Ben Hodges gehört zu den gefragtesten Personen am St.Gallen Symposium. Wenn es um die Sicherheit Europas oder um eine Einschätzung zur Trump-Regierung geht, ist er selten um eine pointierte Aussage verlegen.
Der frühere Dreisterne-General lebt mit seiner Frau in Frankfurt, ist aber regelmässig in seiner Heimat in den Südstaaten der USA zu Besuch. Zuletzt vor zwei Wochen. «Meine Frau hat sich Sorgen gemacht, dass ich bei der Einreise angehalten werden könnte, weil ich mich manchmal so weit zum Fenster hinauslehne», sagt er vor dem Gespräch, halb im Scherz, halb ernst.
Herr Hodges, wann endet der Ukraine-Krieg?
Ben Hodges: Vor drei Wochen sprach Christopher Cavoli, der NATO-Oberbefehlshaber in Europa, vor dem amerikanischen Kongress. Er sagte, die Ukraine gewinne diesen Krieg auf dem Schlachtfeld. Der Konflikt dauert schon elf Jahre seit der Annexion der Krim. Und Russland hat dennoch nur 18 Prozent des ukrainischen Territoriums erobert und über 900'000 Menschen verloren, bald werden es eine Million Opfer sein.
Putin wird weiter machen, solange er eine Chance sieht, vielleicht doch noch zu gewinnen.
Wir müssen dahin kommen, dass Putin einsieht, dass er keine Chance mehr hat.
Wie soll das gehen?
Die Ukrainer werden immer stärker, sie bekommen ihre Probleme in den Griff. Ihre Verteidigungsindustrie macht grosse Fortschritte, beispielsweise bei den Drohnen. Ich denke, Präsident Trump ist sehr verärgert über die Russen, weil sie auf keines seiner Angebote eingegangen sind und ihn damit als nicht erfolgreich aussehen lassen. Sein Ärger wird sie treffen.
Was für Mittel hat er in der Hand? Die USA wollen die militärische Hilfe ja eher zurückfahren.
Es sind nicht nur die Waffen. Es müsste die russische Gas- und Ölindustrie treffen, mit der Putin diesen Krieg finanziert. Beispielsweise mit Sanktionen für alle Länder, die weiterhin russische Rohstoffe importieren. Russland ist hier sehr verwundbar. Wenn Putin kein Öl und Gas mehr nach China oder Indien exportieren könnte, wäre er erledigt.
Ihr Optimismus in Ehren, aber Sie haben bereits vor zwei Jahren gesagt, die Ukraine stehe kurz vor dem Sieg.
Ich lag damit falsch. Ich nahm an, Biden und Europa würden einsehen, dass sie mit noch grösserer Unterstützung der Ukraine zum Sieg verhelfen und die Sicherheit Europas so für Jahrzehnte fixieren könnten. Biden hat leider nie gesagt, wir wollen der Ukraine so stark helfen, dass sie gewinnt. Es ging nur darum, dass sie sich irgendwie verteidigen kann und den Krieg nicht verliert. Man hatte anfänglich auch Angst vor einem Atomschlag. Auch von Deutschland hätte – meiner Auffassung nach – mehr kommen müssen.
Viele sagen, mit Bundeskanzler Merz wird sich das nun ändern. Wie sehen Sie das?
Ich bin ziemlich sicher, dass es besser wird. Er hat ja schon gesagt, dass er Taurus-Waffen liefern will. Ich bin sehr optimistisch, dass Merz hier zusammen mit anderen europäischen Ländern etwas Positives bewirken kann. Ich hoffe einfach, dass ihn sein Scheitern im ersten Wahlgang der Kanzlerwahl in dieser Frage nicht bremst.
Stimmt Sie auch das Rohstoffabkommen zwischen den USA und der Ukraine optimistisch?
Ich sehe in diesem Abkommen keinen Nachteil für die Ukraine. Die Ukrainer scheinen ja auch weitgehend zufrieden damit. In einer ursprünglichen Version hätte der Erlös aus den Rohstoffen auch für zurückliegende Waffenlieferungen der USA verwendet werden müssen. Ich bin sehr froh, dass dieser Passus gestrichen wurde.
Sie haben immer wieder auf die Gefahr hingewiesen, dass auch die baltischen Staaten Angst vor einem russischen Überfall haben müssen. Ist das nicht Panikmache?
Nein, ich halte einen Angriff auf Litauen oder Estland für ein realistisches Szenario. Es ginge Putin vor allem darum, zu testen, ob die NATO wirklich reagiert und der Verteidigungsfall zur Anwendung kommt. Ich halte das selbst dann für möglich, wenn Russland in der Ukraine gestoppt wird und noch weitere Opfer zu beklagen hat. Dass auch Hunderttausende russischer Soldaten in diesem Krieg sterben, scheint für Putin kein wichtiger Faktor zu sein.
Wie würde denn die NATO Ihrer Meinung nach bei einem Überfall auf einen baltischen Staat reagieren?
Selbst wenn Präsident Trump derzeit Dinge sagt und macht, die uns zum Zweifeln bringen, bin ich sicher, dass die USA oder andere NATO-Länder einschreiten würden. Würden sie das nicht machen, wäre ihre Glaubwürdigkeit massiv beschädigt.
Die Welt wird unsicherer. Was raten Sie einem kleinen Land wie der Schweiz?
