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Nahost-Ticker: Trump: Iran brachte kein Uran in Sicherheit

Palestinians sit next to the bodies of their relatives who were killed along with others in an Israeli strike that targeted a school in the northern Gaza Strip, at Shifa Hospital in Gaza City, Friday, ...
Palästinenser in Gaza-Stadt mit getöteten Angehörigen.Bild: keystone
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Trump: Iran brachte kein Uran in Sicherheit +++ Iran: 71 Tote in Ewin-Gefängnis

Die wichtigsten Ereignisse im Nahen Osten in der Übersicht, fortlaufend aktualisiert.
29.06.2025, 08:2729.06.2025, 17:53
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Das Wichtigste in Kürze

  • Anfang Juni hat Israel einen Grossangriff auf Ziele in Iran gestartet und vorwiegend militärische Infrastruktur und Personen ins Visier genommen. Viele hochrangige Mitglieder des Mullah-Regimes wurden getötet.
  • Iran reagierte mit massivem Raketenbeschuss Israels und griff auch mit Drohnen an. Auf beiden Seiten gibt es auch zivile Opfer.
  • In der Nacht auf Sonntag griffen die USA in den Krieg ein und attackierten drei iranische Atomanlagen. Der Angriff galt dem iranischen Atomprogramm, das dadurch einen deutlichen Rückschlag erlitt.
  • Der Iran reagierte mit einer symbolischen Vergeltungsaktion und schoss Raketen auf einen grossen US-Stützpunkt in Katar. Allerdings warnte das iranische Militär die USA vor, weshalb es zu keinen Todesopfern und nur geringen Schäden kam.
  • US-Präsident Trump dringt nun auf Frieden. Eine Waffenruhe zwischen Israel und Iran tritt in Kraft – am Dienstag wurde sie für kurze Zeit unterbrochen.
  • Die iranische Regierung erklärt am Dienstag, die Verhandlungen wiederaufnehmen zu wollen.

Die neusten Entwicklungen im Liveticker

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17:49
Trump: Iran brachte vor US-Angriffen kein Uran in Sicherheit
US-Präsident Donald Trump geht nach eigener Aussage nicht davon aus, dass der Iran vor den US-Angriffen auf seine Atomanlagen angereichertes Uran in Sicherheit gebracht hat. Medienberichte über möglicherweise verlagerte Uranmengen wies der Republikaner in einem Interview des Senders Fox News zurück. «Sie haben nichts weggebracht», sagte Trump.

Die USA hätten die Angriffe nicht angekündigt, daher habe es kaum Vorbereitungszeit gegeben. «Sie wussten nicht, dass wir kommen», sagte Trump. Es sei zudem äusserst schwierig, gefährlich und wegen des Gewichts auch logistisch aufwendig, angereichertes Uran zu verlagern.

Laut dem US-Präsidenten gab es Hinweise auf Aktivitäten an einer Anlage kurz vor dem Angriff – zwar nannte er den Standort Fordo nicht ausdrücklich, sprach aber von einer «sehr tief gelegenen» Einrichtung. Vor Ort seien Fahrzeuge und Bauarbeiter gesehen worden, die versucht hätten, Eingänge zu versiegeln. «Das waren Leute, die mit Beton gearbeitet haben. Sie wollten den Eingang abdichten, wo die Bombe wahrscheinlich einschlagen würde», sagte Trump. Es sei seiner Einschätzung nach jedoch kein Uran verlagert worden. Die US-Waffe habe die Versiegelung ausserdem «durchschlagen wie Butter».

Der Iran besitzt einem Bericht der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) zufolge unter anderem mehr als 400 Kilogramm Uran mit einem nahezu waffentauglichen Reinheitsgrad von 60 Prozent. Nach Angaben von Diplomaten könnten damit einige Atomwaffen hergestellt werden, sollte das Material auf 90 Prozent weiter angereichert werden. Die IAEA ist nach den Angriffen der USA und Israels im Iran daran interessiert, den Verbleib dieses Materials zu verifizieren. «Wir wissen nicht, wo sich dieses Material befinden könnte», sagte IAEA-Chef Rafael Grossi zuletzt dem Sender CBS News.

