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Friedrich Merz spricht von Problemen im Stadtbild

Germany's Chancellor Friedrich Merz speaks with the media as he arrives for an EU Summit at the European Council building in Brussels, Thursday, Oct. 23, 2025. (AP Photo/Francois Walschaerts)
Bel ...
Der deutsche Bundeskanzler Friedrich Merz.Bild: keystone
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Ist Friedrich Merz ein Rassist? Deutschland verliert sich in absurden Debatten

Eine Äusserung des Kanzlers zur Migrationspolitik löst einen Sturm der Entrüstung aus. Merz’ Kritikern möchte man raten, im Zweifelsfall die besseren Absichten zu unterstellen.
25.10.2025, 20:5726.10.2025, 02:25
Hansjörg Friedrich Müller, Berlin / ch media

Als Exegese bezeichnet man die Auslegung eines Textes, meist eines solchen der Bibel. Nicht das Wort Gottes, sondern jenes ihres Kanzlers versuchten deutsche Kommentatoren dieser Tage zu interpretieren. Friedrich Merz hatte von «Problemen im Stadtbild» gesprochen, die in Deutschland bestünden, um auf Nachfrage zu erklären, wer nicht verstehe, was er gemeint habe, solle seine Töchter fragen.

Schliesslich, nach Tagen medial bewirtschafteter Erregung, «präzisierte» der Kanzler seine Aussage: Deutschland brauche Einwanderer, doch gebe es Probleme mit Personen, die keine Aufenthaltserlaubnis hätten, nicht arbeiteten und sich nicht an Regeln hielten, sodass viele Menschen Angst hätten, «sich im öffentlichen Raum zu bewegen».

Die «Vieldeutigkeitsphase» («FAZ»), die Merz zwischen seiner ursprünglichen Aussage und seiner Selbst-Exegese entstehen liess, gab Anlass zu Interpretationen: Während die einen dem Kanzler vorwarfen, er wolle ein «weisses Deutschland», erklärten andere, Merz habe ein reales Problem angesprochen und werde absichtlich missverstanden.

So nahm die Debatte von Anfang an absurde Züge an: Dass der Kanzler ein Rassist ist, kann keiner, der ihn über längere Zeit beobachtet hat, ernsthaft behaupten. Die Frage wiederum, ob Merz gelegentlich schneller redet, als er denkt oder ob er bewusst mehrdeutig formuliert, um Ressentiments zu bedienen, könnte nur er selbst beantworten. 63 Prozent der Deutschen, so liess das ZDF ermitteln, stimmten Merz zu.

Eines muss man ihm zugutehalten: Seine bildhafte Sprache wirkt in der Technokraten-Welt des Berliner Politikbetriebs ab und an erfrischend. Wie der Bibel-Übersetzer Martin Luther scheint Merz dem Volk aufs Maul zu schauen. So prägt er Formulierungen, die im Gedächtnis bleiben: Vor Jahren nannte er männliche, muslimische Jugendliche «kleine Paschas».

Solche Verallgemeinerungen sind oft ungerecht und nie ganz richtig, oft aber auch nicht völlig falsch. Ein Politiker, der derartige rhetorische Stilmittel noch nie angewandt hat, dürfte kaum zu finden sein. Merz’ Kritikern möchte man raten, im Zweifelsfall die besseren Absichten zu unterstellen. Das gilt auch und gerade im Umgang mit politischen Gegnern. (aargauerzeitung.ch)

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265 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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watsoninan
25.10.2025 21:28registriert November 2019
Da spricht ein deutscher Politiker den Elefanten im Raum an und das ist dann die allgemeine Reaktion.

Klar... Statt vage Aussagen zu tätigen und sich tagelang nicht zu erklären, hätte er auch direkt deutlich ein Statement abgeben können - aber wie sich zeigt, wollen viele (Politiker) nicht wahrhaben, was in Deutschland für die Bevölkerung eine grosse Sorge ist.
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Enemy№1
25.10.2025 21:10registriert April 2016
Wie ich sagte:
Die CDU ist Schachmatt gesetzt. Die Koalitionspartner, die keine sind, kämpfen aktiv gegen sie. Und für ihre "Gegner" sind sie die leuchteste Beute die es aktuell gibt 🤷

Deutschland verliert sich in Grabenkämpfen von Politikern die nichts, aber auch gar nichts auf die Reihe bekommen.
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001284.570128c4@apple
25.10.2025 23:47registriert März 2024
Statistiken sind nicht rassistisch, mittlerweile haben wir 10-20 Jahre an Daten und es ist klar. Ihr macht all den Populisten ein riesen Gefallen in dem ihr einfach drauf besteht, dass es nicht so ist. Kann ja in Zukunft hoffentlich anders sein aber zur Zeit ist es so.
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