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Indische Expertin sieht «Zeitalter extremer Klimamüdigkeit»

Der dringliche Kampf vieler Engagierter, die menschengemachte Erderhitzung zu begrenzen, habe bei vielen aufgrund zu geringer Fortschritte zu Ernüchterung und Frustration geführt.
Der dringliche Kampf vieler Engagierter, die menschengemachte Erderhitzung zu begrenzen, habe bei vielen aufgrund zu geringer Fortschritte zu Ernüchterung und Frustration geführt.Bild: Shutterstock

Indische Expertin sieht «Zeitalter extremer Klimamüdigkeit»

12.11.2022, 08:4912.11.2022, 13:32
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Die indische Klima-Expertin und studierte Umweltbiologin Bahar Dutt sieht die Welt in einem «Zeitalter extremer Klimamüdigkeit». Der dringliche Kampf vieler Engagierter, die menschengemachte Erderhitzung zu begrenzen, habe bei vielen aufgrund zu geringer Fortschritte zu Ernüchterung und Frustration geführt. Im APA-Interview erklärte Dutt, warum dies aber nicht notwendigerweise schlecht sei: «Mehr als Hoffnung ist Verzweiflung wichtig, weil sie uns zum Handeln antreibt.»

Die Erwartungen vieler Experten und Wissenschafter rund um die Weltklimakonferenz COP27 im ägyptischen Badeort Sharm el-Sheikh sind in diesem Jahr sehr niedrig. «Die Welt hat sich an viele Krisen gewöhnt: Pandemie, Wirtschaftskrise, Krieg in der Ukraine. Jetzt kommt das riesige Problem des Klimawandels auch noch dazu. Die Menschen werden zynisch und fragen sich, warum haben wir nicht besser und schneller gehandelt?», so Dutt.

Die Inderin strich aber den wichtigen Wert demokratischer Prozesse auf der Klimakonferenz hervor. Das Engagement einer gemeinsamen Vision der Staatengemeinschaft, um die Welt vor den katastrophalen Auswirkungen der Erderhitzung zu schützen, sei unerlässlich. Zudem sei in der Vergangenheit der Globale Norden eindeutig dominant gewesen, doch die Staaten des von der Klimakrise deutlich stärker betroffenen Globalen Südens würden immer gewichtigere Akteure auf der Weltbühne sein.

Viel Hoffnung und grosse Ernüchterung

Allein, dass der sogenannte Schadenersatz für von Wetterextremen besonders betroffene Länder – im Uno-Jargon «Loss and Damage» genannt (Verluste und Schäden) – zu Beginn der Konferenz auf die Tagesordnung gehoben wurde, sei ein Durchbruch gewesen. «Es steht jetzt im Verhandlungstext, es bleibt aber natürlich abzuwarten, was dabei herauskommt. Es gibt viel Hoffnung, aber auch grosse Ernüchterung zu dem Thema», so die Expertin.

Sehr kritisch sieht Dutt, dass Coca-Cola offizieller Sponsor der diesjährigen Weltklimakonferenz ist. Das Unternehmen gilt weltweit als einer der grössten Verursacher von Plastikmüll. Laut Greenpeace Österreich produziert Coca-Cola 120 Milliarden Wegwerf-Plastikflaschen pro Jahr. 99 Prozent der Kunststoffe werden aus Öl und Gas hergestellt. «Die Frage ist, ob hier nur Geld gegeben oder auch versucht wird, den Gesprächsprozess zu beeinflussen», so Dutt. Die Optik sei jedenfalls nicht gut, wenn die ägyptische COP-Präsidentschaft «Geld von Verschmutzern» nehme.

Verständnis für Proteste

Für die immer häufigeren aufsehenerregenden Protestaktionen von Klima-Aktivisten und -Aktivistinnen, primär in Museen, hat Dutt deshalb durchaus Verständnis. «Viele Leute sagen, das sei Vandalismus. Aber ich sehe, wie verzweifelte diese Menschen sind. Sollten wir ihnen nicht einfach einmal zuhören?», fragte Dutt. Medien sollten deutlicher darüber zu berichten, dass etwa Gemälde bei den Protestaktionen gegen Kunstwerke in den Museen nicht zu Schaden gekommen seien, weil diese mit Glasplatten geschützt würden.

Dutt ist eine der bekanntesten Klimajournalistinnen Indiens, sie arbeitete viele Jahre als Klimareporterin für den grössten indischen Nachrichtensender CNN-News18 und gewann 14 nationale und internationale Preise für ihre Reportagen. Dutt ist Autorin der Bücher «Green Wars» und «Rewilding India» und unterrichtet heute an der Shiv Nadar University in New Delhi zum Thema Journalismus und die Klimakrise.

Medienerzählung oft einseitig

Und so nimmt sie die Medien in der Klimakrise ebenfalls in die Pflicht. «Medien schützen auch ihr Publikum und die Art und Weise, wie Geschichten erzählt werden, sind oft einseitig», so Dutt. So sei die Ankündigung Indiens, sich der Klimaneutralität zu verschreiben, im Westen oft zynisch eingeordnet worden.

«Die grossen Medien im Westen liessen es so klingen, als ob Indien zu spät zur Party käme», so Dutt. Es gehe zum einen aber auch um historische Verantwortung, andererseits würde in diesem Zusammenhang viel zu selten erwähnt, dass die USA fast doppelt so viel Kohlendioxid ausstosse. In absoluten Zahlen gilt China als grösster Klima-Verschmutzer der Welt.

Bis 2070 will das bevölkerungsreiche Indien, das immer noch stark auf Kohle setzt, nur noch so viel klimaschädliche Emissionen ausstossen, wie etwa in Senken wie Ozeanen und Wäldern aufgenommen werden können. Das ist das obere Limit, das der Weltklimarat (IPCC) für weltweite Klimaneutralität angegeben hat, damit das Leben auf dem Planeten Erde noch lebenswert bleibt. (sda/apa)

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50 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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dmark
12.11.2022 11:56registriert Juli 2016
"...produziert Coca Cola 120 Milliarden Wegwerf-Plastikflaschen pro Jahr..."

Nun, da haben wir doch genau eines der Probleme erkannt, welches eben genau unsere Probleme mit verursacht.
Diese Firmen, mit ihren unsäglich riesigen Mengen an Output von (eigentlich unnötigen) Produkten, "vermüllen" den Planeten.
Zumal, um bei diesem Beispiel Cola zu bleiben, diese Zuckerplörre auch noch viele andere Probleme, bzgl. Krankheiten durch deren Konsum in die Welt hinein bringt.
Solche Konzerne beanspruchen sehr viele Ressourcen und verursachen auch sehr viel "Dreck".
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Firefly
12.11.2022 10:38registriert April 2016
Nun, die Expertise haben wir, die Experten müssen nichts mehr liefern und sie können das Problem nicht lösen. Das einzige was sie tun konnten haben sie getan, die Welt darüber zu informieren, was geschieht.

Das Klimaproblem ist nun ein politisches und organisatorisches. Und nein, der Markt wird es nicht lösen.
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caro90
12.11.2022 14:26registriert November 2015
Danke für den Artikel. Auch wenn sie nicht gerne gelesen werden, ist es doch wichtig, dass die Leser immer wieder damit konfrontiert werden. Die Medien müssen noch viel mehr bieten an Infos und realistischer, faktenbasierter Einordnung zu diesem prioritären Thema.
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