Die Führung in Teheran beharrt darauf, keine Atomwaffen bauen zu wollen, doch in vielen Ländern wuchs zuletzt die Sorge, dass sie immer näher an die Fähigkeit rückt, Kernwaffen herzustellen. (sda/dpa)
11:12
Iranische Zeitung fordert Todesstrafe gegen IAEA-Chef Grossi
Vor dem Hintergrund des Atomstreits hat eine iranische Zeitung die Todesstrafe für den Chef der Internationalen Atomenergiebehörde IAEA gefordert. Dazu schrieb US-Aussenminister Marco Rubio auf X, die Forderungen nach «Verhaftung und Hinrichtung» von Rafael Grossi seien «inakzeptabel und müssen verurteilt werden». Die Tageszeitung «Kayhan» begründete den unverhohlenen Gewaltaufruf mit der Behauptung, Grossi habe «für Israel spioniert». Die Zeitung wird im Land als staatliches Propagandablatt eingestuft. Ihr Herausgeber Hussein Schariatmadari gilt als radikaler Islamist.

Hintergrund der Anfeindungen ist die im Iran verbreitete Darstellung, dass der Bericht der IAEA Auslöser der israelischen Angriffe und den 12-tägigen Krieg waren. Das Lenkungsgremium der Internationalen Atomenergiebehörde in Wien hatte in einer Resolution formell festgestellt, dass Teheran gegen seine Verpflichtung verstossen habe, sein gesamtes Atomprogramm offenzulegen. Die IAEA-Resolution wurde verabschiedet, nachdem sich Teheran jahrelang geweigert hatte, geheime Atom-Aktivitäten in der Vergangenheit aufzuklären.

Der Iran besitzt der IAEA zufolge unter anderem mehr als 400 Kilogramm Uran mit einem beinahe waffentauglichen Reinheitsgrad von 60 Prozent. Nach Angaben von Diplomaten könnten damit einige Atomwaffen hergestellt werden, falls das Material noch weiter auf 90 Prozent angereichert würde. Die Führung in Teheran beharrt darauf, keine Atomwaffen bauen zu wollen. Israel und die USA hatten ihre jüngsten Angriffe unter anderem mit der Abwehr einer nuklearen Bedrohung durch den Iran begründet.

Als Reaktion auf die israelischen und US-amerikanischen Angriffe auf die Atomanlagen hatte Irans Parlament zuletzt für eine Aussetzung der Zusammenarbeit mit der IAEA gestimmt, bis die Organisation die Angriffe der USA und Israels auf die Nuklearanlagen verurteile und das iranische Atomprogramm anerkenne. (sda/dpa)

8:25
Iran: Israels Angriff auf Ewin-Gefängnis forderte 71 Tote
Bei Israels Angriff auf das berüchtigte Ewin-Gefängnis in Teheran Anfang der Woche sind iranischen Angaben zufolge mindestens 71 Menschen getötet worden. Das sagte Justizsprecher Asghar Dschahangir laut dem Justizportal Mizan. Unter den «Märtyrern» seien neben Gefängnispersonal auch Wehrpflichtige, Häftlinge und Familienangehörige von Häftlingen. Die Angaben lassen sich nicht unabhängig verifizieren.

Am Montag hatte die israelische Luftwaffe Teile der Haftanstalt Ewin bombardiert – laut israelischer Darstellung ein symbolischer Schlag gegen Irans Regierung. Iranische Aktivisten und ehemalige Insassen reagierten mit scharfer Kritik: Der Angriff gefährde das Leben politischer Gefangener und verhöhne deren Schicksal. In Ewin sind auch mehrere Europäer inhaftiert.

Das Gefängnis im Norden Teherans gilt landesweit als der Ort für Misshandlung und Folter, insbesondere von politischen Gefangenen. Auch Demonstranten wurden dort wegen ihrer Teilnahme an den systemkritischen Protesten inhaftiert.

Berichten zufolge wurden vor allem Gebäude im administrativen Teil des Baus zerstört. Insassen sollen nach dem Angriff in andere Haftanstalten verlegt worden sein. Nach Angaben von Menschenrechtsaktivisten sind die Zustände in den Anstalten schlimmer als im Ewin-Gefängnis.

