Katrin Jakobsdottir hat eine Vision. Die Premierministerin von Island möchte, dass sich das Wachstum eines Landes nicht mehr ausschliesslich auf die Wirtschaft konzentriert, sondern auch soziale und ökologische Indikatoren, oder einfach gesagt, das Wohlergehen der Bevölkerung, berücksichtigt.
Wie Jakobsdottir an einer Rede in der Londoner Denkfabrik «Chatham House» sagte, orientiert sich die Haushaltsplanung Islands neu an diesen erweiterten Faktoren. Das Bruttoinlandsprodukt wird also zu einer Grösse unter vielen degradiert.
Die Premierministerin forderte «eine alternative Zukunft auf der Grundlage von Wohlstand und integrativem Wachstum». Ein Hauptgrund, den sie zu dieser Entscheidung veranlasste, war die Umweltzerstörung.
Letztes Jahr wanderte sie zusammen mit Wissenschaftlern, Künstlern, Aktivisten und Politiker-Kollegen auf den isländischen Okjokull-Gletscher. Oder zumindest auf das Geröll, das darunter lag. Denn an diesem Tag wurde der Gletscher offiziell beerdigt. Er ist weggeschmolzen, ein erstes Opfer und Vorbote für das, was uns aufgrund des Klimawandels noch droht.
Jakobsdottir hat sich deswegen auch mit der schottischen Ministerpräsidentin Nicola Sturgeon und der neuseeländischen Premierministerin Jacinda Ardern zusammengetan, um die «Wohlfahrtsagenda» zu fördern.
Die Idee ist nicht neu. Das Ganze nennt sich «Wellbeing Economy», zu Deutsch: Wohlfühl-Wirtschaft. Ein gegensätzliches Wort, kaum einer würde die beiden Ausdrücke miteinander verbinden. Doch die Idee hinter der Wohlfühl-Wirtschaft macht durchaus Sinn.
Doch wo liegt überhaupt das Problem bei der altbewährten, BIP-fokussierten Wirtschaft? Um das zu verdeutlichen, zitierte Jakobsdottir einen isländischen Poeten, der das Problem ziemlich gut in einem Satz zusammenfasste:
Die Fokussierung des BIP auf die Wirtschaftsleistung führt dazu, dass die Lebensqualität und die durch Ungleichheit verursachten sozialen Schäden tendenziell unterbewertet werden. Denn das BIP, ob als ganzes oder pro Kopf, geht stets von Durchschnittswerten aus. Es sagt nichts über die Situation Einzelner aus.
Doch nicht nur das, auch die Auswirkungen des Klimawandels oder der digitalen Dienstleistungen, die oftmals auf Freiwilligenarbeit basiert, werden nicht berücksichtigt. Und vielleicht am Wichtigsten: Das BIP misst nur, was einen Preis hat und irgendwo offiziell gehandelt wird. Alles, was privat erstellt und geleistet wird, wie zum Beispiel Haus- und Erziehungsarbeit, bleibt unberücksichtigt.
Die Schweiz ist ein gutes Beispiel für die Mängel des BIP. Gemäss der 2018 von der Credit Suisse veröffentlichten Studie «Die Zukunft des BIP» verzeichnete die Schweiz nämlich in den letzten 50 Jahren das geringste BIP-Wachstum aller Industrienationen. Trotzdem pflegen wir hier einen der höchsten Lebensstandards weltweit.
Die Wellbeing Economy soll diese Mängel in den Rechnungen ausgleichen. Mehr noch: Sie soll den absoluten Fokus von handelbaren Gütern nehmen und das Scheinwerferlicht auf alle Aspekte der Wohlfahrt und Lebensqualität lenken.
Erste, hochentwickelte Länder wie Island beginnen nun mit der Wohlfühl-Wirtschaft. Ob sich die traditionell sehr wirtschaftsverbundene Schweiz eines Tages auch dazu durchringen kann, wird sich zeigen. Die Studie der Credit Suisse war ein erster Schritt dazu, denn auch sie forderte ein Umdenken. Zwar nicht ganz so sozial, wie Island das vorhat, aber immerhin.
Auf die Frage hin, ob ein «Wohlfahrtsbudget» für Industrie- und Entwicklungsländer gleichermassen geeignet sei, antwortete Jakobsdottir übrigens:
Die Entwicklungsländer müssten «einen Sprung machen», um erneuerbare Energien zu nutzen, anstatt die kohlenstoffbasierte Industrialisierung der entwickelten Welt zu wiederholen.
Doch wer hat's eigentlich erfunden? Nein, es war für einmal nicht die Schweiz und auch nicht Island, sondern... Bhutan. Im kleinen südasiatischen Königreich weiss man bereits seit Jahrhunderten um die Bedeutsamkeit des Volks-Glücks.
1979 konkretisierte sich das ein erstes Mal. Jigme Singye Wangchuck, der vierte König von Bhutan, sagte in einem Interview auf die Frage hin, wie hoch das BIP des Landes sei, dass das Bruttonationalglück wichtiger sei als das Bruttoinlandsprodukt.
Seit Ende der 90er-Jahre ist es der offizielle Erfolgsindikator für das buddhistische Land.
Gelingt es den nordischen Ländern, die Wohlfühl-Wirtschaft ähnlich erfolgreich wie Bhutan einzuführen, dürfte das Modell auch bei uns bald Schule machen.
Da fällt der Mond hier eher vom Himmel runter.
Mit so einer Wohlfühl Wirtschaft können in der CH ein paar Milliardäre viel zuwenig Geld scheffeln. Die Pharma hätte massiv Probleme, Versicherungen auch, Altersheime voller glücklicher Bewohner, ein Graus wenn man bedenkt wieviel Geld da flöten ginge, usw.
Ein Land wir Island, das ihre Banker vor die Türe gesetzt hat ist bezüglich sol her Ideen, etwas weiter entwickelt als unser and.