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Iran

Iranerin nach mutmasslicher Konfrontation mit Moralpolizei tot

Iranerin nach mutmasslicher Konfrontation mit Moralpolizei tot

28.10.2023, 09:1428.10.2023, 09:38
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Eine 16-jährige Iranerin ist nach einer mutmasslichen Konfrontation mit der berüchtigten Moralpolizei gestorben. Die Schülerin Armita Garawand starb am Samstag in einer Klinik in der Hauptstadt Teheran, wie die staatliche Nachrichtenagentur Irna berichtete. Bereits vor rund einer Woche war die junge Frau für hirntot erklärt worden. Der Fall hatte weit über Irans Landesgrenzen für grosse Empörung gesorgt.

Die junge Frau soll Berichten von Menschenrechtlern zufolge vor rund einem Monat in einer U-Bahn von Sittenwächtern konfrontiert worden sein, weil sie kein Kopftuch trug. Staatsmedien dementierten Gewalt seitens der Moralpolizei. Garawand sei wegen niedrigen Blutdrucks gestürzt und mit dem Kopf aufgeschlagen, lautete die offizielle Erklärung. Seit Wochen lag die 16-Jährige im Koma.

Garawands Schicksal erinnert viele Iranerinnen und Iraner an den Fall der jungen iranischen Kurdin Jina Mahsa Amini, die im Herbst 2022 von den Sittenwächtern wegen eines angeblich schlecht sitzenden Kopftuchs festgenommen worden war. Amini fiel ins Koma und starb. Ihr Tod löste im vergangenen Jahr die schwersten Proteste seit Jahrzehnten aus. Seitdem ignorieren viele Frauen demonstrativ die Kopftuchpflicht.

Irans Regierung reagierte auf die zahlreichen Kopftuchverstösse unter anderem mit einer Strafreform. Das neue Kopftuchgesetz, das noch nicht in Kraft getreten ist, sieht in seiner jüngsten Fassung harte Strafen bei Missachtung der islamischen Kleidungsregeln vor. Diese umfassen bei mehrfachen Verstössen Geldbussen. In Extremfällen können bis zu 15 Jahre Haft und umgerechnet mehr als 5000 Euro Strafe verhängt werden.

Irans berüchtigte Sittenwächter sind immer wieder scharfer Kritik auch aus der Mitte der Gesellschaft ausgesetzt. Während der Protestwelle im Herbst 2022 verschwanden die Einheiten zunächst vom Strassenbild, ehe Mitte Juli die Rückkehr der Moralpolizei verkündet wurde. Die Kopftuchpflicht ist seit mehr als 40 Jahren Gesetz in dem Land mit inzwischen fast 90 Millionen Einwohnern. Die Pflicht gilt als eine der ideologischen Grundsäulen der Islamischen Republik. (sda/dpa)

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12 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Bernhard Kuenzi
28.10.2023 10:06registriert Januar 2014
Wie oft ist sie denn umgefallen? Faule Ausreden eines Staates, für den ich nur Verachtung empfinde!
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Gandalf der Weise
28.10.2023 12:58registriert Januar 2023
Höchst erstaunlich, dass im Iran gerade unter Frauen, die das Kopftuch "schlecht sitzend" oder gar nicht tragen, ein derart tiefer Blutdruck weit verbreitet sein soll, dass sie stürzen und ins Koma fallen - und das ausgerechnet immer dann, wenn die Sittenpolizei zugegen ist.

Ich hoffe so sehr, dass das Volk im Iran endlich aufsteht und die Regierung und das religiös wesentlich zu eng geschnürte Korsett ablegt.

Freiheit für die Iraner*Innen!
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Steibocktschingg
28.10.2023 13:59registriert Januar 2018
Selbstverständlich ist sie nur umgefallen, wir vertrauen dem greisen Gruselkabinett der Mullahs ja voll und ganz, genau wie ein grosser Teil der Bevölkerung.

Also, hätten sie gerne. Mir wäre lieber, die würden alle zur Hölle fahren und den Leuten endlich ein normales Leben ermöglichen.
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    «Trumps Republikaner sind eine sehr instabile Koalition»
    Für den Harvard-Politologen Ryan Enos ist die US-Demokratie in grosser Gefahr. Dennoch hat er Hoffnung, weil Donald Trump Teile seiner Wählerschaft vor den Kopf stösst und die Zivilgesellschaft sich zu wehren beginnt.

    Wir treffen uns in St.Gallen. Machen Sie sich Sorgen, ob man Sie wieder in die Vereinigten Staaten einreisen lässt?
    Ryan Enos:
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