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«Spielball der Mächte: Weshalb der Syrienkonflikt ein Stellvertreterkrieg geworden ist», unter diesem Titel hat watson einen Artikel des Journalisten Helmut Scheben aufgeschaltet. Und warum auch nicht? Scheben hat lange bei der «Tagesschau» gewirkt und gilt als versierter Kriegsreporter mit «WoZ»-Vergangenheit. Der Artikel ist zuerst auf Infosperber erschienen, einem Online-Portal, das vom erfahrenen Journalisten Urs P. Gasche geleitet wird und mit dem watson eine Partnerschaft unterhält. Auch die Artikel meiner Wenigkeit erscheinen regelmässig auf «Infosperber».
Zum Inhalt: Schebens Artikel fängt harmlos und stockseriös an. «Foreign Affairs» wird zitiert, das wohl renommierteste geopolitische Magazin der Gegenwart, und auch «The Guardian», die angesehene linksliberale Zeitung des Vereinigten Königreichs. Später werden «Le Monde» folgen und auch die «Zeit» darf nicht fehlen. Wirklich alles vom feinsten.
Auch die These scheint einleuchtend. Im Syrienkonflikt geht es nicht nur um Religion und Stammeskämpfe, sondern auch um Gas und Öl. Scheben stützt sich dabei auf einen Artikel von Mitchell Orenstein, der im Oktober auf «Foreign Affairs» erschienen ist, allerdings nur online. Darin wird die These vertreten, dass Russland versucht, eine Pipeline durch Syrien zu verhindern, in der Gas aus Katar nach Europa transportiert werden soll.
Für Orenstein ist dieses Ansinnen eine direkte Bedrohung für Putin, denn er könnte dabei Marktanteile im europäischen Gasgeschäft verlieren. «Es ist vernünftig zu erwarten, das Russland alles unternehmen wird, um eine katarische Pipeline durch Syrien zu verhindern und dafür zu sorgen, dass der Iran seine Exporte nur mit russischer Unterstützung durchführen kann», stellt Orenstein klar.
Doch dieser Aspekt tritt bei Scheben sogleich in den Hintergrund. Er war nur so etwas wie eine Ouvertüre, um den harmlosen Titel zu rechtfertigen. Stattdessen werden nun Saudi-Arabien und Katar als Drahtzieher des Aufstands in Syrien ins Feld geführt. Die Interessen der Türkei werden erwähnt und die verhängnisvollen Folgen des arabischen Frühlings. Dazu kommen noch Stammeskämpfe und alter Hass ethnisch-religiöser Gruppen.
Kurz: Das wurde alles zu viel für den armen Assad und «seine Regierung in Damaskus sah keinen anderen Weg mehr, als den Terrorgruppen mit massiven militärischen Schlägen zu begegnen», so Scheben. Das alles war wohlgemerkt nicht eine brutale Unterdrückung des Volkes durch einen Diktator, sondern ein teuflischer Plan der Opposition, die damit der «Weltöffentlichkeit ein Regime vorführen (konnte), welches mit Artillerie und Luftwaffe ganze Stadtviertel unter Feuer nahm».
Das alles wollte der gute Assad offenbar gar nicht, und die Sache mit den Giftgasangriffen sei ohnehin erstunken und erlogen, eine Propagandalüge. Die Tatsache, dass Amnesty International forderte, dass syrische Regime müsse vor den Internationalen Gerichtshof in Den Haag gestellt werden, weil es «friedliche Proteste durch den Einsatz von Panzern und scharfer Munition zu ersticken» suchte, wird zu einem Medien-Taifun degradiert, sprich: zum Sturm im Wasserglas.
Im Westen würden, so Scheben, die Assad-freundlichen Stimmen konsequent totgeschwiegen. Bei ihm darf Assad endlich zu Wort kommen. Erstaunlicherweise ist er sich keiner Schuld bewusst: «Obama hat nichts zu bieten als Lügen. Wir haben keine Chemiewaffen eingesetzt. Und das Bild, das sie von mir zeichnen als einem, der sein Volk umbringt, ist genauso falsch.»
Nachdem das geklärt und Assad reingewaschen ist, kommt Scheben zu seiner zentralen Botschaft: Der Westen muss zusammen mit Putin Assad stützen. Als Zeuge wird dabei der ehemalige «Zeit»-Journalist Michael Lüders ins Feld geführt mit dem Zitat: «Es war ein grosser Fehler, Assad um jeden Preis stürzen zu wollen. (...) Nüchtern besehen kam der syrische Aufstand mindestens zehn Jahre zu früh. Die Bedingungen für einen Machtwechsel waren nicht gegeben.»
