Geht es nach einer Gruppe republikanischer Senatoren aus dem US-Bundesstaat Minnesota, soll das sogenannte «Trump-Derangement-Syndrom» (TDS) als psychische Krankheit eingestuft werden.
Mit einem entsprechenden Gesetzesentwurf fordern die fünf beteiligten Senatoren Eric Lucero, Steve Drazkowski, Nathan Wesenberg, Justin Eichorn und Glenn Gruenhagen die Aufnahme des Syndroms in die Liste der psychischen Krankheiten der staatlichen Gesundheitsversorgung in Minnesota, wie unter anderem CBS News berichtet.
Das Trump-Derangement-Syndrom, oder eben abgekürzt TDS, bezeichnet nach Auslegung der Gruppe das Verhalten von gewöhnlichen Leuten, die bei der blossen Erwähnung Donald Trumps getriggert werden, einen emotionalen Ausbruch haben und alles, was mit Trump nur im Entferntesten zu tun hat, kategorisch ablehnen.
Sie behaupten weiter, dass dieses Verhalten bei den Betroffenen «zu einer Unfähigkeit, zwischen legitimen politischen Meinungsverschiedenheiten und Anzeichen psychologischer Pathologie im Verhalten von Donald Trump zu unterscheiden» führt. Also vereinfacht gesagt, sie können Trumps Aussagen nicht mehr rational beurteilen, weil sie solch grosse Ablehnung und Emotionalität spüren, sobald der US-Präsident bei einem Thema involviert ist.
Die Wortwahl im Entwurf der Gruppe klingt auf den ersten Blick sogar einigermassen wissenschaftlich. Doch es gibt überhaupt keine Anhaltspunkte aus medizinisch-psychologischer Sicht dafür, dass an dem Phänomen etwas krankhaft ist – und schon gar nicht dafür, dass irrationale menschliche Reaktionen speziell nur beim Thema Donald Trump vorkommen würden.
Die Legitimierung für den Gesetzesentwurf gründet laut den Verfassern denn auch auf Aussagen von Elon Musk. Dieser habe in einem Podcast kürzlich erklärt, dass das TDS «eine reale Sache» sei. Dass Musk es mit der Wahrheit gelegentlich nicht allzu genau nimmt und laufend Darstellungen verbreitet, die dem Trump-Narrativ nützlich sind, ist mittlerweile wohlbekannt.
In Minnesota, das auf Bundesebene seit fast 50 Jahren demokratisch wählt, jedoch auch republikanische Hochburgen auf dem Staatsgebiet hat, sorgt das Vorhaben für Empörung und Ablehnung. Die Mehrheitsführerin im Senat, Erin Murphy, nannte die Vorlage «verschwenderisch, leichtfertig und beschämend». Und:
Sie führt aus:
Die Autoren sollten sich schämen und viele Bürger seien wegen der Idee zu Recht empört, so Murphy weiter. Die Befürchtung der Demokraten ist, dass bei einer Annahme eines solchen Gesetzes der staatlichen Willkür Tür und Tor geöffnet würde und damit Kritiker von Donald Trump und seiner Politik diskreditiert und mundtot gemacht werden könnten.
Am Montag nahm der republikanische Minderheitsführer Mark Johnson Stellung zum umstrittenen Gesetzesentwurf. Er erklärte, dass dieser «ein wenig ironisch gemeint» sei. Allerdings sei es Fakt, dass die Demokraten mehr über Trump sprechen würden, als dass sie sich um die Probleme im Staat Minnesota kümmern würden. Er beklagte eine Verrohung der Debattenkultur im Parlament:
Schlecht. Der Gesetzesentwurf müsste in beiden Kammern des Parlaments von Minnesota angenommen werden. Im Senat, wo er eingebracht wurde, wird er gar nicht verhandelt – weil die Demokraten dort ohnehin die Mehrheit haben. Im Repräsentantenhaus könnte er verhandelt werden, dort herrscht Stimmengleichheit. Allerdings haben die Parteien vereinbart, dass kein Gesetzesentwurf zur Abstimmung gelangt, wenn es zuvor nicht überparteiliche Unterstützung für ein Vorhaben gibt.
Der Begriff des «Derangement-Syndroms» tauchte erstmals 2003 auf, als der konservative Kolumnist und Psychiater Charles Krauthammer vom «Bush-Derangement-Syndrom» schrieb. Er beschrieb damit «das Verhalten von ansonsten normalen Menschen, die bei der Erwähnung oder durch die blosse Existenz des US-Präsidenten George W. Bush paranoid» würden. Bush war in jener Zeit US-Präsident und unpopulär, weil er den völkerrechtlich umstrittenen Krieg im Irak begann.
Im Zuge der Kandidatur von Donald Trump für die Wahl 2016 wurde der Begriff von Kommentatoren wieder aufgegriffen und auf Trump adaptiert. Das Trump-Lager griff die Bezeichnung dankend auf und stilisierte sie hoch, um Kritik an ihrem Kandidaten zu diskreditieren. Auch heute nutzen MAGA-Vertreter wie die Sprecherin des Weissen Hauses, Karoline Leavitt, den Ausdruck, um Kritik an Trump als ungerechtfertigt und persönlich motiviert darzustellen.