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Nach Anschlag in Kaschmir: Indien wirft alle Pakistanis aus dem Land

Nach Anschlag in Kaschmir: Indien wirft alle Pakistanis aus dem Land

24.04.2025, 13:2724.04.2025, 13:59
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Vor dem Hintergrund wachsender Spannungen mit Pakistan hat Indien die Ausreise pakistanischer Bürger aus seinem Staatsgebiet angeordnet. Alle gültigen Aufenthaltsgenehmigungen für Pakistaner würden widerrufen, teilte das Aussenministerium in Neu-Delhi mit.

Betroffene in Indien müssten das Land verlassen, noch bevor ihr Visum ablaufe. Die Massnahme trete vom Sonntag an in Kraft. Zudem empfahl das Ministerium Landsleuten, die sich derzeit in Pakistan aufhalten, das Land so früh wie möglich zu verlassen. Von Reisen nach Pakistan werde dringend abgeraten.

«Alle pakistanischen Staatsangehörigen, die sich derzeit in Indien aufhalten, müssen Indien vor Ablauf der Visa verlassen.»
Indisches Aussenministerium

Vertrag soll ausgesetzt werden

Als Reaktion auf den Angriff beschloss die Regierung in Indien unter anderem, einen wichtigen Vertrag mit dem Nachbarn über die Nutzung der Flüsse in der Himalaya-Region auf unbestimmte Zeit auszusetzen. In der Region kam es zu Protesten.

Der Staatssekretär im Aussenministerium, Vikram Misri, sprach von «grenzüberschreitenden Verbindungen» bei dem Anschlag. Er warf Pakistan vor, Terrorismus zu unterstützen. Zudem weist Indien pakistanische Diplomaten aus und schliesst einen Grenzübergang. Am Donnerstag will Pakistans Sicherheitsausschuss über die Schritte beraten.

Der Indus-Wasservertrag werde so lange ausser Kraft gesetzt, «bis Pakistan glaubhaft und unwiderruflich der Unterstützung des grenzüberschreitenden Terrorismus abschwört», sagte Misri. Die Regierung in Islamabad hatte zuvor jede Beteiligung an dem Anschlag zurückgewiesen.

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Die Regierung von Narendra Modi greift mit harter Hand durch. (Symbolbild)Bild: keystone

Vertrag regelt Wassernutzung

Der 1960 unter Vermittlung der Weltbank ausgehandelte Vertrag regelt die Wassernutzung des Indus und seiner Nebenflüsse. Der Indus ist der wichtigste Fluss Pakistans. Aus der chinesischen Region Tibet kommend fliesst der Indus durch Ladakh, das bis 2019 noch offiziell zum indischen Teil Kaschmirs gehörte.

Bei dem Anschlag auf einer Bergwiese in einer beliebten Urlaubsgegend nahe der Stadt Pahalgam im Unionsterritorium Jammu und Kaschmir wurden am Dienstag 26 Menschen getötet, mindestens 17 weitere verletzt. Die meisten von ihnen waren indische Feriengäste. Die Regierung stuft den gezielten Angriff auf Touristen als Terrorakt ein. Indische Medien berichteten, eine islamistische Terrorgruppe mit möglichen Verbindungen zu Pakistan habe den Anschlag für sich reklamiert.

Kaschmir steht seit Jahrzehnten im Mittelpunkt eines Konflikts zwischen beiden Ländern, die jeweils einen Teil der Region kontrollieren. Beide beanspruchen das ganze Gebiet für sich. Die beiden Atommächte führten bereits zwei Kriege um die Herrschaft über das Himalaya-Tal.

In der Stadt Jammu kam es am Mittwoch zu antipakistanischen Protesten. Die Teilnehmer forderten, dass Terroristen mit Gewalt aus der Region vertrieben werden sollen, wie indische Medien berichteten.

Mehrere Massnahmen

Unter den Massnahmen, die am Abend (Ortszeit) auf einer Sondersitzung des Sicherheitskabinetts des indischen Premierminister Narendra Modi beschlossen wurden, wird die Suspendierung des Wasservertrags als ein Schritt gesehen, der das Nachbarland besonders empfindlich treffen könnte.

Zudem wurden die Militärberater in der pakistanischen Auslandsvertretung in Neu-Delhi zu unerwünschten Personen erklärt. Sie sollen das Land verlassen. Der Umfang der indischen Gesandtschaft in Islamabad soll zudem von 55 auf 30 Menschen reduziert werden. Ferner soll der wichtigste Grenzkontrollposten auf indischer Seite mit sofortiger Wirkung geschlossen werden. Pakistanische Staatsbürger dürfen nicht mehr ohne Visum nach Indien einreisen. Am Donnerstag will der Nationale Sicherheitsausschuss in Pakistan unter Vorsitz von Regierungschef Shebaz Sharif über die Massnahmen Indiens beraten.

Zahlreiche Festnahmen nach Anschlag

Nach dem Anschlag gab es Medienberichten zufolge Hunderte Festnahmen im indisch kontrollierten Teil Kaschmirs. Wie der Sender NDTV und andere indische Medien unter Berufung auf Informanten berichteten, wurden in der Region im Kontext des Anschlags bislang etwa 1500 Personen festgenommen, um sie zu möglichen Verbindungen zu den Tätern zu befragen. Darunter hätten sich auch Personen befunden, die bereits früher wegen militanten Verhaltens aufgefallen seien, hiess es.

Mourners pay last respect to Hemant Joshi, Sanjay Lele and Atul Mone, who were victims in a deadly attack on tourists in the Pahalgam region of Indian-administered Kashmir, at Dombivali near Mumbai, I ...
Angehörige trauern um die Opfer des Terroranschlags in Kaschmir.Bild: keystone

Indiens Verteidigungsminister Rajnath Singh drohte den Tätern und ihren vermeintlichen Hinterleuten mit einer raschen Reaktion. Es werde eine «laute und deutliche Antwort für die Verantwortlichen» sein, sagte er.

Suche nach Angreifern in vollem Gang

Die Suche nach den Angreifern lief währenddessen auf Hochtouren. Nach Angaben der indischen Streitkräfte beteiligten sich die Armee und die Polizei an der Suchaktion. Die Sicherheitsmassnahmen im gesamten Kaschmir-Tal seien verstärkt worden, berichtete die Zeitung «Greater Kashmir». Die Polizei in Kaschmir veröffentlichte am Mittwoch zur Unterstützung der Fahndung Phantombilder von drei mutmasslichen Angreifern.

Rebellengruppen kämpfen im indischen Teil Kaschmirs, der vorwiegend muslimisch geprägt ist, für eine Unabhängigkeit vom mehrheitlich hinduistischen Indien – oder für einen Zusammenschluss mit Pakistan. (rbu/hkl/sda/dpa)

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94 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Dr. Rodney McKay
24.04.2025 05:59registriert September 2024
„der chinesischen Region Tibet kommend fliesst der Indus durch Ladakh“

Tibet war ein Staat der gewissermassen durch China annektiert wurde.
25011
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TuxSpherniscus
24.04.2025 07:45registriert März 2021
"Die Regierung stuft den gezielten Angriff auf Touristen als Terrorakt ein." Ich auch. Wie würden Sie es einstufen?
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El_Chorche
24.04.2025 14:03registriert März 2021
Hm, eine bestechende Idee.

Wenn und Russland digital angreift, könnte man da nicht alle Russen aus dem Land werfen?

Welche Partei müsste ich da wählen?
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