Die bolivianische Staatsanwaltschaft hat gegen die frühere Interimspräsidentin Jeanine Áñez Anklage wegen Völkermordes, Körperverletzung mit Todesfolge und schwerer Körperverletzung erhoben. Die inhaftierte Rechtspolitikerin soll für 20 Tote bei Krawallen in den Ortschaften Sacaba und Senkata im November 2019 verantwortlich sein, wie die Staatsanwaltschaft am Freitag mitteilte. Das bolivianische Parlament muss das Strafverfahren gegen Áñez noch genehmigen.
Zuletzt hatte eine Expertengruppe in einem Bericht von schweren Menschenrechtsverletzungen während der Wirren nach dem Rücktritt des früheren bolivianischen Präsidenten Evo Morales und der Machtübernahme der konservativen Übergangsregierung von Áñez berichtet. Die Polizei und die Streitkräfte hätten unverhältnismässige Gewalt angewendet, hiess in dem in dieser Woche veröffentlichten Report.
Nach Manipulationsvorwürfen war der damalige Staatschef Morales nach der Präsidentenwahl im Oktober 2019 auf Druck des Militärs zurückgetreten. Morales' Anhänger und Verbündete in der Region sprachen von einem Putsch. Wochenlang kam es zu gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen seinen Anhängern und Gegnern. Morales setzte sich zunächst ins Ausland ab, konnte nach dem Sieg seiner linken MAS-Partei bei der Präsidentenwahl im Oktober 2020 aber wieder zurückkehren. (sda/dpa)