Der stärkste Zyklon seit vielen Jahren ist auf Indiens Ostküste getroffen und hat grosse Zerstörung angerichtet. In der Nähe der Stadt Puri gab es nach Behördenangaben drei Todesfälle, mehr als 160 Menschen mussten in Krankenhäusern behandelt werden.
Der tropische Wirbelsturm «Fani» erreichte am Freitagmorgen (Ortszeit) mit Windgeschwindigkeiten von bis zu 205 Kilometern pro Stunde das Festland.
Im Nachbarland Bangladesch, wo das Sturmzentrum am Samstag erwartet wurde, kamen vier Menschen auf einem Reisfeld bei einem Blitzschlag ums Leben, wie die Polizei mitteilte.
Die Stromversorgung, Befahrbarkeit der Strassen sowie Telefon- und Mobilfunknetze seien alle stark beeinträchtigt, teilte die Katastrophenschutzbehörde des indischen Bundesstaates Odisha am Abend (Ortszeit) mit. Eine grosse Zahl von Bäumen und Strommasten sei umgestürzt. Im Bezirk Puri seien alle aus Lehmziegeln gebauten Häuser schwer beschädigt.
Ausserdem wurden demnach Anbauflächen in grossem Massstab verwüstet. Fernsehbilder aus der Luft zeigten ländliche Gebiete, die unter Wasser standen. Odisha ist einer der ärmsten Bundesstaaten Indiens.
Das Deutsche Rote Kreuz warnte, dass auch die fast eine Million Rohingya-Flüchtlinge in Bangladesch bedroht seien. Die Angehörigen der muslimischen Minderheit, die gewaltsam aus ihrer Heimat Myanmar vertrieben wurden, leben in Küstennähe rund um das grösste Flüchtlingslager der Welt auf engstem Raum in einfachen Behausungen.
#CycloneFani wird voraussichtlich heute auf #Bangladesch treffen. Heftige Regenfälle werden auch in #CoxsBazar erwartet. Dort leben mehr als 900.000 Geflüchtete aus Myanmar in instabilen Unterkünften. #RedCross #RedCrescent Teams bereiten sich auf den Katastrophenfall vor. pic.twitter.com/oHuC9qtxiI
— Rotes Kreuz / DRK (@roteskreuz_de) May 3, 2019
In beiden Ländern wurden Küstengebiete geräumt und Bewohner in Sicherheit gebracht. Allein in Odisha wurden nach Angaben der Regierung mehr als eine Million Menschen innerhalb von 24 Stunden in mehr als 4000 Notunterkünfte gebracht.
In Bangladesch könnten nach Aussage der Katastrophenschutzbehörde rund 2.5 Millionen Menschen von der Evakuierung betroffen sein.
«Fani» - «Foni» ausgesprochen - gilt als stärkster Zyklon in dem Gebiet am Golf von Bengalen seit 1999, als mehr als 10'000 Menschen in Odisha (damals Orissa) ums Leben kamen. Damals hatte der Wind eine Geschwindigkeit von 260 Kilometern pro Stunde erreicht. Seitdem gelten die Sicherheitsvorkehrungen in dem Bundesstaat allerdings als deutlich verbessert. «Fani» bezeichnet in bengalischer Sprache den Nackenschild, den Kobras in ihrer Drohhaltung ausbreiten.
Der Sturm bewegte sich in nordöstlicher Richtung über die Küstenregion und schwächte dabei etwas ab. Bis Samstagmorgen werde er höchstwahrscheinlich mit Windgeschwindigkeiten von bis zu 115 Kilometern pro Stunde über den Bundesstaat Westbengalen hinwegziehen, sagte Indiens Meteorologie-Behörde voraus. Er werde sich voraussichtlich weiter abschwächen, bevor er anschliessend Bangladesch erreiche.
In Kolkata (früher Kalkutta), der Hauptstadt von Westbengalen mit rund 15 Millionen Einwohnern, fielen alle Flüge von 15 Uhr am Freitag bis 8 Uhr am Samstag (Ortszeit) aus.
In Odishas Hauptstadt Bhubaneswar wurden alle Flüge am Freitag abgesagt. Im ganzen Bundesstaat blieben die Schulen geschlossen, und alle Züge fielen aus. Auch Teile des südlich von Odisha gelegenen Bundesstaates Andhra Pradesh waren vom Sturm betroffen.
Wirbelstürme sind am Golf von Bengalen keine Seltenheit, vor allem zwischen April und November. Bei dem bislang wohl tödlichsten Zyklon - wie tropische Wirbelstürme im Indischen Ozean wie auch im südlichen Pazifik genannt werden - kamen 1970 in Bangladesch mindestens 300'000 Menschen ums Leben. (leo/sda/dpa)