Kunst oder Pornografie, um diese Frage dreht sich aktuell eine Debatte in den USA. Im Zentrum steht die weltberühmte David-Statue von Michelangelo. Denn eine Lehrerin in Florida hat ihren Job verloren, nachdem sie ihrer Klasse ein Bild der Statue gezeigt hatte.
So hatten sich Eltern beim Schulvorstand beschwert, weil man sie nicht im Voraus informiert hätte, dass eine nackte Person im Unterricht gezeigt würde. Ein Elternpaar bezeichnete die Statue gar als «pornografisch».
Die Schule, an der sich der Vorfall ereignet hat, ist eine «classical school», also eine Privatschule, die sich an christlich-konservative Eltern richtet. Sie ist zwar von Steuergeldern finanziert, fährt aber inhaltlich auf einer vom staatlichen Programm abgesonderten Schiene. Der Vorstandsvorsitzende Barney Bishop, der die Kündigung ausgesprochen hatte, sagte dem «Slate Magazine» in einem Interview:
Die Rechte der Eltern seien unantastbar, so Bishop. Und dann sei es egal, ob sich bloss jemand oder 100 Leute am Unterricht der Kinder störe. Diese Einstellung ist der neuen Bildungsreform von Gouverneur und Trump-Rivale Ron DeSantis konform, die die Rechte der Eltern in Florida ausbauen und gewisse Themen an Schulen (wie sexuelle Aufklärung und Geschlechts-Identität) verbieten will.
Die Berichte haben nun auch in Florenz, wo die monumentale Statue aus der Zeit der Renaissance in der Galleria dell'Accademia steht, für Aufsehen gesorgt. Sogar der Bürgermeister der mittelitalienischen Stadt meldete sich via Twitter zu Wort. «Kunst mit Pornografie zu verwechseln ist einfach lächerlich», twitterte Dario Nardella. Er werde die Lehrerin nach Florenz einladen, «um ihr im Namen der Stadt ihre Anerkennung auszusprechen. Kunst ist Zivilisation, und wer sie lehrt, verdient Respekt.»
Un’insegnante della Florida è stata costretta a licenziarsi per aver mostrato agli studenti le foto del David di Michelangelo. Scambiare l’arte per pornografia è semplicemente ridicolo. pic.twitter.com/Gn8UM3HUqe
— Dario Nardella (@DarioNardella) March 25, 2023
Die Direktorin der Galleria dell'Accademia, die Deutsche Cecilie Hollberg, zeigte sich indes empört und erstaunt über die mutmassliche Entlassung der Lehrerin. «Das ist absurd. Nacktheit ist nicht dasselbe wie Pornografie», zitiert sie die italienische Tageszeitung «La Repubblica». Die David-Statue sei das Symbol der Renaissance, das den Menschen in all seiner Makellosigkeit, wie er von Gott erschaffen wurde, in den Mittelpunkt stellt. Der David sei zudem eine religiöse Figur.
Das Museum in Florenz gehört – vorwiegend wegen der bekannten David-Skulptur – zu den meistbesuchten Museen in Italien. Die Marmorstatue entstand zwischen 1501 und 1504. Im 16. Jahrhundert schmückte sie zunächst den Eingang des florentinischen Palazzo Vecchio – seit 1873 steht sie in dem Museum. Michelangelos Skulptur zeigt den biblischen David in dem Moment, in dem er mit der Steinschleuder den Kampf gegen den Riesen Goliath aufnehmen will.
(yam/cpf/sda/dpa)
Florida gleicht sich Afghanistan an