Israels Teilnahme 2026 spaltet die ESC-Welt – das Wichtigste in 7 Punkten
Was wurde entschieden?
Israel kann 2026 am Eurovision Song Contest in Österreich teilnehmen. Darauf haben sich die Mitglieder der Europäischen Rundfunkunion (EBU) am Donnerstag in Genf geeinigt.
In einer geheimen Abstimmung haben die öffentlich-rechtlichen Sender mit einer Zweidrittelmehrheit die neuen Regeln angenommen, die die EBU vor zwei Wochen vorgestellt hatte. Eine separate Abstimmung über Israel wäre nur dann nötig geworden, wenn dieser Antrag abgelehnt worden wäre.
Wird der Wettbewerb nun boykottiert?
Ja – die Sender einiger Länder wollen sich nun aus dem ESC zurückziehen. Schon nach dem diesjährigen Wettbewerb in Basel hatten mehrere Länder einen Boykott angekündigt, sollte Israel weiterhin teilnehmen. Sender aus Spanien, Irland, Slowenien und den Niederlanden bestätigten am Donnerstagabend ihren Rückzug. Spanien gehört wie Deutschland, Grossbritannien, Italien und Frankreich zu den fünf wichtigsten Geldgebern der Veranstaltung.
Ob die Boykott-Welle damit endet, bleibt offen. Auch Belgien, Island, Schweden und Finnland sollen sich derzeit mit einem solchen Schritt beschäftigen.
Wie begründen diese Länder den Boykott?
Die Sender aus Spanien, Irland den Niederlanden und Slowenien üben massive Kritik am Entscheid. Der Präsident des spanischen Senders RTVE, José Pablo López, sagte, die Entscheidung zur Teilnahme Israels bestätige, dass es sich nicht um einen Musikwettbewerb handele, sondern um ein Festival, das von geopolitischen Interessen dominiert werde. Der niederländische Sender Avrotros teilte mit, dass «eine Teilnahme unter den gegenwärtigen Umständen mit den für uns wesentlichen öffentlichen Werten unvereinbar ist».
Der irische Sender RTÉ erklärte, eine Beteiligung Irlands am ESC sei «angesichts des entsetzlichen Verlusts von Menschenleben in Gaza und der humanitären Krise dort» unzumutbar. Der slowenische Sender RTV teilte mit, als öffentlich-rechtlicher Sender sei man der Einhaltung ethischer Grundsätze verpflichtet.
Was ist die Schweizer Position?
Die SRG wiederum bezog keine Position und plädierte für die politische Neutralität des Wettbewerbs. Sie glaube an die «friedensfördernde, verbindende und verständnisbildende Wirkung des ESC», teilte sie am Donnerstagabend mit.
Die SRG halte sich «an das demokratische Prinzip, dass Mehrheitsentscheide zu akzeptieren sind, weshalb sie den Entscheid der EBU-Generalversammlung in dieser Frage solidarisch mitträgt.»
Was sagt der Gastgeber zum Boykott?
Österreich freut sich als Gastgeber für den Eurovision Song Contest 2026 auf die Teilnahme Israels und zeigt wenig Verständnis für Boykott-Ankündigungen aus mehreren europäischen Ländern. Entscheidung der Rundfunkunion, Israel 2026 teilnehmen zu lassen, legt tiefe Risse innerhalb der ESC-Gemeinschaft offen.
Wiens Bürgermeister Michael Ludwig sagte, er sei generell «skeptisch, was den Boykott von Künstlerinnen und Künstlern angeht – insbesondere, wenn es ihre Herkunft betrifft.» Kritisch äusserte sich auch Österreichs öffentlich-rechtlicher Sender ORF, der den ESC am 16. Mai in Wien organisiert. Zugleich offenbart die Entscheidung für Israels Teilnahme eine tiefe Spaltung zwischen den Mitgliedssendern der Europäischen Rundfunkunion (EBU).
ORF-Intendant Roland Weissmann bedauerte den Boykott. «Ich sehe den Eurovision Song Contest in Wien als Chance, das Verbindende vor das Trennende zu stellen», sagte er und betonte, dass am ESC nicht Länder teilnähmen, sondern Künstler. Bürgermeister Ludwig teilte mit, er begrüsse die Entscheidung zu Israels Teilnahme ausdrücklich. «Israelische Künstler*innen sollen und werden bei uns immer ihre Darbietungen durchführen können.»
Positiv wertete auch Kulturstaatsminister Wolfram Weimer (parteilos) die Entscheidung der EBU: «Israel gehört zum ESC wie Deutschland zu Europa», sagte er der «Bild». Deshalb finde er es gut, dass Israel auch 2026 Teil des grössten Gesangswettbewerbs der Welt bleibe. «ESC ist ein Anlass, mit Freundinnen und Freunden einen tollen Abend zu verbringen und die Vielfalt der Musik zu feiern.»
Wie reagiert Israel?
In Israel begrüsste Staatspräsident Izchak Herzog die Entscheidung ausdrücklich. Der israelische Rundfunkveranstalter KAN teilte mit, der Versuch, den israelischen Beitrag auszuschliessen, könne «nur als kultureller Boykott verstanden werden. Ein Boykott mag heute beginnen – mit Israel –, aber niemand weiss, wo er enden wird und wem er noch schaden könnte».
Gibt es im nächsten Jahr weitere Veränderungen?
Ja. Laut der Rundfunkunion sollen durch die Änderung der Abstimmungs- und Werbe-Regeln für den Song Contest unter anderem regierungsnahe Werbekampagnen für ESC-Teilnehmer beschränkt werden. Dies war eine Reaktion auf das Ergebnis des ESC 2025 in Basel. Dort hatte die israelische Sängerin Yuval Raphael durch extrem viele Publikumsstimmen Platz zwei belegt. Kritiker behaupteten, die Publikumsstimmen seien manipuliert worden.
Die Änderungen sollen laut der EBU für «Vertrauen, Transparenz und Neutralität» beim ESC sorgen. Das Motto des 70. ESC-Finales lautet «United by Music» – vereint durch Musik.
(dab/sda/dpa)
