Die Warnung des Anklägers am Internationalen Strafgerichtshof (ICC) war deutlich. Karim Khan sagte, als er vor wenigen Tagen einen Haftbefehl gegen israelische Politiker und Hamas-Führer ankündigte:
Zwar nannte er keine Namen, wer ihn da einschüchtern wolle. Doch eine Recherche des britischen «Guardian» und des israelischen Magazins «+972» gibt jetzt deutliche Hinweise darauf, dass die Aussage Richtung Israel ging.
Demnach habe Israel seit Jahren einen «geheimen Krieg» gegen den Gerichtshof geführt. Israelische Geheimdienste hätten den Strafgerichtshof in Den Haag nicht nur ausspioniert, sondern auch Druck ausgeübt und Mitarbeiter bedroht.
Der britische Chefankläger Karim Khan hatte vor wenigen Tagen internationale Haftbefehle gegen drei Hamas-Anführer, aber auch gegen den israelischen Premierminister Benjamin Netanjahu und seinen Verteidigungsminister Joaw Gallant beantragt – zum einen wegen des Hamas-Überfalls auf Israel, zum anderen wegen der israelischen Kriegsführung im Gazastreifen. Dafür gab es Kritik aus mehreren Ländern.
Dem Bericht nach seien Dokumente, E-Mails und Gespräche von Ankläger Karim Khan und seiner Vorgängerin Fatou Bensouda in die Hände Israels gelangt. Auch in den vergangenen Monaten hätten Israels Spione gelauscht und gelesen. Regierungschef Benjamin Netanjahu habe so schon frühzeitig erfahren, dass gegen ihn ermittelt werde und wie der Stand der Ermittlungen sei.
Den Quellen der Zeitung nach habe Netanjahu grosses Interesse an den Geheimdienstermittlungen gezeigt und sei geradezu besessen davon gewesen, Informationen zu bekommen. An der Überwachung des Gerichts sollen sowohl der israelische Inlandsgeheimdienst Shin Bet als auch der Militärgeheimdienst Aman beteiligt gewesen sein.
Bereits am Dienstag hatte der «Guardian» über eine Geheimoperation gegen Fatou Bensouda berichtet, in dessen Verlauf der ehemalige Mossad-Chef Yossi Cohen sie bedroht haben soll. Die Aktionen sollen vor 2021 stattgefunden haben, als Besouda begann, gegen Netanjahu zu ermitteln.
Auf Anfrage des «Guardian» erklärte ein Sprecher des Gerichtshofs, dass ihm «proaktive nachrichtendienstliche Aktivitäten einer Reihe von nationalen Behörden, die dem Gericht feindlich gegenüberstehen», bekannt seien.
Ein Sprecher des Büros des israelischen Ministerpräsidenten sagte der Zeitung, dass übermittelte Fragen zu dem Bericht «viele falsche und unbegründete Behauptungen» enthielten, die «dem Staat Israel schaden sollen.» Ein Militärsprecher fügte hinzu: «Die IDF [Israelische Verteidigungsstreitkräfte] führten und führen keine Überwachungs- oder andere Geheimdienstoperationen gegen den ICC durch.»