Das muss die Schweiz natürlich letztlich selber wissen. Wichtig ist, dass sie für alle Eventualitäten gerüstet ist. Ich kann mir beispielsweise ein Szenario vorstellen, dass jemand einen schnellen Luftangriff auf ein strategisch wichtiges Ziel durchführt, was eine ernsthafte Bedrohung für das Land sein kann. Distanz spielt beispielsweise mit modernen Drohnen in einem Krieg kaum mehr eine Rolle.
Aber die Schweiz ist umgeben von NATO-Staaten. Wie soll das gehen?
Hätten Sie gedacht, dass Russland die Ukraine überfällt? So viele Leute haben das nicht für möglich gehalten. Das ist ja genau das Gefährliche. Und doch treffen solche auf den ersten Blick unmöglichen Szenarien immer wieder ein. Die Schweiz handelt schon richtig, wenn sie auf moderne Waffensysteme setzt. Ich finde die Qualität ihrer Armee beachtlich.
Kann sich ein kleines Land wie die Schweiz überhaupt noch selber verteidigen?
Natürlich ist es für ein kleines Land wie die Schweiz zentral, sich auf Partner verlassen zu können, die einen zum Beispiel mit Geheimdienstinformationen versorgen, die potenzielle Bedrohungen erkennen. Ganz alleine wird das sehr schwierig. Und ja, die NATO wäre die beste Sicherheits-Garantie für ein Land wie die Schweiz. Die Schweiz ist ja keine Insel, sondern ein Bestandteil Europas. Im Übrigen wurde kein Mitgliedstaat in der 75-jährigen Geschichte dieser Verteidigungsgemeinschaft je angegriffen – abgesehen von den USA am 11. September 2001. Und damals sind uns alle anderen Mitgliedstaaten zu Hilfe gekommen. Das zeigt, wie wichtig es auch für die USA ist, Verbündete zu haben.
Es gibt in der Schweiz kritische Stimmen, die sagen, wir sollten wegen Trump den Kauf der neuen US-Kampfjets überdenken. Haben Sie dafür als Kritiker von Trump von Verständnis?
Natürlich ist es legitim, sich diese Frage zu stellen, zumal die Kampfjets sehr viel Geld kosten. Aber wenn ein Land vor der Frage steht, wie verteidigen wir uns am besten, ist es sicher clever, auf das beste verfügbare Material zu setzen – und das sind die F35-Jets. In einer langen Perspektive ist es auch für die Schweiz gut, die USA als strategischen Partner zu haben. Trump bleibt nicht für immer. In vier Jahren sind vielleicht die Demokraten wieder an der Macht.
Sie kritisierten Trump immer wieder scharf. Haben sich Dinge auch zum Positiven verändert?
Ja, seine Politik hat dazu geführt, dass Europa aufgewacht ist in der Realität, dass der Kontinent mehr Verantwortung für seine Sicherheit übernehmen muss. Trump hat zudem erkannt, dass sich ein grosser Teil der US-Gesellschaft abgehängt fühlte, gerade im Industriegürtel, wo viele Arbeitsplätze verloren gingen. Und man muss auch sehen: So wichtig sich Trump mit seinen Forderungen macht, so gerne er im Mittelpunkt steht, er gibt auch immer wieder nach. Wir reagieren da manchmal auch zu emotional und zu schnell.
Montenegros Präsident Jakov Milatović sagte hier am St.Gallen Symposium, die Europäer müssten mehr Selbstvertrauen haben, Europa sei in vielen Aspekten der beste Platz zum Leben. Stimmen Sie dem als Amerikaner, der in Europa lebt, zu?
Meine Frau und ich haben entschieden, in Deutschland zu bleiben, als ich die Armee verlassen habe. Aber ich bin glücklich, dass ich in beiden Welten leben kann. Ich liebe vieles in Europa. Alle Freiheiten, über die in den USA geredet wird, bietet Europa. Und ich mag auch den gesunden Lebensstil, das Umweltbewusstsein, das gute Essen. Aber Amerika bleibt der Kontinent der grossen Möglichkeiten. Der amerikanische Traum ist keine leere Floskel. Ich gehe darum immer wieder gerne in die Südstaaten der USA zurück, wo ich aufgewachsen bin.
Sie waren Chef der NATO-Landstreitkräfte in Europa und haben für die US-Armee ein Jahr in Afghanistan und zwei Jahre in Irak gedient. Wie haben Sie diese Erfahrungen geprägt?
Jeder Krieg, in dem eigene Soldaten oder Zivilisten getötet oder verwundet werden, hinterlässt bei einem persönlich tiefe Spuren. Aber in Afghanistan und Irak habe ich auch begriffen, was Clausewitz meinte, als er sagte, dass es die erste Aufgabe von Generälen und Politikern ist, ein klares Kriegsziel und dann eine Strategie zum Erreichen dieses Ziels zu haben. An beiden hat es uns in Afghanistan und im Irak gefehlt, darum hat es auch nicht wirklich gut geendet.
Angeblich seit 3 Jahren Todgeweiht!?
Aber UA hält sich weiterhin tapfer!
Meinen Respekt für unsere Aussen-EU-Verteidigung namens Ukraine.
Somit können wir vielleicht noch einige Jahre in Europa in Frieden leben? Dank Ukraine.
Viele vestehen es aber nicht?
Sie möchten am liebsten eine RUS-übernahme eines Mafia- Staats?
Niemals!!! Nicht so lange ich auf dieser Welt bin!
Demokratie und Freiheit!
In dieser F*** Trump-Zeit wird es umso wichtiger!