Israels Präsident Izchak Herzog hat vor einer entscheidenden Abstimmung im Parlament eindringlich die Wiederaufnahme von Verhandlungen über die umstrittene Justizreform gefordert. «Eine Einigung ist machbar. Und dennoch ist niemand bereit, sich hinzusetzen und zu reden - jetzt, ohne Vorbedingungen», sagte Herzog am Sonntag in Jerusalem und ergänzte: «Das ist ein Fehler von historischem Ausmass».
Der Gesetzentwurf sieht unter anderem vor, dass es dem Höchsten Gericht künftig nicht mehr möglich sein soll, eine Entscheidung der Regierung als «unangemessen» zu bewerten. Kritiker befürchten, dass dies Korruption und damit auch die willkürliche Besetzung hochrangiger Posten begünstigen könnte.
Herzog erklärte: «Ich frage unsere Vertreter in der Knesset: Ist es das wert? Ist es das wirklich wert? Die Zahlen, die Daten, die Umfragen und die Debatten spiegeln ein echtes und bedeutendes Bedürfnis der Öffentlichkeit nach Dialog und Konsens wider.» Eine Einigung, auch im Streit über die sogenannte Angemessenheitsklausel, sei seiner Ansicht nach machbar. «Lassen Sie Ihre Egos beiseite. Kommt und redet.»
Herzog hatte Ende März Gespräche zwischen Regierung und Opposition vermittelt. Diese brachten jedoch auch nach monatelangem Ringen keine Einigung. Vor rund drei Wochen setzte Regierungschef Benjamin Netanjahu das umstrittene Vorhaben dann in abgespeckter Form wieder auf die Agenda. Am Montag soll nun ein Teil zur ersten von drei Lesungen dem Parlament (Knesset) vorgelegt werden.
Die Regierung wirft den Richtern vor, sich zu sehr in politische Entscheidungen einzumischen. Seit mehr als einem halben Jahr spaltet das umfassende Vorhaben der Regierung grosse Teil der israelischen Gesellschaft. (sda/dpa)