Unter den Toten des israelischen Angriffs soll auch der Staatsanwalt Ali Ghanatkar sein. Er ist mitverantwortlich für die Verurteilung der Friedensnobelpreisträgerin Narges Mohammadi, die selbst im Ewin-Gefängnis sass. (sda/dpa)
8:15
Trump an Israels Justiz: Lasst Netanjahu gehen
US-Präsident Donald Trump wirft Israels Justiz öffentlich vor, mit dem Korruptionsverfahren gegen Ministerpräsident Benjamin Netanjahu die Bemühungen um ein Abkommen im Gaza-Krieg und mit dem Iran zu behindern. «Das ist eine POLITISCHE HEXENJAGD, ganz ähnlich wie die Hexenjagd, die ich erdulden musste», schrieb Trump auf seiner Plattform Truth Social. «Diese Farce der «Gerechtigkeit» wird sowohl die Verhandlungen mit dem Iran als auch mit der Hamas beeinträchtigen». Damit wettert Trump zum zweiten Mal innerhalb weniger Tage gegen Israels Justiz.

Gegen Netanjahu läuft seit fünf Jahren ein Korruptionsprozess. Er ist wegen Betrugs, Untreue und Bestechlichkeit angeklagt. Anfang des Monats sagte er erstmals im Kreuzverhör aus. Laut der «Times of Israel» wird erwartet, dass das Verhör bald fortgesetzt wird. «Es ist Wahnsinn, was die ausser Kontrolle geratenen Staatsanwälte Bibi Netanjahu antun», schrieb Trump, der selbst immer wieder Ärger mit der Justiz im eigenen Land hat. Netanjahus Spitzname Bibi ist eine Kurzform seines Vornamens.

«Er ist ein Kriegsheld und ein Ministerpräsident, der zusammen mit den Vereinigten Staaten grossartige Arbeit geleistet hat, um die gefährliche nukleare Bedrohung im Iran erfolgreich zu beseitigen. Wichtig ist, dass er gerade dabei ist, ein Abkommen mit der Hamas auszuhandeln, das auch die Rückführung der Geiseln beinhaltet», fügte der US-Präsident hinzu. «LASST BIBI GEHEN, ER HAT EINE GROSSE AUFGABE ZU ERFÜLLEN!». Erst vor wenigen Tagen hatte Trump auf seiner Plattform gewettert, er sei «schockiert», dass der Staat Israel «die lächerliche Hexenjagd gegen seinen Ministerpräsidenten fortsetzt». (sda/dpa)
8:08
Demonstranten in Israel fordern Ende des Gaza-Kriegs
In Israel haben Tausende Menschen für ein Ende des Krieges im Gazastreifen und die Freilassung der dort festgehaltenen Geiseln demonstriert. Auf einer Kundgebung in der Küstenmetropole Tel Aviv rief eine frühere Geisel laut Medienberichten die Regierung von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu sowie US-Präsident Donald Trump auf: «Sie haben eine mutige Entscheidung zum Iran getroffen. Treffen Sie nun eine mutige Entscheidung, die die Kämpfe in Gaza beendet und alle (Geiseln) zurückbringt». Die Demonstrantin bezog sich dabei auf die kürzlich erzielte Waffenruhe zwischen Israel und dem Iran.

Trump hatte am Freitag gesagt, er gehe davon aus, dass «innerhalb der nächsten Woche» eine Waffenruhe auch in Gaza erreicht werden könne. Israelische Beamte dämpften laut Medienberichten jedoch die Erwartungen. Demnach habe es bislang keine bedeutende Veränderung in den Positionen beider Seiten in den wichtigsten Streitpunkten gegeben, darunter die Forderung der Terrororganisation Hamas nach Garantien für ein Ende des Krieges in Gaza.

Das selbsterklärte Ziel der israelischen Regierung in dem seit mehr als 20 Monaten andauernden Krieg im Gazastreifen ist, die Hamas zu zerschlagen und die restlichen Geiseln freizubekommen. Nach offiziellen israelischen Angaben werden noch 22 lebende Entführte in Gaza festgehalten. Bei 28 weiteren geht es demnach nur noch um die Übergabe ihrer sterblichen Überreste.

Auslöser des Kriegs war der Überfall der Hamas und anderer islamistischer Terrororganisationen auf Israel am 7. Oktober 2023, bei dem rund 1200 Menschen getötet und mehr als 250 als Geiseln nach Gaza verschleppt wurden. (sda/dpa)
23:04
Israel greift Ziele im Libanon an
Die israelische Luftwaffe hat nach eigenen Angaben Ziele der Hisbollah im Libanon angegriffen. Bei einem Angriff in der Nähe von Kounin im Süden des Landes sei ein Terrorist der vom Iran unterstützten Miliz getötet worden, teilte das Militär mit. Der Mann sei für die Koordinierung der Panzerabwehrraketen der Hisbollah zuständig gewesen und habe während des Krieges Angriffe mit Panzerabwehrraketen auf israelisches Gebiet geleitet.

