislang hatte Grossbritannien nur zwei Premierministerinnen - May und Margaret Thatcher. Die Abgeordneten applaudierten May lange im Stehen.
Mehrere EU-freundliche Minister traten unterdessen von ihren Posten zurück: Der britische Finanzminister Philip Hammond legte seinen Rücktrittsentscheid noch vor der offiziellen Amtsübernahme von Johnson als Premierminister in einem Brief an die bisherige Regierungschefin May dar.
Bereits am Freitag hatte Hammond erklärt, er könne Johnsons Ankündigung, Grossbritannien notfalls auch ohne Austrittsvertrag bis zum 31. Oktober aus der EU zu führen, niemals unterstützen.
Auch andere Kabinettsmitglieder verweigerten Johnson noch vor der Verkündung seiner Wahl die Gefolgschaft. So kündigten Justizminister David Gauke und Entwicklungshilfeminister Rory Stewart ebenfalls ihren Rücktritt an. Damit sind sie einem Rauswurf durch Johnson wohl zuvorgekommen. Auch Vize-Premierminister David Lidington gab am Mittwoch sein Amt auf.
Johnson ernannte den früheren Brexit-Minister Dominic Raab am Mittwoch zum neuen Aussenminister. Der frühere Innenminister Sajid Javid wird neuer Finanzminister, Ex-Entwicklungsministerin Priti Patel erhielt das Innenministerium. Alle drei vertreten eine harte Linie im Brexit-Streit.
Raab folgt nach Angaben der Regierung auf den zuvor entlassenen Chefdiplomaten Jeremy Hunt. Dieser hatte nach eigenen Angaben einen von Johnson angebotenen anderen Posten ausgeschlagen. Hunt war Johnson in der parteiinternen Urwahl um die Nachfolge von Premierministerin Theresa May an der Spitze der Tories deutlich unterlegen.
Der Ex-Banker Javid übernimmt den Posten des Finanzministers von Philip Hammond. Hammond hatte kurz vor Johnsons Amtsantritt seinen Rücktritt erklärt und dies mit dessen Entschlossenheit begründet, Grossbritannien bis zum 31. Oktober wenn nötig auch ohne Brexit-Abkommen aus der EU zu führen. Neben Hammond legten auch Justizminister David Gauke und Entwicklungsminister Rory Stewart ihre Ämter nieder.
Die künftige Innenministerin Patel war 2017 wegen nicht abgesprochener Treffen mit Politikern in Israel zurückgetreten. Vorab war bereits bekannt geworden, dass Johnson den Strategen der Brexit-Kampagne, Dominic Cummings, als hochrangigen Berater in sein Team berief.
Johnson will Grossbritannien am 31. Oktober aus der EU herausführen - und scheut auch vor einem Austritt ohne Vertrag nicht zurück. Er kritisiert das zwischen May und der EU ausgehandelte Abkommen als «Instrument der Einkerkerung» Grossbritanniens in Zollunion und Binnenmarkt.
Johnson pocht darauf, mit Brüssel neu zu verhandeln - was dort strikt abgelehnt wird. Nur Änderungen an der begleitenden politischen Erklärung seien möglich, hiess es auch nach Johnsons Wahl.
Die Mitglieder der Konservativen Partei hatten Johnson zu ihrem Chef und damit auch zum künftigen Premier gewählt. Am Freitag beginnt die Sommerpause des Parlaments - bis zum 3. September. Viel Zeit bis zum geplanten EU-Austritt Ende Oktober bleibt Johnson nicht.
Der Brexit ist aber nicht die einzige Grossbaustelle, um die sich Johnson kümmern muss. Er tritt sein Amt mitten in einer Krise mit dem Iran an.
Nach mehreren Vorfällen in der Strasse von Hormus setzte Teheran dort zuletzt einen britischen Öltanker fest - aus Sicht Londons eine «feindliche Handlung». Grossbritannien regte daher eine europäische Seeschutzmission an, um Schiffe in der Meerenge zu schützen. Grosse Mengen Öl werden durch dieses Nadelöhr verschifft. (sda/afp/dpa)
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