Schebens Machwerk ist kein einmaliger Ausrutscher. So hat er beispielsweise in der «Neuen Rheinischen Zeitung» unter der Schlagzeile «PR-Aufträge für Hass und Tod» einen Artikel verfasst, in dem er den bosnischen Kriegsverbrecher Radovan Karadzic wie Assad reinwäscht. Dieser steht wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit, Kriegsverbrechen und Völkermord vor den Schranken des Internationalen Strafgerichtshofs in Den Haag.
Alles halb so schlimm, findet Scheben. Das meiste davon seien PR-Lügen von hoch bezahlten amerikanischen Spin-Doktoren. «Zahlreiche wissenschaftliche Studien haben bewiesen, dass es falsch ist, dass die Zusammenhänge weitaus komplizierter waren. Auf Seiten der bosnischen Moslems kämpften teilweise internationale Einheiten fanatisierter Islamisten, die den heutigen Kopfabschneidern des Islamischen Staates an Brutalität nicht nachstanden.»
So richtig in Fahrt kommt Scheben, wenn es gilt, Putin und die russischen Interessen zu verteidigen. Der Abschuss des malaysischen Passagierjets MH-17 über der Ostukraine ist «bis heute völlig ungeklärt» und Putin werde fälschlicherweise als Verantwortlicher hingestellt, schrieb er im Online-Portal Journal 21.
Wie Assad handle auch Putin in Notwehr. Er würde von der Nato eingekesselt, deshalb konnte er nicht anders, als die Krim zu besetzen. Im Widerspruch zu sämtlichen völkerrechtlichen Spezialisten auf diesem Globus behauptet Scheben dreist: «Unter völkerrechtlichen Aspekten ist es daher fraglich, ob von einer rechtswidrigen Annexion die Rede sein kann.»
Begleitet werden Schebens Artikel jeweils von einem Chor von Putin-Trolls. Das tönt dann etwa so: «Danke, liebes watson-Team. Das ist Aufklärung vom feinsten.» Oder: «Vielen Dank für diesen ausserordentlich guten Artikel. Endlich schreibt ein Newsportal mehr als nur Schlagzeilen und gefährliches Halbwissen. Der Artikel besticht mit differenzierten Fakten und Hintergrundinformationen, welche meiner Ansicht nach zwingend benötigt werden, um sich eine eigene Meinung im Syrienkonflikt bilden zu können.»
Nicht nur watson wird so mit Lob der Putin-Trolls überschüttet. «Danke, Herr Scheben! Alles oder fast alles gesagt, was es zu sagen gibt», heisst es auf «Infosperber». Auf «Journal 21» wiederum fragt ein Leser besorgt: «Dürfen Putin, sein Land und seine Menschen nicht in Ruhe und Sicherheit leben?»
Der Verdacht liegt nahe, dass Scheben Teil der russischen Propaganda-Maschinerie ist.
Anmerkung der watson-Redaktion
Die Meinung von Helmut Scheben zum Syrienkonflikt entspricht in keiner Weise der Haltung der watson-Redaktion. Wir würden den Artikel in dieser Form inzwischen auch nicht mehr publizieren. In Zukunft werden wir unsere Kontrollen bei Fremdartikeln noch verstärken.
Bin jetzt auch verwirrt, der gestrige Artikel war meiner Ansicht nach sehr "erfrischend anders" und bot eine weitere Sichtweise auf diesen unsäglichen Krieg.
Bin ich jetzt ein Putin-Troll Opfer? Und wer sagt mir, dass sich hier nicht auch Ami-/Westen Trolls heruntreiben? Gibt es irgendwo einen Troll-Filter?
...Ich kümmere mich wohl wieder um die wichtigeren Fragen. Wie z.b: Was es heute zum Nachtessen gibt..
1. Nur weil jemand pro-Putin Argumente vertritt, ist es noch lange kein Putin Troll.
2. Scheben hat schlüssigere Argumente als andere Berichterstatter, inkl. Herr Löpfe.
3. Wenn Watson Scheben als Putin Troll bezeichnet, erwarte ich von Watson dazu Belege, z.B. Hinweise, dass Scheben von Russland irgendwelche Vorteile erhält. Das wäre extrem spannend.
Die Aussagen Schebens überzeugen mehr...