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«The Loudest Voice»: Russell Crowe spielt Fox-News-Gründer Roger Ailes

Russell Crowe as Roger Ailes in THE LOUDEST VOICE, Ò2016Ó. Photo Credit: JoJo Whilden/SHOWTIME.
Roger Ailes (Russell Crowe) hatte wesentlichen Anteil am Erfolg von Donald Trump.Bild: JoJo Whilden/Showtime
Review

«The Loudest Voice»: Wie die US-Republikaner zur Grüsel-Partei wurden

Roger Ailes war ein Rassist. Er missbrauchte Frauen und wurde als Gründer von Fox News zum wichtigsten Meinungsmacher der USA. Eine Fernsehserie zeigt, wie er die Republikaner geprägt hat.
08.10.2019, 09:2608.10.2019, 22:48
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Am Ende ist Roger Ailes gleichzeitig ganz oben und ganz unten. Die letzte Einstellung von «The Loudest Voice» zeigt ihn vor dem Fernseher in seiner Protzvilla, wie er Donald Trumps Rede als Präsidentschaftskandidat der Republikaner im Juli 2016 verfolgt. Die Saat, die er mit der Gründung von Fox News 20 Jahre zuvor gepflanzt hatte, ist aufgegangen.

Persönlich aber befindet sich Roger Ailes auf dem Tiefpunkt seiner Karriere. Zahlreiche Frauen haben ihn des sexuellen Missbrauchs beschuldigt, allen voran Fox-Moderatorin Gretchen Carlson. Fox-Besitzer Rupert Murdoch hat ihn gefeuert, mit einer saftigen Abfindung von 40 Millionen Dollar.

Wenige Monate später stirbt Roger Ailes – ein Bluter – mit 77 Jahren nach einem Sturz in seinem Badezimmer. Nun zeigt die von Showtime produzierte siebenteilige Miniserie «The Loudest Voice», die in der Schweiz auf Sky Show zu sehen ist, wie Ailes mit Fox News die Entwicklung der Republikaner zu einer weissen, rassistischen und sexistischen Partei massgeblich geprägt hat.

Mit Fatsuit und Make-up

In der Hauptrolle zieht Oscar-Preisträger Russell Crowe alle Register. Der Australier ist der zweite Edelmime innerhalb kurzer Zeit, der sich mit Fatsuit und Make-up fast bis zur Unkenntlichkeit in einen dicken republikanischen Widerling verwandelt hat. Anfang Jahr sorgte Christian Bale als Ex-Vizepräsident Dick Cheney in der Kinosatire «Vice» für Furore.

«The Loudest Voice» beginnt mit Roger Ailes' Abgang beim Wirtschaftssender CNBC, worauf er von Rupert Murdoch angeheuert wird, um Fox News zu gründen. Weggelassen wird die Vorgeschichte. Ailes' Aufstieg begann 1968, als er im Wahlkampfteam von Richard Nixon für die Fernsehwerbung zuständig war und ihm damit zum Sieg bei der Präsidentschaftswahl verhalf.

Die Kampagne basierte nicht zuletzt auf der «Southern Strategy», mit der die Republikaner sich die Stimmen von traditionell demokratisch wählenden weissen Südstaatlern sicherten. 20 Jahre später leistete Ailes mit einer ebenfalls rassistisch aufgeladenen TV-Kampagne seinen Beitrag zum Wahlsieg von George Bush senior gegen den Demokraten Michael Dukakis.

FILE - In this Aug. 17, 1988 file photo, Vice President George H.W. Bush, left, gets some advice from his media advisor, Roger Ailes, right, as they stand behind the podium at the Superdome in New Orl ...
Roger Ailes (r.) verhalf George Bush senior 1988 zum Wahlsieg.Bild: AP/AP

Mit Fox News gründete der Sohn eines Industriearbeiters aus Ohio 1996 den zum ideologischen Rechtsrutsch der Partei passenden Fernsehsender. «Die Leute wollen nicht informiert sein, sie wollen sich informiert fühlen», gibt Ailes alias Crowe in der Serie die Richtung vor. Fox News sieht sich nicht als «neutraler» Nachrichtensender, sondern als Wohlfühlmedium für das konservative Amerika.

Durchbruch mit 9/11

«Wir berichten nicht über News, wir machen sie», lautet ein weiteres Ailes-Bonmot. Nach dem Terror vom 11. September 2001 tritt diese Maxime deutlich hervor. Fox News wird zum Lautsprecher des Rachefeldzugs gegen Al Kaida und des desaströsen Irak-Kriegs. Geschadet hat dies dem Sender nicht, im Gegenteil. Fox überholt CNN bei den Einschaltquoten und erzielt satte Profite.