Das Gesundheitsministerium in Beirut bestätigte den Toten in Kounin und meldete ausserdem zwei Tote sowie Verletzte nach einem israelischen Drohnenangriff in der Gemeinde Mahrouna in der Nähe der Stadt Tyros im Süden des Landes. Von Israels Militär gab es dazu zunächst keine Angaben.

Israel und die Hisbollah hatten sich Ende November vergangenen Jahres nach mehr als einjährigem gegenseitigen Beschuss auf eine Waffenruhe geeinigt. Die Vereinbarung sieht unter anderem vor, dass sich die Hisbollah-Miliz hinter den Litani-Fluss etwa 30 Kilometer nördlich der israelisch-libanesischen Grenze zurückzieht. Das israelische Militär greift dennoch nahezu täglich in seinem Nachbarland an. Bei den Angriffen kommt es auch immer wieder zu Toten. (sda/dpa)
21:14
Israels Armee: Ranghoher Hamas-Kommandeur in Gaza getötet
Bei einem israelischen Angriff im Gazastreifen ist nach Angaben der Armee ein hochrangiger Kommandeur der islamistischen Hamas getötet worden. Wie das Militär weiter mitteilte, galt Hakem Al-Issa als einer der Gründer der Hamas. Er war demnach vor allem im militärischen Flügel der Terrororganisation tätig. Er soll zudem eine wichtige Rolle bei der Planung und Durchführung des Massakers in Israel am 7. Oktober 2023 gespielt haben.

Al-Issa war nach Armeeangaben einer der letzten hochrangigen Kommandeure der Hamas im Gazastreifen. Zuletzt fungierte er demnach als Chef einer wichtigen Einheit der Terrororganisation und arbeitete am strukturellen Wiederaufbau der Hamas nach rund anderthalb Jahren Gaza-Krieg. (sda/dpa)
15:08
Gesundheitsbehörde in Gaza: 81 Tote in 24 Stunden
Bei israelischen Angriffen im Gazastreifen sind palästinensischen Angaben zufolge in den letzten 24 Stunden mindestens 81 Menschen getötet worden. Weitere 422 Palästinenser erlitten Verletzungen, teilte das von der islamistischen Hamas kontrollierte Gesundheitsministerium mit. Die Zahl der Toten seit Kriegsbeginn sei damit auf 56.412 gestiegen.

Die Angaben machen keinen Unterschied zwischen Zivilisten und Kombattanten und lassen sich auch nicht unabhängig überprüfen. Sie beruhen auf der Erfassung der Toten, die ihre Angehörigen in die nur mehr noch unter Einschränkungen funktionierenden Krankenhäuser bringen.

Auslöser des Gaza-Kriegs war der Überfall der Hamas und anderer islamistischer Terrororganisationen auf Israel am 7. Oktober 2023. Dabei waren etwa 1.200 Menschen getötet und mehr als 250 als Geiseln in den Gazastreifen verschleppt worden. Seither bekämpft Israels Militär die Hamas – mit dem Ziel, die Organisation zu zerschlagen (sda/dpa)
8:36
Iran zeigt sich bereit für Atomgespräche mit USA
Der Iran signalisiert seine grundsätzliche Bereitschaft zu erneuten Atomverhandlungen mit den USA – fordert dafür aber von Präsident Donald Trump eine Mässigung im Tonfall. «Wenn Präsident Trump es mit seinem Wunsch nach einem Abkommen ernst meint, sollte er seinen respektlosen und inakzeptablen Ton gegenüber dem obersten Führer des Iran, Grossajatollah Ali Khamenei, ablegen und aufhören, seinen Millionen treuen Anhängern zu schaden», schrieb Aussenminister Abbas Araghtschi auf X. «Guter Wille erzeugt guten Willen, und Respekt erzeugt Respekt.»


