International
Klima

Friedensforscher warnen vor neuem Risiko-Zeitalter – das sind die Gründe

Friedensforscher warnen vor neuem Risiko-Zeitalter – das sind die Gründe

23.05.2022, 03:1423.05.2022, 13:58
Mehr «International»

Eine gefährliche Mischung aus Umwelt- und Sicherheitskrisen birgt dem Forschungsinstitut Sipri zufolge komplexe Risiken für den Frieden auf der Welt. Auf dieses «neue Zeitalter der Risiken» seien Entscheidungsträger bislang nicht vorbereitet, warnen die Friedensforscher aus Stockholm in einem am Montag veröffentlichten Bericht.

Darin wird ein düsteres Bild von der künftigen weltweiten Sicherheitslage gezeichnet – Schwedens frühere Aussenministerin und EU-Umweltkommissarin Margot Wallström schreibt im Vorwort: «Die Mischung ist giftig, tiefgreifend und schädlich. Und Institutionen mit der Macht, Lösungen zu finden, wachen viel zu langsam auf.» Dabei machen vor allem diese Punkte Sorgen.

Klimawandel sorgt für Not

Als grosses Problem sieht Sipri den Klimawandel und dessen Folgen – vor allem in ärmeren Ländern. In Somalia zum Beispiel hätten anhaltende Dürre und andere Folgen des Klimawandels, kombiniert mit Armut und einer schwachen Regierung, die Menschen in die Arme der islamistischen Terrormiliz Al-Shabaab getrieben, heisst es. In Mittelamerika erhöhten die Auswirkungen des Klimawandels auf die Getreideernte in Kombination mit Gewalt und Korruption die Migration in Richtung der USA.

epa09939639 Security officials at the scene of a suicide bomb blast at a security checkpoint leading to Aden Adde International Airport in Mogadishu, Somalia, 11 May 2022. The Islamist militant group, ...
In Somalia sorgt die Armut für schwierige Umstände.Bild: keystone

«Viele Experten argumentieren, dass wir an einem entscheidenden Punkt stehen: Wir können die Umweltkrise ihren Lauf nehmen lassen oder das Problem jetzt erkennen und etwas dagegen tun», sagte Sipri-Direktor Dan Smith der Deutschen Presse-Agentur. «Die schlechte Nachricht ist, dass dieser extrem wichtige Moment in eine Zeit fällt, in der die internationale Politik in einem furchtbaren Zustand ist.» Die Beziehungen zwischen den grossen Mächten seien «giftig und gefährlich» Populismus und Nationalismus auf dem Vormarsch.

Immer mehr bewaffnete Konflikte

Dem Bericht zufolge verdoppelten sich in den 2010er-Jahren sowohl die Anzahl der bewaffneten Konflikte, an denen mindestens ein Staat beteiligt sei, als auch die der Todesopfer in Konflikten – ebenso wie die Zahl der Flüchtlinge und Vertriebenen weltweit. Nach jahrelangem Rückgang sei die Zahl der einsatzbereiten Atomsprengköpfe 2020 wieder gestiegen. Im vergangenen Jahr hätten die weltweiten Militärausgaben einen Höchststand von mehr als zwei Billionen US-Dollar erreicht.

Artensterben wird immer konkreter

Zugleich beschreibt der Bericht alarmierende Entwicklungen der Umwelt. Etwa ein Viertel aller Arten sei vom Aussterben bedroht. Die Zahl bestäubender Insekten gehe dramatisch zurück. «Der Klimawandel sorgt dafür, dass extreme Wetterereignisse wie Stürme und Hitzewellen häufiger und intensiver auftreten und so den Ertrag wichtiger Nahrungsmittel-Pflanzen verringern und das Risiko grossflächiger Ernteausfälle erhöhen.» Die Politik müsse Risiken besser abschätzen und den Kampf gegen Umweltkrisen entschieden angehen.

A bee feeds on honey from a honeycomb at a beekeeper's farm in Colina, on the outskirts of Santiago, Chile, Monday, Jan. 17, 2021. A drought has gripped Chile for 13 years and the flowers that fe ...
Der Klimawandel macht auch der Tierwelt zu schaffen.Bild: keystone

Die Sipri-Forscher forderten einen schnellen Übergang zu einer «Grünen Ökonomie», der aber auch gerecht und friedlich erfolgen müsse. «Bei einer so grossen wirtschaftlichen Veränderung gibt es immer sowohl Gewinner als auch Verlierer», sagte Smith. «Die Interessen der Menschen, die dieser Übergang am meisten betrifft, müssen berücksichtigt werden. Sonst entstehen neue Risiken für Konflikte.»

Corona und Ukraine-Krieg als weitere Faktoren

Auch im Angesicht akuter Krisen wie Corona-Pandemie und Krieg in der Ukraine dürfen man dieses Ziel nicht aus den Augen verlieren, mahnte Smith. «Es scheint, als könnten die meisten Regierungen nur eine Krise gleichzeitig bewältigen. Das ist ein enormer Komplikationsfaktor.» Die Pandemie habe aber auch gezeigt, was mit Entschlossenheit und internationaler Zusammenarbeit alles möglich sei – etwa bei der Entwicklung von Impfstoffen.

Die Forscher wollen deshalb auch Hoffnung machen. «Die Menschheit hat das Wissen und die Fähigkeiten, aus den Schwierigkeiten zu entkommen, in denen wir uns befinden», sagte Smith. Dazu müsse aber jetzt gehandelt werden. «Mit jedem Tag, den wir ihn aufschieben, wird der Job schwieriger.» (sda/dpa)

DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
So leidet die russische Bevölkerung unter dem Ukraine-Krieg
1 / 13
So leidet die russische Bevölkerung unter dem Ukraine-Krieg
1. Rationierte Nahrungsmittel
Viele Russen decken sich aufgrund der unsicheren Lage mit größeren Mengen an Lebensmitteln ein. Zudem erklärt der Kreml, hätten einzelne Personen tonnenweise Nahrungsmittel erstanden ...
quelle: keystone / anatoly maltsev
Auf Facebook teilenAuf X teilen
George Bush verwechselt Putins Invasion der Ukraine mit seiner Invasion des Irak
Video: watson
Das könnte dich auch noch interessieren:
Hast du technische Probleme?
Wir sind nur eine E-Mail entfernt. Schreib uns dein Problem einfach auf support@watson.ch und wir melden uns schnellstmöglich bei dir.
16 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
16
Nato-Generalsekretär: «Wir sind nicht bereit für das, was auf uns zukommt»

Nato-Generalsekretär Mark Rutte warnt eindringlich vor künftigen Bedrohungen durch Russland und China und sieht nur deutlich höhere Verteidigungsausgaben als Lösung. «Wir sind nicht bereit für das, was in vier bis fünf Jahren auf uns zukommt», sagte der frühere niederländische Regierungschef in Brüssel.

Zur Story