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Italien streicht Hunderttausenden Bürgern Sozialhilfe

epa10769267 Italian Prime Minister Giorgia Meloni reacts prior to a meeting with President of Vietnam, Vo Van Thuong (not pictured) at Chigi Palace in Rome, Italy, 26 July 2023. EPA/FABIO FRUSTACI
Die italienische Regierung von Ministerpräsidentin Giorgia Meloni beschloss strengere Voraussetzungen für den Bezug des sogenannten Bürgergelds.Bild: keystone

Italien streicht Hunderttausenden Bürgern Sozialhilfe

01.08.2023, 10:2701.08.2023, 14:32
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Hunderttausenden Italienern wird ab Dienstag die Sozialhilfe gestrichen.

Die italienische Regierung von Ministerpräsidentin Giorgia Meloni beschloss strengere Voraussetzungen für den Bezug des sogenannten Bürgergelds, die ab dem 1. August greifen. Medienberichten zufolge sind rund 169'000 Haushalte von der drastischen Kürzung der Sozialhilfe betroffen. Per SMS wurden die Bezüger am vergangenen Freitag darüber informiert.

Das Bürgergeld erhalten von nun an nur noch Haushalte, in denen Minderjährige, Menschen mit Behinderung oder Senioren älter als 65 Jahre leben. Beobachtern zufolge könnte das Bürgergeld im Spätsommer für weitere 80'000 Haushalte ausgesetzt werden. Insbesondere der Süden des Landes ist von den neuen Massnahmen betroffen. Neapel ist etwa die Stadt mit den meisten Bezügern des Bürgergelds.

Gewerkschaften und Aktivistengruppen riefen zu Protesten gegen die Kürzung auf. In einigen Städten im Süden protestierten Menschen vor den Stellen der Sozialbehörde INPS. Am Montag stürmte auf Sizilien ein arbeitsloser Mann laut Medienberichten in der Gemeinde Terrasini in das Büro des Bürgermeisters, vergoss Benzin und drohte, alles in Brand zu setzen. Er konnte gestoppt werden.

Oppositionspolitiker kritisierten den Schritt der Regierung scharf. Ex-Regierungschef Giuseppe Conte, der das Bürgergeld 2019 einführte, bezeichnete den Schritt als «ideologischen Krieg», der auf dem Rücken der Schwächsten ausgetragen werde. Kritiker befürchten eine «soziale Katastrophe». Für Empörung sorgte, dass die Kürzung per Textnachricht mitgeteilt wurde.

Melonis Rechtsregierung war das Bürgergeld ein Dorn im Auge. Sie will die Zahl der Leistungsempfänger und die Ausgaben für die Unterstützung massiv reduzieren. Die rechten Parteien behaupteten immer wieder, dass das Bürgergeld denjenigen, die arbeiten könnten, keinen Anreiz geboten habe, tatsächlich zu arbeiten.

(yam/sda/dpa)

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89 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Madison Pierce
01.08.2023 11:20registriert September 2015
Die Ankündigung ist zu kurzfristig und per SMS stillos. Aber die Sozialhilfe wird nicht komplett gestrichen. Arbeitsfähige Leute bekommen sie nur noch, wenn sie an einem Arbeitsintegrationsprogramm teilnehmen. Also so, wie es bei uns bei Arbeitslosigkeit ist. Da muss man auch an Kursen teilnehmen und Bewerbungen schreiben.

Besonders im Süden ist es üblich, das Bürgergeld als Grundeinkommen zu beziehen und es durch Schwarzarbeit aufzubessern. Man hält in Sizilien nicht viel von Rom, aber das Geld nimmt man gerne.
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nine
01.08.2023 11:12registriert Januar 2014
Da werden sich wohl nun einige an den Kopf fassen, welche die Neofaschistin erst gewählt haben und nun darunter leiden müssen. In der Schweiz leider nicht anders. Es gibt viele Sozialschwache, welche munter Mitte, FDP und SVP wählen, sich aber dann aufregen, wenn es weniger Unterstützung durch den Staat gibt. Classic.
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cereza
01.08.2023 11:24registriert Februar 2023
So sind sie halt die (Neo)faschisten: vor den Wahlen Ausländer und Minoritäten für die Armut verantwortlich machen, den Armen grosse Versprechungen machen, nach den Wahlen bei den Armen sparen.

Bitte mehr Berichte über die Aktivitäten solcher Regierungen - insbesondere allfälliger Demokratieabbau durch Gesetzesänderungen sollte im Fokus stehen - statt all die seichten Berichte über Politik (Ferienfotos, uneheliche Enkelkinder usw.).
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