Verhandlungsbereitschaft signalisierte auch der iranische UN-Botschafter Amir Saeid Iravani: Im Fall einer Einigung sei der Iran bereit, unter bestimmten Bedingungen seine Vorräte an 60- und 20-prozentig angereichertem Uran in ein anderes Land zu überstellen, zitierte ihn die Nachrichtenseite Al-Monitor am Donnerstag. Das stelle keine rote Linie dar. Alternativ könne das angereicherte Uran unter Aufsicht der Internationalen Atomenergiebehörde IAEA im Iran gelagert werden, sagte Iravani. Nicht aufgeben wolle man aber insbesondere das Recht auf inländische Produktion von Uran - etwas, was die USA strikt ablehnen.


Auch eine Beschränkung des iranischen ballistischen Raketenprogramms schloss Iravani aus. Die iranische Führung verknüpft die Aussicht auf ein neues Abkommen unter anderem mit der Aufhebung von Sanktionen.

Trump hatte beim NATO-Gipfel neue Gespräche mit dem Iran für die kommende Woche angekündigt, ohne jedoch Details zu nennen. Auf die Frage, ob er Irans Atomanlagen erneut bombardieren lassen würde, falls es wieder Sorgen über Teherans Urananreicherung gebe, sagte Trump am Freitag: «Sicher, ohne Frage, absolut.» Der Iran dürfe keine Atomwaffen haben. Die jüngsten Angriffe hätten das Atomprogramm um Jahre zurückgeworfen, bekräftigte er.

Nach den israelischen und amerikanischen Angriffen auf Irans Atomanlagen hat das iranische Parlament diese Woche ein Gesetz verabschiedet, das die Zusammenarbeit mit der Internationalen Atomenergieorganisation (IAEA) aussetzt. Ohne die technische Aufsicht der UN-Atombehörde wären laut Experten jedoch Atomverhandlungen nicht möglich. (sda/dpa)
7:43
Guterres: Zeit für sofortige Waffenruhe in Gaza
UN-Generalsekretär António Guterres mahnt angesichts der humanitären Notlage im Gazastreifen eine sofortige Waffenruhe zwischen Israel und der islamistischen Hamas an. Die vor wenigen Tagen erzielte Waffenruhe zwischen Israel und dem Iran gebe «Anlass zur Hoffnung», sagte Guterres. Nun sei es an der Zeit, den «politischen Mut» für eine Waffenruhe auch in Gaza aufzubringen.

«Menschen werden getötet, nur weil sie versuchen, sich und ihre Familien zu ernähren», beklagte der UN-Chef und bezog sich damit indirekt auf die von der umstrittenen Gaza Humanitarian Foundation (GHF) in Gaza betriebenen Verteilzentren für humanitäre Hilfe. Nach UN-Angaben sollen im Umfeld der Essensverteilung der GHF seit Ende Mai mindestens 410 Palästinenser getötet worden sein.

Es müsse einen uneingeschränkten, sicheren und dauerhaften Zugang für humanitäre Hilfe geben, sagte Guterres. «Es ist Zeit für eine sofortige Waffenruhe in Gaza».

(sda/dpa)
6:36
Bericht: Ermittlungen wegen Toten bei Gaza-Hilfezentren
Israels Militärstaatsanwaltschaft ermittelt einem Zeitungsbericht zufolge wegen möglicher Kriegsverbrechen in Zusammenhang mit Schüssen auf Palästinenser in der Nähe von Hilfszentren im Gazastreifen. Wie die israelische Tageszeitung «Haaretz» berichtete, soll die Untersuchungseinheit beim Generalstab der Streitkräfte prüfen, ob israelische Soldaten, die die Verteilzentren der umstrittenen Stiftung Gaza Humanitarian Foundation (GHF) sichern sollten, gegen das humanitäre Völkerrecht verstossen haben.

Nach UN-Angaben sollen im Umfeld der Essensverteilung der GHF seit Ende Mai mindestens 410 Palästinenser getötet worden sein. In fast allen Fällen sollen israelische Soldaten ohne Anlass auf unbewaffnete Menschenmengen geschossen haben, die sich vor der Öffnung der Zentren angestellt hatten. «Die Suche nach Nahrung darf niemals ein Todesurteil sein», sagte Guterres. Die Organisation Ärzte ohne Grenzen kritisierte auf X, das von Israel und den USA unterstützte GHF-Programm sei «eine Metzelei, die als humanitäre Hilfe getarnt ist».