Als Barack Obama 2008 für die Präsidentschaft kandidiert, kommt der Rassismus von Roger Ailes ungebremst zum Vorschein. Er verabscheut den «Kenianer» und «Muslim» und lässt ihn konsequent als Barack Hussein Obama bezeichnen. Bis Rupert Murdoch ihm dies nach einer Intervention des demokratischen Kandidaten verbietet («Schluss mit dem Hussein-Kram»).

Erstklassiges Ensemble

Der von Simon McBurney gespielte Medienmogul empfindet ab und zu Skrupel über Ailes' ungehemmten Rechtspopulismus. Letztlich interessieren ihn aber nur die Gewinne. Ailes' «Dank» besteht darin, dass er alle Versuche Murdochs und seiner Söhne hintertreibt, seine Macht zu beschränken. Er lässt sogar Belastungsmaterial gegen Murdochs Frau Wendy Deng sammeln.

Actress Naomi Watts, left, and television journalist Gretchen Carlson pose together at the premiere of the ShowTime limited series "The Loudest Voice," at the Paris Theatre, Monday, June 24, ...
Gretchen Carlson (r.) und Darstellerin Naomi Watts bei der Premiere von «The Loudest Voice».Bild: AP

Russell Crowe verkörpert den Drecksack grandios, doch auch das übrige Ensemble ist erstklassig. Sienna Miller spielt die devote Ehefrau, Blödelkomiker Seth MacFarlane Ailes' «Mann fürs Grobe» und Annabelle Wallis das bevorzugte Objekt seiner sexuellen Begierden. Stark ist auch Naomi Watts als Gretchen Carlson, die den mächtigen Medienmann schliesslich zu Fall bringt.

Brutstätte des Sexismus

Roger Ailes will sich die ehemalige Miss America gefügig machen. Als Carlson sich weigert, wird sie aus der Morgenshow «Fox and Friends» ins ungeliebte Nachmittagsprogramm verbannt und schliesslich gefeuert. Doch die Moderatorin hat die sexuelle Belästigung durch ihren Boss heimlich mit dem iPhone aufgezeichnet und Beweismaterial gegen ihn in der Hand.

Damit bricht der Damm: Weitere Frauen berichten, wie Roger Ailes sie sexuell missbraucht hat («Es war, als ob man seinen Grossvater küsst. Einfach eklig.»). Sie entlarven den vermeintlich konservativen Familienwerten verpflichteten Sender als Brutstätte des Sexismus. Dazu gehörte die Auflage, dass Frauen auf Sendung keine Hosenanzüge tragen durften, damit man ihre Beine sehen konnte.

FILE - In this Sept. 29, 2006 file photo, Fox News CEO Roger Ailes poses at Fox News in New York. Fox News said on Thursday, May 18, 2017, that Ailes has died. He was 77. (AP Photo/Jim Cooper, file)
Roger Ailes 2006 auf dem Höhepunkt seiner Macht.Bild: AP/ap

«The Loudest Voice» basiert auf der gleichnamigen Ailes-Biografie des Autors Gabriel Sherman. Nicht alles in der Serie ist gelungen. Manche Dinge werden nur oberflächlich erwähnt, und einzelne Szenen bewegen sich an der Grenze zur Karikatur. Und doch ist sie zu empfehlen. Denn sie zeigt einen wesentlichen Grund, warum die Republikaner zur Grüsel-Partei wurden, die sie heute sind.

Nach Barack Obamas Wahlsieg 2008 besucht Roger Ailes erstmals seit vielen Jahren wieder seinen Geburtsort Warren im Bundesstaat Ohio, eine heruntergekommene Industriestadt im Rust Belt. Seine Rede an der jährlichen Feier für die Kriegsveteranen beendet der berühmte Sohn der Stadt mit einem programmatischen Satz: «We will make America great again.»

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20 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Kiro Striked
08.10.2019 09:42registriert August 2019
Keine Ahnung... der Typ, so wie auch Trump sieht schon aus wie ein Sexueller Straftäter...

Darf man das überhaupt sagen? Aber immer dieses süffisante dreckige Lächeln... man weiss schon aus 1000 Meter Entfernung "der will mich nur verarschen".

Kommt mir vor wie diese "Verkäufer" Typen immer mit Breitem Grinsen, überfreundlich, und immer wie ne Falsche Schlange das Messer versteckt. Man ist solange Interessant wie man Profit bringt.

Manipulativ ohne ende... kein Funken Ehrlichkeit, oder Menschlichkeit in sich. Wie kann überhaupt jemand auf solche Typen Reinfallen?
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Zum Kommentar
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actualscientist
08.10.2019 10:11registriert Januar 2019
Ich kann auch den Film Vice sehr empfehlen!
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