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Problem bei Boeing-Jets weitet sich nach Beinahe-Unglück aus

Problem bei Boeing-Jets weitet sich nach Beinahe-Unglück aus – Boeing-Chef räumt Fehler ein

10.01.2024, 03:59
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Nach dem Beinahe-Unglück einer Boeing 737-9 Max in den USA verdichten sich die Hinweise auf ein weiterreichendes Problem. Nachdem bei einem Jet von Alaska Airlines am Freitag mitten im Flug ein Rumpfteil herausgebrochen war, entdeckte die Fluggesellschaft ebenso wie die grössere United Airlines bei weiteren Maschinen lose Befestigungsteile an den fraglichen Stellen.

This photo released by the National Transportation Safety Board shows a gaping hole where the paneled-over door had been at the fuselage plug area of Alaska Airlines Flight 1282 on Sunday, Jan. 7, 202 ...
Das beschädigte Flugzeug der Alaska Airlines.Bild: keystone

Die amerikanische Unfalluntersuchungsbehörde NTSB schliesst nicht aus, dass sie die Überprüfungen auf weitere Varianten des Flugzeugs ausdehnt. Auch rund fünf Jahre nach den tödlichen Abstürzen zweier 737-Max-Jets kommt Boeing nicht aus der Krise.

«Wir müssen in erster Linie herausfinden, was mit diesem Flugzeug passiert ist», sagte die NTSB-Vorsitzende Jennifer Homendy am späten Montagabend in den USA. «Wenn wir ein grösseres systemweites oder flottenweites Problem haben, werden wir eine dringende Sicherheitsempfehlung aussprechen, um eine Veränderung zu erreichen.» Bisher hat die US-Luftfahrtbehörde FAA gut 170 Exemplare der 737-9 Max an den Boden beordert und Betreiber zu Inspektionen verpflichtet.

Passagiere mit dem Schrecken davongekommen

Das herausgebrochene Rumpfteil ersetzt bei den Maschinen eine nicht benötigte Flugzeugtür. Den Ermittlern zufolge bewegte sich dieser Einsatz in der Kabinenwand nach oben, bevor er sich mit einem lauten Knall löste. Das verlorene Rumpfteil wurde im Garten eines Lehrers in der Stadt Portland (Oregon) gefunden und soll nun untersucht werden.

Bei dem Zwischenfall am Freitag kamen die 177 Menschen an Bord des Boeing-Jets weitgehend mit dem Schrecken davon. Experten zufolge lag dies auch an glücklichen Umständen: Niemand sass direkt an dem herausgebrochenen Teil, alle Passagiere waren noch angeschnallt.

Die US-Fluggesellschaft United besitzt 79 Flugzeuge des betroffenen Typs, Alaska 65. Fluggesellschaften wie Iceland Air aus Island und Lion Air aus Indonesien haben zwar ebenfalls die 737-9 Max in ihren Flotten. Allerdings ist bei ihren Maschinen auf jeder Seite ein zusätzlicher Notausgang eingebaut. Dadurch dürfen die Jets mehr Passagiere befördern. Diese Variante ist von dem Startverbot und den Auflagen der FAA bisher nicht betroffen.

epa11006571 United Airlines Boeing 757-224 takes off from the Los Angeles International Airport, in Los Angeles, California, USA, 01 December 2023. The Transportation Security Administration reported  ...
Eine Boeing-Maschine der Fluggesellschaft United. Bild: keystone

Die EU-Luftfahrtaufsicht EASA hatte bereits erklärt, dass Airlines in den von ihr beaufsichtigten Staaten keine Maschinen in der fraglichen Ausführung besitzen. In Grossbritannien sind laut der dortigen Zivilluftfahrtbehörde überhaupt keine Boeing 737-9 Max registriert.

Boeing-Chef räumt «Fehler» ein

Inzwischen hat der Chef des US-Flugzeugbauers Versäumnisse eingeräumt. Es gehe zunächst darum, «unseren Fehler einzugestehen», sagte Boeing-Chef Dave Calhoun am Dienstag.

Er versprach eine «vollständige Transparenz» bei der Aufarbeitung des Vorfalls. Calhoun erklärte, Boeing werde dabei mit der US-Verkehrssicherheitsbehörde NTSB zusammenarbeiten: «Ich vertraue jedem Schritt, den sie unternehmen, und sie werden zu einem Ergebnis kommen.»

Kein Mangel an Aufträgen

Boeing machte wiederholt mit Produktionsmängeln Schlagzeilen. Trotz der Probleme lieferte Boeing 2023 zehn Prozent mehr Flugzeuge aus als 2022. Insgesamt fanden 528 Passagier- und Frachtjets den Weg zu ihren Käufern, wie der Konzern am Dienstag mitteilte.

Von der 737-Reihe – vor allem der Neuauflage Max – lieferte Boeing 396 Exemplare aus. An Aufträgen mangelt es dem Konzern nicht. 2023 holte er Bestellungen über 1456 Passagier- und Frachtjets herein. Nach Abzug von Stornierungen blieben Neuaufträge über 1314 Jets. (awp/sda/dpa)

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21 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Maurmer
09.01.2024 18:22registriert Juni 2021
Die Probleme bei Boeing sind grösstenteils hausgemacht. Da wurde dank Finanzdrucks aus einem Musterschüler für Sicherheit eine ganz üble Bude gemacht. Dem Management sei Dank.
Es gibt eine spannende Doku dazu in der ehemalige Mitarbeiter schwerste Vorwürfe erheben und schildern, wie die Sicherheitsstandards heruntergefahren wurden.

Aber auch die FAA kann sich nicht mehr wegducken, wenn in von ihr zugelassenen Flugzeugen dermassen viele Probleme bestehen.
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Beggride
09.01.2024 18:21registriert November 2015
Seit Jahren fühlen sich für mich Flüge in einer Airbus weit relaxter an als in einer Boeing. Jetzt habe ich noch mehr Grund für diese Grundhaltung...
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Steibocktschingg
09.01.2024 18:20registriert Januar 2018
Weiss ja nicht, aber das klingt nach einem systematischen Problem auf Seiten Boeings. Aber lassen wir die Experten doch mal ihre Arbeit erledigen, dann wissen wir mehr. Hoffentlich.
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