«Böswillige Lüge»

«Haaretz» zufolge bestätigen beteiligte Soldaten und Offiziere die Tötung von Palästinensern nahe der Verteilzentren. Demnach würden die Soldaten auf die Menschen feuern, um sie von den Zentren fernzuhalten, bevor sie öffnen. «Es ist eine Todeszone», zitierte das Blatt einen Armeeangehörigen, der vor Ort war. Regierungschef Benjamin Netanjahu und Verteidigungsminister Israel Katz bezeichneten den Bericht in einer gemeinsamen Erklärung als «böswillige Lüge». Er diene nur dazu, «die moralischste Armee der Welt zu diffamieren».

Frühere Vorwürfe, das Militär schiesse willkürlich auf Palästinenser im Umfeld der GHF-Zentren, hatte die Armee mit dem Argument zurückgewiesen, dass in allen diesen Fällen für die betroffenen Soldaten eine Bedrohung geherrscht habe. Israel hatte die GHF-Stiftung nach einer wochenlangen Totalblockade des Gazastreifens ins Spiel gebracht, um die Verteilung von Hilfsgütern durch die UN und andere Organisationen zu umgehen. Nach israelischer Lesart wird der Grossteil der Hilfen, die durch diese Organisationen in den Gazastreifen kommen, von der Terrororganisation Hamas gestohlen. Beweise gibt es nicht.

Jede Operation, die «verzweifelte Zivilisten in militarisierte Zonen leitet», sei unsicher, kritisierte Guterres den GHF-Mechanismus. Israels Behörden müssten zu einem prinzipiellen humanitären System zurückkehren, das von den Vereinten Nationen koordiniert werde, verlangte Ärzte ohne Grenzen auf X. Unterdessen wurden einem palästinensischen Medienbericht zufolge mindestens elf weitere Zivilisten bei einem israelischen Luftangriff getötet.

Bericht über weitere Tote

Es sei eine Zeltstadt für Kriegsvertriebene im Zentrum der Stadt Gaza im Norden des Küstengebiets getroffen worden, berichtete die palästinensische Nachrichtenagentur Wafa unter Berufung auf eigene Korrespondenten in Gaza. Mehrere Menschen seien verletzt worden. Der Bericht liess sich zunächst nicht unabhängig überprüfen. Israels Militär äusserte sich zunächst nicht dazu.

Israels selbsterklärtes Ziel in dem Krieg ist es, die Hamas zu zerschlagen und die restlichen Geiseln freizubekommen. Nach offiziellen israelischen Angaben werden noch 22 lebende Geiseln in Gaza festgehalten. Bei 28 weiteren geht es demnach nur noch um die Übergabe ihrer sterblichen Überreste. «Es besteht die Möglichkeit, dass der Angriff auf den Iran unsere Ziele in Gaza voranbringen wird», sagte Israels Generalstabschef Ejal Zamir bei einem Truppenbesuch.


Gaza-Stadt am 27. Juni 2025

(sda/dpa)
5:30
Trump rechnet nächste Woche mit Waffenruhe in Gaza
Wenige Tage nach dem Inkrafttreten einer Waffenruhe zwischen Israel und dem Iran rechnet US-Präsident Donald Trump kommende Woche auch mit einer Feuerpause im Gaza-Krieg.

Man sei nahe dran, er habe erst kürzlich mit einigen Beteiligten gesprochen, sagte Trump im Weissen Haus – wohl mit Blick auf laufende Vermittlungsbemühungen. «Wir denken, dass wir innerhalb der nächsten Woche eine Waffenruhe bekommen.» UN-Generalsekretär António Guterres sagte, die Waffenruhe zwischen Israel und dem Iran gebe Anlass zur Hoffnung, dass es auch in Gaza dazu komme.

Es blieb zunächst unklar, worauf Trump seine optimistische Aussage stützte. Die zwischen Israel und der islamistischen Hamas ebenfalls vermittelnden Länder Katar und Ägypten bemühen sich seit langem um eine neue Waffenruhe in dem abgeriegelten Küstengebiet. Im Rahmen einer solchen Vereinbarung sollen auch die im Gazastreifen weiter von der Hamas und anderen islamistischen Terrorgruppen festgehaltenen Geiseln freikommen sowie viele palästinensische Häftlinge aus israelischen Gefängnissen entlassen werden.

(sda/dpa)
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